.
.

.

Unerlässliche Bestandteile (arkaan) eines Darlehens


Begriffsnotwendig für einen Darlehensvertrag sind folgende drei Bestandteile:

–    die Qard-Vertragsform,

–    die beiden Vertragsparteien, der Darlehensgeber und der Darlehensnehmer, und

–    das Darlehen bzw. die Leihgabe.

Die Qard-Vertragsform

Da Al-qard ein Vertrag ist, ist er nur zulässig, wenn beide Vertragsparteien ihre Willenserklärung dazu unmissverständlich bekunden.
Ihr gegenseitiges Einvernehmen ist unabdingbar. Deshalb müssen die entsprechenden Ausdrücke von beiden Kontrahenten sprachlich so ausformuliert werden, dass eine unmissverständliche Einverständniserklärung daraus hervorgeht.
Der Darlehensgeber muss ein Angebot (Iidschaab) machen und der Darlehensnehmer muss die Annahme dieses Angebots (Qabuul) bekunden. Es genügt nicht, dass sich beispielsweise der Darlehensgeber bereit erklärt, ein Darlehen zu gewähren und dieses auch einer Person überträgt, wenn diese Person das Darlehen zwar entgegennimmt, aber hierbei keine Willenserklärung dazu abgibt.

Die beiden Vertragsparteien

Sowohl der Darlehensgeber als auch der Darlehensnehmer müssen folgenden Voraussetzungen genügen:

– Beide Vertragsparteien müssen raaschid sein, d. h. mündig, geistig gesund und uneingeschränkt geschäftsfähig im Sinne der Scharii’ah. Aus diesem Grund können Minderjährige, geistig Unzurechnungsfähige sowie Unmündige, deren Geschäftsfähigkeit eingeschränkt ist bzw. entzogen wurde, weder als Darlehensgeber noch als Darlehensnehmer fungieren, da ihre vermeintliche Einwilligung angezweifelt wird.

– Beide Vertragsparteien müssen die Qard-Vereinbarung aus freier Entscheidung
und ohne äußere Nötigung treffen.

– Der Darlehensgeber muss über sein Eigentum verfügungsberechtigt sein. Das Eigentum einer geschäftsunfähigen Person kann nicht ohne weiteres von ihrem Waliy (dem Vertreter bzw. Vormund im Sinne der Scharii’ah) in Form eines Darlehens einer anderen Person überlassen werden.

Das Darlehen bzw. die Leihgabe

Als Darlehen ist grundsätzlich jedes zulässige Kaufobjekt zulässig sowie alles, das ersetzbar und nach den Kriterien des Eigentums eindeutig bestimmbar ist.
In einem Hadiith des Gesandten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) werden auch nicht ersetzbare Objekte als Darlehen für zulässig erklärt, solange sie nach Gattung, Art und Menge eindeutig bestimmbar und damit ersetzbar sind.

Der Sahaabiy Abu-hurairah (radial-laahu ‘anh) überlieferte dazu folgenden Hadiith:

‏كَانَ لِرَجُلٍ عَلَى النَّبِيِّ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ ‏سِنٌّ مِنْ الْإِبِلِ فَجَاءَهُ يَتَقَاضَاهُ فَقَالَ أَعْطُوهُ فَطَلَبُوا سِنَّهُ فَلَمْ يَجِدُوا لَهُ إِلَّا سِنًّا فَوْقَهَا فَقَالَ أَعْطُوهُ فَقَالَ أَوْفَيْتَنِي أَوْفَى اللَّهُ بِكَ قَالَ النَّبِيُّ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ ‏إِنَّ خِيَارَكُمْ أَحْسَنُكُمْ قَضَاءً.

“Ein Mann hatte dem Propheten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) ein Kamel eines bestimmten Alters als Darlehen gegeben. Eines Tages kam der Mann, um sein Darlehen von ihm zurückzufordern, dann wies er seine Gefährten an, ihm ein entsprechendes Kamel zu geben. Sie suchten nach einem Tier seines Alters, konnten aber nur ein Kamel finden, das etwas älter war. Dann befahl er ihnen, dem Mann dieses Tier zu geben. Daraufhin sagte der Mann: “Du hast mir mein Darlehen voll zurückgegeben. Allaah möge dir den vollen Lohn geben!” Der Prophet (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte: “Die Besten unter euch sind diejenigen, die ihre Schulden auf beste Art und Weise begleichen!” (B, M)

Grundsätzlich gilt für die Leihgabe Folgendes:

  • Jede Sache, die nach Maßgabe der Scharii’ah eindeutig bestimmbar und kategorisierbar (z. B. durch Wiegen oder Messen) ist, gilt als ersetzbare Sache (malun mithliyمال مثلي ). Die Hanafiten lassen nur solche Sachen für Al-qard zu. Die anderen Fiqh-Gelehrten lassen alle Sachen für Al-qard zu, die für den Salam-Vertrag zugelassen werden, unabhängig davon, ob diese Sachen (durch Wiegen oder Messen) bestimmbar (mithliy) sind oder nur nach Eigenschaften wie Tiere bewertet werden (qiimiy).
    Alle Sachen, die einzigartig oder nur selten vorhanden sind, dürfen nicht als Leihgabe fungieren, da man sie in der Regel nicht zurückerstatten kann.
  • Die Höhe und die Gattung der Leihgabe müssen nach dem Eichmaß der Scharii’ah eindeutig definiert sein.
  • Der Darlehensgegenstand kann aus einer Gattung oder aus unterschiedlichen Gattungen bestehen, wenn die jeweiligen Anteile der Zusammensetzung bekannt sind.
    Eine Ausnahme gibt es bei gebackenem Brot. Es gilt als zulässiges Darlehensobjekt trotz der Tatsache, dass die verschiedenen Anteile der Backmischung nicht immer genau bekannt sind, da es sich um Alltägliches handelt und durch die Sitte (‘Urf) ohne Einwände so gehandhabt wird.