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Grundregeln zum gültigen Austausch von Riba-Gütern


Die Veräußerung der Riba-Güter ist im Sinne der Scharii’ah zulässig, wenn folgende Bedingungen berücksichtigt werden:

– Bei Gattungsgleichheit der auszutauschenden Riba-Güter
Die Veräußerung gattungsgleicher Riba-Güter ist zulässig, wenn

  1. Mengengleichheit bzw. Äquivalenz (gleiches Maß gegen gleiches Maß) vorliegt,
  2. keine Gewährleistung eines Aufschubs beidseitiger Aushändigung der Äquivalente im Vertrag vereinbart wird, und
  3. die Besitzergreifung bzw. die Aushändigung der gegeneinander ausgetauschten Riba-Güter auf der Stelle in bar, noch vor Auflösung der Vertragssitzung, vollzogen wird.

– Bei fehlender Gattungsgleichheit aber mit ‘Illah-Gemeinsamkeit der auszutauschenden Riba-Güter
Wenn beide auszutauschenden Güter unterschiedlichen Gattungen angehören und somit verschiedenartig sind, ihnen aber die ‘Illah für das Riba-Verbot gemeinsam ist, wie z. B. wenn die auszutauschenden Güter Nahrungsmittel und Preismesser sind, dann gilt die Veräußerung derselben als zulässig, wenn

  • kein Aufschub der Aushändigung beider Äquivalente gewährleistet wird und
  • die Besitzergreifung bzw. Aushändigung der gegeneinander auszutauschenden Güter auf der Stelle, noch vor Auflösung der Vertragssitzung, vollzogen wird.

Die Äquivalenz bzw. die Mengengleichheit stellt bei der Veräußerung verschiedenartiger Riba-Güter keine unbedingte Voraussetzung dar. So ist die Veräußerung von 1 g Gold gegen 10 g Silber zulässig. Grundlage dieser Regelung ist im folgenden Hadiith zu finden:

‏عَنْ‏ عُبَادَةَ بْنِ الصَّامِتِ قَالَ ‏قَالَ رَسُولُ اللَّهِ ‏صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ الذَّهَبُ بِالذَّهَبِ وَالْفِضَّةُ بِالْفِضَّةِ وَالْبُرُّ بِالْبُرِّ وَالشَّعِيرُ بِالشَّعِيرِ وَالتَّمْرُ بِالتَّمْرِ وَالْمِلْحُ بِالْمِلْحِ مِثْلًا بِمِثْلٍ سَوَاءً بِسَوَاءٍ يَدًا بِيَدٍ فَإِذَا اخْتَلَفَتْ هَذِهِ الْأَصْنَافُ فَبِيعُوا كَيْفَ شِئْتُمْ إِذَا كَانَ يَدًا بِيَدٍ.

Über ‘Ubaadah Bnussaamit wurde tradiert: “Der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte:
“(Verkauft) nur Gold für Gold, Silber für Silber, Weizen für Weizen, Gerste für Gerste, Datteln für Datteln und Salz für Salz (nur) gleiche Menge für gleiche Menge, Gleiches für Gleiches, von Hand zu Hand. Sollten sich diese Güter unterscheiden, dann verkauft sie wie ihr wollt, wenn es von Hand zu Hand erfolgt.” (M)

– Bei fehlender Gattungsgleichheit und fehlender ‘Illah-Gemeinsamkeit der auszutauschenden Riba-Güter.
Wenn beide Güter gattungsunterschiedlich sind und damit unterschiedliche ‘Illah für das Riba-Verbot haben, entfallen alle oben genannten Einschränkungen.

Dies bedeutet, dass der Verkauf zulässig ist, gleich

  • ob eine Mengenungleichheit vorliegt, oder
  • ob die Besitzergreifung nicht auf der Stelle erfolgt, oder
  • ob ein Aufschub auf dem Wege eines Salam-Vertrags gewährleistet wird oder nicht.

عَنْ أَبِي سَعِيدٍ الْخُدْرِيِّ وَأَبِي هُرَيْرَةَ رَضِيَ اللَّهُ عَنْهُمَا‏ أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ اسْتَعْمَلَ رَجُلًا عَلَى خَيْبَرَ فَجَاءَهُمْ بِتَمْرٍ جَنِيبٍ فَقَالَ أَكُلُّ تَمْرِ خَيْبَرَ هَكَذَا فَقَالَ إِنَّا لَنَأْخُذُ الصَّاعَ مِنْ هَذَا بِالصَّاعَيْنِ وَالصَّاعَيْنِ بِالثَّلَاثَةِ فَقَالَ لَا تَفْعَلْ بِعْ الْجَمْعَ بِالدَّرَاهِمِ ثُمَّ ابْتَعْ بِالدَّرَاهِمِ جَنِيبًا.

Über Abu-sa’iid Al-chudriy und Abu-hurairah (radial-laahu ‘anhuma) wurde tradiert, dass der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) einen Mann zum Verwalter von Chaibar ernannte. Eines Tages kam er (nach Al-madiinah) und brachte Dschaniib-Datteln (besonders gute Datteln-Sorte). Daraufhin fragte ihn der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam): “Sind alle Datteln in Chaibar wie diese?” Er sagte: “Nein! Wir tauschen ein Saa’ (ca. vier Handvoll) dieser Datteln gegen zwei und drei Saa’ unserer Früchte!” Er (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte: “Nein, tue es nicht! Verkaufe die Datteln gegen Dirhams, dann kaufe mit den Dirhams die Dschaniib-Datteln.” (B, M, N, AH, Maalik)

– Bei der Veräußerung oder dem Tausch von zwei Gütern, wobei nur eines davon ein Riba-Gut ist

Steht auf einer Seite des Austauschverhältnisses ein Gut, das nicht zum Kreis der Riba-Güter gehört, wie Textilien oder Vieh, so sind auch in diesem Fall die Vertragsparteien bei der Gestaltung des Austauschverhältnisses grundsätzlich frei.

Sonderfall:

Die Veräußerung von lebenden Tieren

– Die Veräußerung von Fleisch gegen Fleisch
Fleisch gilt als Nahrungsmittel; somit fällt es unter eine der beiden Gruppen der Riba-Güter. Die Veräußerung von Fleisch gegen Fleisch derselben Gattung ist nur dann zulässig, wenn Äquivalenz vorliegt, kein Aufschub gewährleistet wird, und eine sofortige Besitzergreifung erfolgt. Die Veräußerung von Fleisch gegen Fleisch von ungleicher Gattung ist bei sofortiger Besitzergreifung ohne Aufschub und ohne Berücksichtigung der Äquivalenz zulässig.

– Die Veräußerung von lebenden Tieren gegen lebende Tiere
Da Tiere an sich keine Nahrungsmittel darstellen und nicht unter die Gruppe des Preismessers fallen, betrachtet sie die Scharii’ah nicht als Riba-Gut. Deshalb darf die Veräußerung von Tieren gegen Tiere ohne Berücksichtigung des Quantitätsunterschiedes erfolgen, sowie mit der Option eines Aufschubes, gleich ob sie derselben Gattung angehören, oder ob die Besitzergreifung auf der Stelle erfolgt oder nicht.

Grundlage für diese Bestimmung liefert folgender Hadiith:

‏عَنْ‏ عَبْدِ اللَّهِ بْنِ عَمْرٍو أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ أَمَرَهُ أَنْ يُجَهِّزَ جَيْشًا فَنَفِدَتْ الْإِبِلُ فَأَمَرَهُ أَنْ يَأْخُذَ فِي ‏ ‏قِلَاصِ ‏الصَّدَقَةِ فَكَانَ يَأْخُذُ الْبَعِيرَ بِالْبَعِيرَيْنِ إِلَى إِبِلِ الصَّدَقَةِ.

Über ‘Abdul-laah Bnu-‘amr wurde tradiert, dass Allaahs Gesandter (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) ihn damit beauftragte, eine Truppe aufzustellen. Dann waren die Reitkamele ausgegangen; dann befahl er ihm, den Rest von den jungen Kamelen der Zakaah zu nehmen. So hat er ein Kamel von der Zakaah gegen zwei Kamele genommen.” (A)

– Die Veräußerung von Fleisch gegen lebende Tiere
Die Veräußerung von Fleisch gegen lebende Tiere ist nicht erlaubt, gleich ob beide Sachen derselben Gattung angehören, und ob das Fleisch genießbar ist oder nicht.
Die Veräußerung des Tierfelles nach dessen Verarbeitung gegen Fleisch ist zulässig, denn der Gerbvorgang entzieht diesem Produkt die Qualität des Fleisches. Erfolgt hingegen die Veräußerung des Felles vor dessen Verarbeitung gegen Fleisch, so ist der Verkauf unzulässig, weil das Fell noch die Bedeutung von Fleisch im weiten Sinne hat. Auch hier beruft man sich u. a. auf folgenden Hadiith:

عَنْ‏ سَعِيدِ بْنِ الْمُسَيَّبِ ‏‏أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ ‏صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ ‏ ‏نَهَى عَنْ بَيْعِ الْحَيَوَانِ بِاللَّحْمِ.

Über Sa’iid Bnul-musaiyib wurde tradiert, dass Allaahs Gesandter (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) den Verkauf von Tier gegen Fleisch verbot. (Maalik)