.
.

.

Bedingungen (schuruut) im Darlehensvertrag


Nicht selten werden bei Abschluss eines Darlehensvertrages Bedingungen vereinbart. Hierbei unterscheidet die Scharii’ah drei Typen von Bedingungen:

–    Nicht-Bindende Bedingungen, die den Vertrag nichtig machen

–    Nicht-Bindende Bedingungen, die den Vertrag nicht nichtig machen

–    Zulässige Bedingungen

Nicht-Bindende Bedingungen, die den Vertrag nichtig machen

Darunter fallen alle Bedingungen, die im Sinne der Scharii’ah inhaltsmäßig nicht Gegenstand eines Darlehensvertrages sein dürfen. Eine nicht scharii’ah-konforme Bedingung wäre z. B., wenn der Darlehensgeber sich bei der Rückgabe des Darlehens mehr ausbedingt, als er zur Verfügung gestellt hat (beispielsweise in Form eines Aufschlages bei der Rückerstattung oder in Form des Austausches gegen eine bessere, qualitätsvollere Sache oder in Form der Aufforderung zum Verkauf eines Objektes, welches sich im Eigentum des Schuldners befindet). Nach einem Hadiith des Propheten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) heißt es:

كُلُّ قَرْضٍ جَرَّ مَنْفَعَةً فَهُوَ وَجْهٌ مِنْ وُجُوهِ الرِّبا.

Jedes Darlehen, das einen Nutzen (für den Darlehensgeber) nach sich zieht, gilt als eine Art von Riba. (Al-baihaqiy)

Der islamische Darlehensvertrag stellt eine einseitige Verpflichtung dar, um ein zinsloses Darlehen als Akt der Brüderlichkeit und um Allaahs willen zu gewähren, um die Bedürfnisse der Menschen zu decken und die Not eines Einzelnen zu lindern, und nicht um einen gewinnbringenden Nutzen oder einen persönlichen Vorteil für den Darlehensgeber aus diesem Darlehen zu ziehen.
Den Fall, wenn eine Person neben der Rückerstattung ihres Darlehens freiwillig und ohne vorausgegangene Vereinbarungen oder auf einer Sitte basierend, dem Darlehensgeber zusätzlich einen Überschuss oder ein Geschenk überreicht, beurteilen die Fiqh-Gelehrten wie folgt:

Sie unterscheiden zwischen zwei Situationen:

  • Erfolgt der Aufschlag zeitlich betrachtet vor der endgültigen Rückgabe des Darlehens, in Form von Geld, von einem Geschenk oder durch Austausch gegen eine bessere Ware, so gilt für den Darlehensnehmer eher davon Abstand zu nehmen.
    Eine Ausnahme gibt es, wenn Geschenke zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner wegen enger Freundschaftsbande schon vor dem Darlehensvertrag üblich waren, weil hier davon ausgegangen werden darf, dass diese zusätzlichen Leistungen nicht allein aufgrund des Zustandekommens eines derartigen Vertrages gemacht werden. Diese Praxis rechtfertigt sich aus folgendem Hadiith:

‏عَنْ ‏يَحْيَى بْنِ أَبِي إِسْحَقَ الْهُنَائِيِّ ‏قَالَ سَأَلْتُ ‏‏أَنَسَ بْنَ مَالِكٍ الرَّجُلُ مِنَّا يُقْرِضُ أَخَاهُ الْمَالَ فَيُهْدِي لَهُ قَالَ قَالَ رَسُولُ اللَّهِ ‏صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ ‏إِذَا أَقْرَضَ أَحَدُكُمْ قَرْضًا فَأَهْدَى لَهُ أَوْ حَمَلَهُ عَلَى الدَّابَّةِ فَلَا يَرْكَبْهَا وَلَا يَقْبَلْهُ إِلَّا أَنْ يَكُونَ جَرَى بَيْنَهُ وَبَيْنَهُ قَبْلَ ذَلِكَ.

Über Yahya Bnu-abi-ishaaq Al-hunaa-iy wurde tradiert, dass er sagte: “Ich habe Anas Bnu-maalik gefragt: Der eine von uns gewährt seinem Bruder ein Darlehen, dann wird er von ihm beschenkt?” Er sagte: “Der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte: “Wenn jemand von euch jemandem ein Darlehen gewährt, der ihm danach ein Geschenk oder das Transportieren auf seinem Reittier anbietet, so soll er weder das Transportieren noch das Geschenk annehmen, es sei denn, es war so vorher üblich unter ihnen.” (I)

  • Erfolgt der Aufschlag zeitlich betrachtet nach der endgültigen Rückgabe des Darlehens, bewertet die Scharii’ah dies für den Schuldner als Soll-Handlung. Es gibt keine Einwände, wenn der Gläubiger diesen Aufschlag in Empfang nimmt, da zu diesem Zeitpunkt die Vertragsverpflichtungen des Darlehens von beiden Seiten bereits erfüllt sind. Vielmehr gilt es als lobenswert, wenn der Darlehensnehmer freiwillig mehr oder mit etwas Besserem nach dem Vorbild des Propheten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sein Darlehen zurückzahlt: “(…) Die Vorzüglichsten von euch sind die, die ihre Schuld auf beste Art und Weise begleichen!”

Nicht-Bindende Bedingungen, die den Vertrag nicht nichtig machen

Darunter fallen beispielsweise solche Bedingungen, nach denen das Darlehen zu einem festgesetzten Zeitpunkt zurückzuerstatten ist. Solche Bedingungen sind nicht bindend, da der Gläubiger jederzeit das Recht hat, die Rückzahlung des Darlehens einzufordern, gleichgültig, ob zuvor von beiden Parteien ein späterer Zeitpunkt ausgemacht wurde oder nicht. Die Gültigkeit des Darlehensvertrages bleibt von derartigen Bedingungen unberührt.

Zulässige Bedingungen

Hierunter fallen jegliche Bedingungen, die den Zweck verfolgen, den Vertragsschluss zu dokumentieren und die vertragliche Verpflichtung sicherzustellen. So kann beispielsweise der Gläubiger als Bedingung für die Gewährleistung eines Darlehens verlangen, den Vertrag schriftlich festzuhalten oder in Gegenwart von Zeugen bzw. erst gegen ein Pfand abzuschließen.

‏عَنْ عَائِشَةَ ‏رَضِيَ اللَّهُ عَنْهَا ‏‏أَنَّ النَّبِيَّ ‏صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ ‏اشْتَرَى مِنْ يَهُودِيٍّ طَعَامًا إِلَى أَجَلٍ وَرَهَنَهُ دِرْعَهُ.

Über ‘Aaischah (radial-laahu ‘anha) wurde tradiert, dass der Prophet (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) bei einem Juden Nahrungsmittel mit einer Zahlungsfrist kaufte und ihm sein Panzerschild als Pfand überließ. (B)

Der Darlehensnehmer muss seinerseits diese getroffenen Vereinbarungen erfüllen, ansonsten kann der Gläubiger den Darlehensvertrag mit sofortiger Wirkung auflösen.

Man kann zusammenfassend feststellen, dass ein Darlehensvertrag unter Berücksichtigung folgender zwei Aspekte zulässig ist:

–    Der Darlehensvertrag darf für den Darlehensgeber keinen materiellen Nutzen folgern.

–    Der Darlehensvertrag darf nicht gemeinsam mit einem Bay’-Vertrag in einem einzigen Vertrag geschlossen werden, da der Gesandte (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) dies ausdrücklich verbot.

Ein Girokonto bei einer Bank unterliegt nach Ansicht der Scharii’ah den Bedingungen eines Darlehensvertrags (Qard) und nicht den Bedingungen einer anvertrauten Sache (Amaanah), da die Bank die Kontobestände beim Verleihen von Geld gegen Zinsen verwendet. Deshalb ist die Eröffnung solcher Konten in der Regel nicht erlaubt. Muslime in Europa, die jedoch dazu gezwungen werden, weil sie keine Alternative dazu haben und sonst z. B. ihre Gehälter nicht erhalten können oder ihre Waren nicht bezahlen können, sündigen nicht, wenn sie solche Konten eröffnen.
Die Fiqh-Gelehrten außer den Hanbaliten verbieten ebenfalls die so genannte Handlung von “As-suftadschah
السُفْتَجَة“, bei der jemand einer Person in einem bestimmten Land ein Darlehen gewährt unter der Bedingung, dass diese Person oder eine von ihr bevollmächtigte Person dem Darlehensgeber oder seinem Bevollmächtigten das Darlehen in einem anderen Land zurückerstattet. Nach Meinung der Mehrheit der Fiqh-Gelehrten profitiert der Darlehensgeber bei dieser Form davon, dass er die Gefahren des Weges vermeidet, was Nutzen im Zusammenhang des Darlehens darstellt und es verboten macht.