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Verzehr von Haraam-Nahrungsmittel in Ausnahme- und Notsituationen


Alle oben genannten Einschränkungen werden aufgehoben, wenn man in eine Notsituation (Daruurah ضرورة) gerät, in der Leib und Leben akut bedroht sind. Nach der allgemein bekannten Fiqh-Regel “Daruurah-Not bricht Gebot” darf man in diesem speziellen Fall sowohl verendete Tiere, als auch solche Landtiere verzehren, deren Verzehr grundsätzlich für haraam erklärt wurde.

Eine Daruurah-Not liegt erst dann vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Not muss bereits reell vorhanden sein und nicht in naher oder ferner Zukunft zu erwarten sein. Zur Beurteilung der Ernsthaftigkeit der akuten Situation bedient man sich eigener Erfahrungen und Erkenntnisse, nach denen eine reelle lebens- bzw. existenzbedrohliche Situation vorliegt.
  • Das Nicht-Vorhanden-Sein einer Halaal-Alternative zum Verbotenen.
  • Das Vorliegen eines Anlasses, der diese Verletzung der Scharii’ah-Gebote rechtfertigt, wie die Furcht zu verhungern bzw. zu verdursten oder körperlich so geschwächt zu werden, dass man nicht mehr handlungs- bzw. bewegungsfähig ist, etc. Dabei dürfen jedoch die Grundprinzipien des Islam nicht verletzt werden. So darf man selbst in Notsituationen z. B. keine Unzucht treiben oder einen Mord begehen, da solche Handlungen an sich großen Schaden darstellen.
  • Die Einnahme von Rationen, die erfahrungsgemäß notwendig sind, um das Überleben zu sichern bzw. um bleibende körperliche Schäden abzuwenden. Alles, was die notwendige Menge übersteigt, gilt weiterhin als haraam. Imaam Maalik erlaubt in einer Notsituation so viel vom Verbotenen zu konsumieren und zu speichern, wie man möchte, bis man die Halaal-Alternative findet.
  • Bei medizinischer Behandlung muss das nicht halaal-konforme Medikament von einem/r qualifizierten redlichen Arzt/Ärztin verordnet worden sein.

 

Grundlage für diese Erleichterung bieten folgende Belegstellen:

Ÿوَلَا تَقۡتُلُوٓاْ أَنفُسَكُمۡۚ

“Auch begeht keinen Selbstmord!” 1

 

فَمَنِ ٱضۡطُرَّ فِي مَخۡمَصَةٍ غَيۡرَ مُتَجَانِفٖ لِّإِثۡمٖ فَإِنَّ ٱللَّهَ غَفُورٞ رَّحِيمٞ ٣

“Wer jedoch durch Hungersnot, ohne dabei eine Verfehlung zu beabsichtigen, gezwungen wird, (dies zu übertreten), so ist Allaah gewiss allvergebend, allgnädig.” 2


إِنَّمَا حَرَّمَ عَلَيۡكُمُ ٱلۡمَيۡتَةَ وَٱلدَّمَ وَلَحۡمَ ٱلۡخِنزِيرِ وَمَآ أُهِلَّ بِهِۦ لِغَيۡرِ ٱللَّهِۖ فَمَنِ ٱضۡطُرَّ غَيۡرَ بَاغٖ وَلَا عَادٖ فَلَآ إِثۡمَ عَلَيۡهِۚ إِنَّ ٱللَّهَ غَفُورٞ رَّحِيمٌ ١٧٣

“Für verboten 3 erklärte Er euch nur das Verendete, das vergossene Blut, das Schweinefleisch und das, worüber bei der Schächtung andere als Allaah angerufen wurden. Wer jedoch dazu gezwungen wird – ohne dabei erstrebend oder übertretend zu sein, für den ist es keine Verfehlung. Gewiss, Allaah ist allvergebend, allgnädig.” 4


Notes:

  1. Quraan (4:29)
  2. Quraan (5:3)
  3. Ursprünglich: „haraam“, siehe Glossar.
  4. Quraan (2:173)