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Stellung des Darlehensvertrags in der Scharii’ah


Die Gewährung eines Darlehens betrachtet die Scharii’ah in der Regel als eine sehr lobenswerte Manduub-Handlung (Soll-Handlung), für die der/ die Darlehensgeber/in im Jenseits von Allaah (ta’aala) reichlich belohnt wird.

Zahlreiche Textstellen aus dem Quraan und der Sunnah unterstreichen diese empfehlenswerte und vorbildliche Handlung:

مَّن ذَا ٱلَّذِي يُقۡرِضُ ٱللَّهَ قَرۡضًا حَسَنٗا فَيُضَٰعِفَهُۥ لَهُۥٓ أَضۡعَافٗا كَثِيرَةٗۚ وَٱللَّهُ يَقۡبِضُ وَيَبۡصُۜطُ وَإِلَيۡهِ تُرۡجَعُونَ ٢٤٥

Wer ist dieser, der um Allaahs willen gebührliche Zuwendung 1 macht, damit Allaah sie für ihn um ein Vielfaches vermehrt?(!) Allaah lässt beengen und ausdehnen, und zu Ihm werdet ihr zurückgekehrt. 2

Aus dieser Aayah ist ersichtlich, dass ein Darlehen um Allaahs willen im selben Sinne die Entrichtung der Spenden (Sadaqaat) für Allaah (ta’aala) und die Gewährung eines Darlehens für Seine Geschöpfe umfasst.

Der Sahaabiy Abu-hurairah (radial-laahu ‘anh) tradierte einen Hadiith, der indirekt aufzeigt und bestätigt, dass die Gewährung eines Darlehens eine Handlung ist, die Allaah (ta’aala) überwacht.

‏‏عَنْ النَّبِيِّ ‏صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ ‏قَالَ ‏‏مَنْ أَخَذَ أَمْوَالَ النَّاسِ يُرِيدُ أَدَاءَهَا أَدَّى اللَّهُ عَنْهُ وَمَنْ أَخَذَ يُرِيدُ إِتْلَافَهَا أَتْلَفَهُ اللَّهُ.

Der Prophet (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte: “Wer das Vermögen (anderer) Menschen mit der Absicht geliehen hat, es zurückzuzahlen, für den zahlt es Allaah zurück, doch wer es geliehen hat, um es zu vernichten (und nicht zurückzuzahlen), den wird Allaah vernichten. (B)

In einem anderen Hadiith fordert der Gesandte (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) die Muslime dazu auf, den Gläubiger bei der Rückerstattung seines Darlehens zu unterstützen.

‏عَنْ ‏أَبِي سَعِيدٍ الْخُدْرِيِّ ‏قَالَ جَاءَ أَعْرَابِيٌّ إِلَى النَّبِيِّ ‏صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ يَتَقَاضَاهُ دَيْنًا كَانَ عَلَيْهِ فَاشْتَدَّ عَلَيْهِ حَتَّى قَالَ لَهُ أُحَرِّجُ عَلَيْكَ إِلَّا قَضَيْتَنِي فَانْتَهَرَهُ أَصْحَابُهُ وَقَالُوا وَيْحَكَ تَدْرِي مَنْ تُكَلِّمُ قَالَ إِنِّي أَطْلُبُ حَقِّي فَقَالَ النَّبِيُّ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ هَلَّا كُنْتُمْ مَعَ صَاحِبِ الْحَقِّ ثُمَّ أَرْسَلَ إِلَى خَوْلَةَ بِنْتِ قَيْسٍ فَقَالَ لَهَا إِنْ كَانَ عِنْدَكِ تَمْرٌ فَأَقْرِضِينَا حَتَّى يَأْتِيَنَا تَمْرُنَا فَنَقْضِيَكِ فَقَالَتْ نَعَمْ بِأَبِي أَنْتَ يَا رَسُولَ اللَّهِ قَالَ فَأَقْرَضَتْهُ فَقَضَى الْأَعْرَابِيَّ وَأَطْعَمَهُ فَقَالَ أَوْفَيْتَ أَوْفَى اللَّهُ لَكَ فَقَالَ أُولَئِكَ خِيَارُ النَّاسِ إِنَّهُ لَا قُدِّسَتْ أُمَّةٌ لَا يَأْخُذُ الضَّعِيفُ فِيهَا حَقَّهُ غَيْرَ مُتَعْتَعٍ.

Abu-sa’iid Al-chudriy tradierte, er sagte: “Ein Beduine begab sich zum Propheten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam), um von ihm ein Darlehen zurückzufordern. In seiner Forderung war er sehr aufdringlich, bis er ihm sagte: “Ich lasse dich nicht in Ruhe, bis du mir mein Darlehen zurückgibst”. Seine Gefährten wiesen ihn zurecht und sagten ihm: “Nimm dich in Acht! Weißt du eigentlich, mit wem du sprichst?” Er erwiderte: “Ich verlange nur mein Recht!” Dann sagte der Prophet (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam): “Würdet ihr doch mit dem sein, der Recht hat.” Dann schickte er zu Chaulah Bintu-qais und ließ ihr mitteilen: “Wenn du Datteln hast, so leihe uns etwas davon, bis unsere Datteln kommen, dann geben wir es zurück.” Sie erwiderte: “Jawohl! Dein Wunsch wird erfüllt, Gesandter Allaahs!” Daraufhin gewährte sie ihm das Darlehen. So erstattete er dem Beduinen das Darlehen zurück und bewirtete ihn. Der Beduine sagte daraufhin: “Du hast das Darlehen voll zurückerstattet, Allaah möge dir deinen Lohn voll gewähren!” Dann sagte (der Gesandte): “Diejenigen, die so handeln, sind die besten unter den Menschen! Keine Gemeinschaft mag sich rein halten, in der der Schwache sein Recht nicht ohne Stottern (ohne Angst) erhält.” (I)

Auf den großen Lohn für die Gewährung eines Darlehens, obwohl der Darlehensnehmer verpflichtet wird, das Darlehen zurückzuerstatten, wird in zahlreichen Hadiithen hingewiesen.

‏عَنْ ‏ابْنِ مَسْعُودٍ أَنَّ النَّبِيَّ ‏صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ ‏‏قَالَ مَا مِنْ مُسْلِمٍ يُقْرِضُ مُسْلِمًا قَرْضًا مَرَّتَيْنِ إِلَّا كَانَ كَصَدَقَتِهَا مَرَّةً.

Ibnu-mas’uud (radial-laahu ‘anh) tradierte, dass der Prophet (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte: “Jeder Muslim, der einem anderen Muslim zweimal ein Darlehen gewährt, erhält dafür einen Lohn, als hätte er es (dieses Darlehen) einmal gespendet. (I, Ibnu-hibbaan, Al-baihaqiy)

عَنْ ‏عَبْدَ اللَّهِ بْنَ عُمَرَ ‏رَضِيَ اللَّهُ عَنْهُمَا ‏‏أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ ‏صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ قَالَ ‏الْمُسْلِمُ أَخُو الْمُسْلِمِ لَا يَظْلِمُهُ وَلَا يُسْلِمُهُ ‏وَمَنْ كَانَ فِي حَاجَةِ أَخِيهِ كَانَ اللَّهُ فِي حَاجَتِهِ وَمَنْ فَرَّجَ عَنْ مُسْلِمٍ كُرْبَةً ‏ ‏فَرَّجَ اللَّهُ عَنْهُ كُرْبَةً ‏مِنْ ‏كُرُبَاتِ ‏ ‏يَوْمِ الْقِيَامَةِ وَمَنْ سَتَرَ مُسْلِمًا سَتَرَهُ اللَّهُ يَوْمَ الْقِيَامَةِ.

‘Abdul-laah Bnu-‘umar (radial-laahu ‘anhuma) tradierte, dass der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte: “Der Muslim ist der Bruder des Muslim! Er tut ihm kein Unrecht und liefert ihn seinen Feinden nicht aus. Wer ein Bedürfnis seines Bruders erfüllt, dem wird Allaah seine Bedürfnisse erfüllen. Wer einem Muslim aus einer Bedrängnis hilft, dem wird Allaah aus einer Bedrängnis der Bedrängnisse am Tage der Auferstehung helfen. Und wer einem Muslim eine Missetat bedeckt, dessen Missetaten wird Allaah am Tage der Auferstehung bedecken.” (B, M)

وَاللَّهُ فِي عَوْنِ الْعَبْدِ مَا كَانَ الْعَبْدُ فِي عَوْنِ أَخِيهِ.

Gewiss, Allaah wird seinem Anbeter (aus der Not) helfen, solange dieser seinem Bruder (aus der Not) hilft. (M)

‏عَنْ أَنَسِ بْنِ مَالِكٍ قَالَ ‏قَالَ رَسُولُ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ ‏رَأَيْتُ لَيْلَةَ أُسْرِيَ بِي عَلَى بَابِ الْجَنَّةِ مَكْتُوبًا الصَّدَقَةُ بِعَشْرِ أَمْثَالِهَا وَالْقَرْضُ بِثَمَانِيَةَ عَشَرَ فَقُلْتُ يَا ‏جِبْرِيلُ ‏مَا بَالُ الْقَرْضِ أَفْضَلُ مِنْ الصَّدَقَةِ قَالَ لِأَنَّ السَّائِلَ يَسْأَلُ وَعِنْدَهُ وَالْمُسْتَقْرِضُ لَا يَسْتَقْرِضُ إِلَّا مِنْ حَاجَةٍ.

Über Anas Bnu-maalik (radial-laahu ‘anh) wird tradiert, dass er sagte, dass der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte: “In der Nacht von Al-israa’ sah ich auf dem Tor der Dschannah 3 geschrieben: ‚Die Spende (Sadaqah) wird zehnfach und Al-qard achtzehnfach vergolten’. Daraufhin fragte ich Dschibriil: “Weshalb ist Al-qard besser als die Spende?” Er sagte: “Weil derjenige, der um die Spende bittet, darum bittet, während er etwas besitzt, wohingegen der Darlehensnehmer um ein Darlehen bittet, weil er in Bedrängnis ist.” (I)

Der Sahaabiy Abud-dardaa’ (radial-laahu ‘anh) sagte:

“Dass ich zwei Diinaare verleihe, die wiedererstattet werden, und danach wieder verleihe, ist mir lieber als, dass ich sie spende.”

Auch der Sahaabiy Ibnu-‘abbaas (radial-laahu ‘anh) sagte:

“Etwas zweimal zu verleihen, ist besser als, dass man es einmal spendet.”

 

Notes:

  1. Ursprünglich: qardan hasanan: eine Anleihe, die zinslos und begleitet von Entgegenkommen bei der Tilgung ist.
  2. Quraan (2:245)
  3. Al-dschannah ist „der Garten“, auch „das Paradies“.