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Vernunftsbeweise des Daseins von ALLAAH (ta’aala)


Bei der vernunftsgemäßen Beweisführung für das Dasein Allaahs geht man zunächst von einer Ausgangs-Antithese und den aus ihr abgeleiteten Folgethesen aus. Das Ergebnis der Beweisführung dieser Thesen wird zur Bestätigung des Daseins von Allaah führen.

Antithese: Allaah (ta’aala) existiert nicht

Ausgehend von dieser Antithese ergeben sich als Erklärungsmöglichkeit für die Existenz des Kosmos (d. h. für die Entstehung des Lebens und der Gesamtheit alles Seienden) zwei Folgethesen:

a) Die Existenz des Kosmos hat keinen Beginn.

b) Die Existenz des Kosmos hat einen Beginn.

These a) Die Existenz des Kosmos hat keinen Beginn

Vor der Behandlung dieser Erklärungsmöglichkeit für die Existenz des Kosmos müssen zum besseren Verständnis zunächst die Seinstypen eingeführt und definiert werden.

Die Vernunft unterscheidet drei Seinstypen: Das Notwendige Sein, das Unmögliche Sein und das Kontingente bzw. Mögliche Sein.

Das Notwendige Sein

Darunter versteht man jedes Sein, dessen Nicht-Existenz die Vernunft kategorisch ausschließt.

Dieses Notwendige Sein wird nochmals unterteilt in:

a) das unbedingt notwendige Sein, d. h. das aus sich selbst seiende Sein, das keiner Wirkursache für seine Existenz bedarf. Dies ist die Existenz des Schöpfers.

b) das bedingt notwendige Sein, d. h. das nicht aus sich selbst seiende Sein, das einer äußeren Wirkursache für seine Existenz bedarf, z. B. die Notwendigkeit der Inanspruchnahme eines Raumbereichs für jeden Körper im Daseinszustand der Existenz.

Das Unmögliche Sein

Darunter versteht man jedes Sein, dessen Existenz die Vernunft kategorisch ausschließt, z. B. die Unmöglichkeit der Nicht-Inanspruchnahme eines Raumbereichs für einen Körper im Daseins-Zustand der Existenz.

Das Kontingente bzw. Mögliche Sein

Darunter versteht man jedes Sein, dessen Existenz oder Nicht-Existenz die Vernunft annehmen kann, z. B. die Möglichkeit der Existenz oder Nicht-Existenz eines Seienden (Mensch, Tier, …).

Nach der Definition der Seinstypen fällt der Kosmos in die Kategorie des Kontingenten Seins, weil man seine Nicht-Existenz vor und nach seiner gegenwärtigen Existenz annehmen kann, ohne dabei in einen widervernünftigen Widerspruch zu geraten.

Widerlegung der These a):

Die Zusammengesetztheit und auch die ständig stattfindenden Veränderungen des Kosmos beweisen seine Zugehörigkeit zur Kategorie der “nicht aus sich selbst Seienden” und schließen damit die Zugehörigkeit zur Kategorie der “aus sich selbst Seienden”, bzw. die Kategorisierung als “unbedingt notwendiges Sein” per definitionem implizit aus.
Die These, der Kosmos habe sich vor seinem jetzigen Daseinszustand der Existenz niemals im Daseinszustand der Nicht-Existenz befunden bzw. es habe niemals eine Veränderung des Daseinszustandes gegeben, stellt einen Widerspruch zu den o. a. Definitionen dar, weil nur das “unbedingt notwendige Sein”, aus sich selbst seiend und ohne Beginn bzw. ohne Ende ist und weil der Kosmos
nicht zur Kategorie der “aus sich selbst Seienden” gezählt werden kann.

Weiterhin muss die Annahme der Möglichkeit einer unendlichen Zurückverfolgung der Ursache der Kontingenten Seienden bzw. das Zurückführen der Existenz von Kontingentem Sein bis in die Unendlichkeit auf ein jeweils vorhergehendes Kontingentes Sein ohne Annahme einer ersten Wirkursache als widervernünftig zurückgewiesen werden. Denn diese Annahme impliziert, dass alle angenommenen Vorgänger nicht aus sich selbst seiend sind, d. h. sie sind verursacht durch Verursacher.
Nach den Regeln der Logik und der Vernunft können diese Vorgänger als Verursachte nicht den ersten Anfang darstellen. Daraus folgt, dass es axiomatisch ein erstes “Notwendiges Sein” geben muss, welches absolut aus sich selbst seiend ist, d. h. es muss eine erste Wirkursache geben, die eine erste Existenz des Kosmos hervorgebracht hat, welcher erst danach als Verursacher bzw. als erster Vorgänger der folgenden Kontingenten Seienden angenommen werden kann.

Weiterhin muss die Annahme “die Existenz des Kosmos beruhe auf fortlaufenden Veränderungen ohne erste Wirkursache” als widervernünftig zurückgewiesen werden. Denn die Behauptung, die Existenz des Kosmos lasse sich erklären durch Veränderung der Materie und des Raumes (sog. Urknall) und die darauffolgende Ausdehnung der Materie im Raum, setzt a priori die Existenz von Materie und Raum voraus, ohne jedoch deren Herkunft zu erklären.
Ebenso fehlt die Erklärung der Ursache für den Urknall und weiterhin fehlt die Erklärung für die Ursache der Dimension Zeit.

Diese Art der Beweisführung (Erklärung der Herkunft der Schöpfung bzw. der Materie durch die als existent angenommene Schöpfung bzw. Materie) ist eine versteckte Form des unzulässigen Zirkelbeweises (Circulus vitiosus).

These b): Die Existenz des Kosmos hat einen Beginn

Die These, der Kosmos habe sich vor seinem jetzigen Daseinszustand der Existenz in einem anderen Daseinszustand der Nicht-Existenz befunden mit gleichzeitiger Negierung einer äußeren Wirkursache, d. h. mit gleichzeitiger Annahme des Nicht-Daseins eines Schöpfers, widerspricht der Vernunft, weil die Annahme der Möglichkeit der Veränderung eines Daseinszustandes ohne äußere Wirkursache vernunftmäßig ausgeschlossen ist. Nach den Regeln der Logik und der Vernunft muss jedes Sein seinen Daseinszustand unverändert beibehalten, wenn es nicht durch einen Veränderer verändert wird und durch ihn in einen neuen Daseinszustand versetzt wird.

Beispiele:

– Eine Waage, die sich im stabilen Gleichgewicht befindet, wird diesen Zustand nach den Regeln der Vernunft (vergleiche physikalische Gesetze) so lange beibehalten, bis eine äußere Wirkursache eine Veränderung herbeiführt.

– Ein Körper, der sich im Weltall bewegt, wird die einmal eingeschlagene Richtung und die Anfangsgeschwindigkeit solange konstant beibehalten, bis eine äußere Wirkursache eine Veränderung herbeiführt (vergleiche Massenträgheitsgesetz).

Eine Veränderung ohne äußeren Einfluss, d. h. ohne Wirkursache, ist bei beiden Beispielen undenkbar.

Zusammenfassung der Vernunftsbeweise von Allaahs Dasein

Die Beweisführung durch Verifizierung bzw. Falsifizierung der aufgestellten Thesen führt mit Gewissheit zu der Feststellung, dass

– es ohne Wirkursache keine erste Existenz und keine ersten Seienden geben kann,

– es einen zeitlichen Beginn für den Kosmos geben muss,

– der Kosmos nicht die Wirkursache seines Selbst, seiner eigenen Existenz, sein kann.

Diese drei durch die Vernunft gewonnenen Erkenntnisse führen unweigerlich zu einer weiteren Wahrheit, nämlich, dass die Existenz einer vom Kosmos unabhängigen und verschiedenen Wirkursache angenommen werden muss, die unveränderlich und unbedingt durch sich selbst seiend, auf sich selbst ruhend, sich selbst genügend und keines Seins außer ihrer selbst bedürfend ist. Diese Erkenntnis bestätigt zweifelsfrei das Dasein von Allaah (ta’aala).

Der weitere Vernunftsbeweis für das Dasein von Allaah (ta’aala) kann durch den teleologischen Beweis erbracht werden.