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Die islamische Haltung in Bezug auf Gesang und Musik


  • Der Gesang ohne Musikinstrumente ist nach den meisten Fiqh-Gelehrten erlaubt. Manche Gelehrte bezeichnen ihn jedoch als eine Soll-Nicht-Handlung (makruuh).
    Imaam Al-ghazzaali schrieb dazu:
    “Weder ein eindeutiger Scharii’ah-Text (nass) noch die analoge Übertragung (qiyaas) weisen auf ein Verbot des Zuhörens von Gesang hin. (…) Nach dem Analogieschluss (stellt man fest), dass der Gesang mehrere Bedeutungen vereinigt, die einzeln und danach gemeinsam betrachtet werden sollen. Denn er beinhaltet das Zuhören einer schönen melodischen Stimme, dessen Inhalt begriffen wird und die das Herz bewegt. So gilt dafür die allgemeine Beschreibung, dass es eine schöne Stimme ist. Die schöne Stimme kann man in Melodische und Nicht-Melodische unterteilen. Das Melodische unterteilt man in Verstandenes wie die Gedichte und in Nicht-Verstandenes wie die Stimmen der Dinge und der Tiere. Das Zuhören einer schönen Stimme, weil es schön ist, darf nicht verboten sein, sondern es ist gemäß den Scharii’ah-Texten und dem Analogieschluss erlaubt. Nach dem Analogieschluss ist es so, weil der Gehörsinn das genießt, was in dessen Bezug steht und was er wahnehmen kann. Denn der Mensch verfügt über einen Verstand und über fünf Sinne. Und jeder Sinn hat seine Wahrnehmung, und unter den Wahrnehmungen des Sinnes gibt es solche, die er genießt. Der Sehsinn genießt die schönen Sichtbarkeiten wie das Grüne, das fließende Wasser und das schöne Gesicht, sowie im Allgemeinen die schönen Farben, die im Gegenteil zu den blassen häßlichen Farben stehen. Der Geruchsinn genießt die schönen Düfte (…) und der Verstand genießt das Wissen und die Erkenntnis, die im Gegenteil zu dem Unwissen und der Dummheit stehen. Genauso sind die durch den Gehörsinn wahrgenommenen Stimmen und Geräusche. Sie teilen sich in Schöne wie die der Singvögel und der Blasinstrumente und in Hässliche wie die Stimme des Esels ein. (…) Auch die Scharii’ah-Texte weisen auf die Erlaubnis des Zuhörens der schönen Stimme hin. (…) Im Hadiith heißt es: “Allaah hat keinen Propheten entsandt, der nicht eine schöne Stimme hatte. (T)”. (…) Der Gesandte (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) lobte Abu-muusa Al-asch’ariy mit den Worten: “Ihm wurde eine Flöte wie die Flöten der Familie Daawuuds gewährt.” (…) Die Melodie kommt an zweiter Stelle nach der Schönheit der Stimme, denn es gibt viele schöne Stimmen ohne Melodie und viele melodische Stimmen, die nicht schön sind. (…) Auch gibt es nichts, was die Handwerker hergestellt haben, ohne dass es dafür ein Beispiel in der Schöpfung gibt. (…) So kann es unmöglich sein, dass das Zuhören dieser Stimmen deshalb verboten sei, weil sie schön und melodisch sind. (…) So müssen analog zur Stimme des Singvogels die Töne bewertet werden, die aus den anderen Körpern stammen wie solche, die aus dem menschlichen Hals oder aus einem Schlaginstrument (Qadiib), einer Trommel (Tabl), einer Rahmentrommel (Daff) oder ähnlichem ertönen. Davon werden nur solche Spiel-, Saiten- und Blasinstrumente ausgenommen, die durch die Scharii’ah verboten wurden. Diese wurden nicht aufgrund ihres Genusses verboten – denn wäre dies so, müsste alles verboten werden, das einen Genuss für den Menschen darstellt – sondern aufgrund des Verbots der Weine. Da die Menschen davon sehr abhängig waren, war es notwendig bei ihrer Entwöhnung strenger vorzugehen, so dass zu Beginn des Weinverbots selbst die Weingefäße zerbrochen wurden. So wurde damit ebenfalls das verboten, was die Trinker dabei zu hören pflegten, nämlich die Saiten- und Blasinstrumente. Ihr Verbot gleicht dem Verbot, mit einer fremden Frau alleine in einem Zimmer zu sein, da dies zum Geschlechtsverkehr führen kann, sowie dem Verbot, die Oberschenkel zu betrachten, da sie mit den Geschlechtsteilen verbunden sind, und dem Verbot, wenig Wein zu trinken, obwohl es nicht zur Trunkenheit führt, weil dadurch die Trunkenheit vorbereitet wird. Es gibt nichts, was für verboten erklärt wurde, ohne dass es dafür eine Sicherheitszone gibt, für welche die gleiche Scharii’ah-Norm vorgesehen ist. (…) Sie (diese Musikinstrumente) sind verboten als Folge des Weinverbots. Dafür gibt es drei Gründe: Erstens weil sie zum Trinken aufgrund des gewonnenen Genusses auffordern. Denn dieser Genuss wird nur durch den Wein vervollständigt, und genau wegen dieses Grundes wurde das Wenige vom Wein ebenfalls verboten. Zweitens weil sie die seit Kurzem entwöhnten Trinker an das Trinkgelage erinnern. (…) Drittens wegen der Versammlung der Frevler um sie. Und da dies zu einer Sitte dieser Frevler wurde, darf man ihnen nicht nachahmen. 1
  • Viele Gelehrte der vier Fiqh-Schulen verbieten Musikinstrumente wie die Saiteninstrumente ‘Uud, Tanbuur, die Schlaginstrumente wie die Trommel und die Blasinstrumente wie Flöte usw.
  • Die Gefährten Ibnu-‘umar, ‘Abdul-laah Bnu-dscha’far, ‘Abdul-laah Bnuz-zubair, Mu’aawiyah und ‘Amru Bnul-‘aas und der Taabi’iy Sa’iid Bnul-musay-yib, Imaam Maalik und die Dhaahiriten haben das Zuhören von Gesang in Begleitung von Instrumenten wie ‘Uud erlaubt.
  • Der Gesang mit erlaubten Inhalten und das Schlagen auf der Rahmentrommel bei der Hochzeitsfeier sind nach der Sunnah erlaubt.
  • Sämtliche Gesänge mit Inhalten, die zum Guten auffordern, sind erlaubt und können von Frauen unter der Bedingung gesungen werden, dass sie dezent erfolgen und die Frauen ihre islamische Bekleidung berücksichtigen.
  • Musik als Therapiemittel zur Behandlungen von psychischen und physischen Krankheiten ist erlaubt.
  • Man stellt fest, dass die Erlaubnis bzw. das Verbot von Gesang und Musik von den Inhalten, von den äußeren Umständen und von den Zielen abhängen. Kinderlieder mit islam-konformen Inhalten im Kindergarten und in der Schule sind z. B. ein gutes didaktisches Mittel zur Unterstützung des Lernens und Vermittlung von Werten. Andererseits ist Gesang mit erotischen Inhalten und Musik, welche sich der Erotik bedient, eindeutig verboten. Ein weiteres wichtiges Merkmal, um von Erlaubnis oder Verbot zu sprechen, ist die Art der Ausführung, ob dezent oder provokant, mit normalen oder mit unangemessenen Lauten wie Stöhnen usw.

Notes:

  1. Siehe dazu „ihyaa-u ’uluumid-diin إحياء علوم الدين“, Bd. 2, S. 268ff.