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Allgemeine Aussagen über die hinabgesandten Schriften


Im Quraan und in der Sunnah sind folgende allgemeine Aussagen belegt:

Alle von Allaah (ta’aala) hinabgesandten Schriften

– wurden als Rechtleitung für die Menschen hinabgesandt;

– wurden durch die Gesandten und Propheten Allaahs unverfälscht übermittelt;

– enthielten die gleiche Botschaft Allaahs an die Menschen, insbesondere die gleiche ‘Aqiidah;

– verkündeten den reinen Tauhiid als die wichtigste Botschaft.

Die Muslime sind der festen Überzeugung, dass alle Aussagen in diesen Schriften, die den genannten Punkten zuwiderlaufen bzw. widersprechen, die Folge menschliche Veränderungen und Entstellungen der übermittelten Originale sind.

Allgemeine Aussagen über at-tauraah und al-indschiil

Besonderheiten von at-tauraah und al-indschiil, die beim Umgang mit diesen Schriften beachtet werden müssen:

– Die den Gesandten und Propheten der Juden, u. a. Muusa und ‘Iisa (‘alaihimus-salaam), ursprünglich hinabgesandten Originaltexte von at-tauraah und al-indschiil sind bedingt durch historische Gegebenheiten, im Gegensatz zum Quraan, nicht mehr komplett vorhanden und auch nicht mehr rekonstruierbar. Alle Texte, Schriftstücke und Fragmente dieser Schriften, die bis heute erhalten sind, können nicht eindeutig auf ihre Quelle, d. h. ihren Empfänger, den jeweiligen Gesandten Muusa oder ‘Iisa (‘alaihimus-salaam) zurückgeführt werden und sind deshalb nicht authentisch.
Die ältesten vollständigen Handschriften des Alten Testaments (A.T.) stammen aus dem 10. Jahrhundert (Kodex von Aleppo) und dem Jahre 1008 (Codex Leningradensis). Einige wenige Fragmente gehen bis ins 9. Jahrhundert zurück und nur ganz wenige Teile sind älter (z. B. die Funde von Kairo und Qumran). Die ältesten vollständigen Handschriften des (von Anfang an) griechisch, d. h. nicht in der Sprache von ‘Iisa geschriebenen Neuen Testament (N.T.), reichten am Beginn des 20. Jahrhundert bis ins 4. Jahrhundert zurück, z. B. Codex Vaticanus (Mitte des 4. Jahrhunderts), Codex Sinaiticus (im 4. Jahrhundert), Codex Alexandrinus (Anfang des 4. Jahrhunderts). Papyrusfunde haben diese Zeitgrenze zurückgeschoben, jedoch enthalten diese Papyri nur kleinere oder größere Fragmente des N. T., z. B. enthält die älteste Handschrift des N.T. (Papyrus 52) nur ein Fragment eines Kapitels eines einzigen Evangeliums.
Die heute als kanonisch geltenden Evangelien (Evangelium von Markus, Matthäus, Lukas und Johannes) wurden erst gegen Ende des 2. Jahrhunderts von einem Gremium der Kirche aus der zu dieser Zeit vorhandenen Vielzahl von Evangelien bzw. Schriften ausgewählt und in den Kanon (Verzeichnis, der als maßgeblich erklärten Schriften des N.T.) aufgenommen. Alle anderen (d. h. die Mehrzahl) nicht als kanonisch erklärten Evangelien und Schriften mussten vernichtet werden. Aus diesem Grund sind nur noch sehr wenige der so genannten apokryphen Evangelien erhalten.
Es ist ein historischer Fakt, dass die Evangelien vor ihrer Kanonisierung noch nicht als unantastbar galten, so dass ihr Inhalt und die darin enthaltene Botschaft je nach Interessen und Meinungen der verschiedenen Glaubensrichtungen durch Interpretationen, Einfügungen, Kommentare usw. verändert wurde. Selbst nach dem Kanon wurden nachweislich weiterhin Veränderungen jeder Art in ihnen vorgenommen:
“Die Kopisten setzen zuweilen nicht das ein, was tatsächlich im Text vorhanden war, sondern was ihrer Meinung nach darin enthalten sein sollte. Sie verließen sich auf ein nicht ganz lückenloses Gedächtnis, oder brachten den Text mit dem Standpunkt der Schule in Einklang, der sie angehörten. Außer den Versionen und Zitaten der Kirchväter wusste man um die Existenz von ca. 4000 griechischen Manuskripten des Testaments, infolgedessen gibt es eine beträchtliche Anzahl von Lesarten.” 1

Ÿ يَٰٓأَهۡلَ ٱلۡكِتَٰبِ لِمَ تَلۡبِسُونَ ٱلۡحَقَّ بِٱلۡبَٰطِلِ وَتَكۡتُمُونَ ٱلۡحَقَّ وَأَنتُمۡ تَعۡلَمُونَ ٧١ 

Ihr Schriftbesitzer! Weshalb vermengt ihr die Wahrheit mit der Falschheit und verschweigt die Wahrheit, während ihr wisst?(!) 2

– Die heutzutage im Umlauf und Gebrauch befindlichen Versionen der jüdischen und christlichen Schriften (Hebräische Bibel, Altes/Neues Testament) beinhalten neben Fragmenten der Originaltexte nachträgliche Einfügungen verschiedener Kopisten, Übersetzer und Schreiber.
Diese Nachträge aus unterschiedlichen Epochen spiegeln das sehr eingeschränkte Gottes-, Menschen- und Weltbild der jeweiligen Zeit wieder und enthalten deshalb zahlreiche Widersprüche, insbesondere in den Attributen Allaahs und Seiner Gesandten und Propheten.

Beispiele aus dem Alten Testament (A.T.):

– Allaah (ta’aala) wird im A.T. wie ein Mensch geschildert, der seine Taten bereut und besiegt wird.

– Der Gesandte Allaahs Ibraahiim (‘alaihis-salaam) wird als Lügner dargestellt, der Prophet Allaahs Luut (‘alaihis-salaam) wird beschuldigt, mit seinen beiden Töchtern Inzest verübt zu haben, und der Prophet Allaahs Sulaimaan (‘alaihis-salaam) wird als Götzenverherrlicher dargestellt.
Solche ungeheuerlichen Aussagen und haltlosen Anschuldigungen sind für die Muslime eindeutige Falschaussagen und Verfälschungen der Originaltexte und als solche mit kufr gleichzustellen.

– Eine exakte Trennung zwischen den göttlichen Texten und den menschlichen Nachträgen ist nicht mehr möglich. Ganz im Gegensatz dazu ist der Quraan frei von jeglichen Hinzufügungen und Widersprüchen:

Ÿأَفَلَا يَتَدَبَّرُونَ ٱلۡقُرۡءَانَۚ وَلَوۡ كَانَ مِنۡ عِندِ غَيۡرِ ٱللَّهِ لَوَجَدُواْ فِيهِ ٱخۡتِلَٰفٗا كَثِيرٗا ٨٢ 

Denken sie etwa nicht über den Quraan nach?(!) Wäre er von einem anderen als Allaah, gewiss hätten sie darin viele Widersprüche gefunden. 3

Notes:

  1. John R. Dummelow, A Commentary on the Holy Bible, S.16, New York: Macmillan 1909
  2. Quraan (3:71)
  3. Quraan (4:82)