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Die Fiqh-Schulen (al-madhaahibul-fiqhiy-yah المذاهب الفقهية)


Einführung

  • Wie aus der Bezeichnung “al-madhaahibul-fiqhiyyah المذاهب الفقهية (madh-hab مذهب, wörtlich “Gang, Weg”) ersichtlich wird, handelt es sich bei den Fiqh-Schulen – im Westen inkorrekt “islamische Rechtsschulen” genannt – lediglich um Schulen, die auf dem Quraan (القرآن), der Sunnah (السنة), dem Konsens der Gelehrten (al-idschmaa’ الإجماع) und dem Analogieschluss (al-qiyaas القياس) basieren, jedoch aufgrund der individuell unterschiedlichen Verfahrensweisen und Methoden zur Favorisierung einer Bedeutung aus den mehrdeutigen Texten sowie der verschiedenen Denkansätze der jeweiligen Gelehrten bei der Anwendung fachspezifischer Regeln und mehrdeutiger Sprachregeln zur Ableitung von Normen und Regeln aus den spezifischen Scharii’ah-Quellen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Die Fiqh-Schulen repräsentieren damit lediglich Lehrmeinungen in Fiqh-Fragen auf der Basis von Variationen der Methodologie, d. h. Variationen der wissenschaftlichen Verfahrensweise zur Ableitung von Scharii’ah-Normen für das praktische Handeln im Alltag.
  • Die Fiqh-Normen umfassen sowohl die Aussagen des Mündigen nach dem Islam, als auch seine Handlungen und Verträge. Diese Normen teilt man gewöhnlicherweise in ah-kaamul-‘ibaadaat أحكام العبادات (Modalitäten des rituellen Handlungen: Gebet, Fasten, Zakaah, Pilgerfahrten, Gelübde, Schwüre, Kaf-faaraat, etc.) und ah-kaamul-mu’aamalaat أحكام المعاملات (Ernährungs- und Bekleidungsgebote, Ehe, Scheidung, Erbschaft, Abstammung, Unterhalt, Kauf-, Miet-, Pfand-, Garantie-, kommerzielle Partnerschafts- und Darlehensverträge, Gerichtsbarkeit, Sanktionen, Staatsnormen, Internationales Recht, Zoll, Finanzen, Steuern, Moralwerte, etc.)
  • In Bezug auf die Verpflichtung zur Umsetzung einer Fiqh- bzw. Scharii’ah-Norm teilt man diese Normen in ah-kaamu qadaa’ أحكام قضاء (Gerichtsurteile) und ah-kaamu diyaanah أحكام ديانة (Fatwa eines Mufti/ Gelehrten) ein.

Gerichtsurteile sind im Gegensatz zu Fatwas immer verbindlich und werden ausschließlich durch die Staatsgewalt exekutiert. Eine Fatwa appelliert in der Regel an das Gewissen des Fatwa-Erfragenden und hat jenseitige Dimensionen, während ein Gerichtsurteil auf Basis überprüfbarer Fakten gründet und diesseitige Dimensionen hat, die von der Verantwortung im Jenseits nicht befreien. Der Gesandte Muhammad (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte:

إِنَّمَا أَنَا بَشَرٌ وَإِنَّكُمْ تَخْتَصِمُونَ إِلَيَّ وَلَعَلَّ بَعْضَكُمْ أَنْ يَكُونَ أَلْحَنَ بِحُجَّتِهِ مِنْ بَعْضٍ فَأَقْضِي عَلَى نَحْوِ مَا أَسْمَعُ فَمَنْ قَضَيْتُ لَهُ مِنْ حَقِّ أَخِيهِ شَيْئًا فَلَا يَأْخُذْهُ فَإِنَّمَا أَقْطَعُ لَهُ قِطْعَةً مِنْ النَّارِ.

“Ich bin doch nur ein Mensch und ihr verklagt einander bei mir und vielleicht kann der eine von euch seine Beweise besser vortragen als der andere, dann urteile ich nach dem, was ich hörte. Sollte ich jedoch jemandem etwas vom Recht seines Bruders geben, dann darf er es nicht annehmen, denn damit habe ich ihm nur ein Stück vom Feuer übergeben.” (B, M, T, N, I, A, AH, Maalik)

  • Der Fachbereich “Fiqh-Wissenschaft” bzw. die in ihm entstandenen “Fiqh-Schulen” können und dürfen auf keinen Fall als “Glaubensrichtungen im Islam oder islamische Sekten oder gar Konfessionen” bezeichnet werden, da sich dieser Fachbereich expressis verbis nicht mit den grundlegenden Iimaan-Inhalten, den so genannten “Glaubenswahrheiten” des Islam beschäftigt.
  • Die Fiqh-Normen werden von weiblichen und männlichen qualifizierten Gelehrten aus den Scharii’ah-Texten (Quraan und Sunnah) abgeleitet. Diese Gelehrten nennt man Mudschtahid (männlich) bzw. Mudschtahidah (weiblich). Zur Qualifikation dieser Gelehrten gehört: das Erreichen der Geschlechtsreife, die Zurechnungsfähigkeit, die Vertrauenswürdigkeit, Redlichkeit und Geradlinigkeit (al-‘adaalah العدالة), das Fiqh-Talent, das Wissen über die Idschmaa’-Fälle, die Beherrschung von Usuulul-fiqh, das Wissen über den Quraan und seine Wissenschaftsdisziplinen und insbesondere über die Verse der Normen (aayaatul-ah-kaam آيات الأحكام), über das Abrogierte und Abrogierende (an-naasich und al-mansuuch الناسخ والمنسوخ) und über die Hinabsendungsanlässe (asbaabun-nuzuul أسباب النزول), das Wissen über die Sunnah und deren Überlieferungen und Disziplinen (z. B. fundierte Kenntnis der Sahiih-Bücher beider Imaame Al-buchaari und Muslim und der Sunnah-Sammlungen der Imaame At-tirmidhi, Abu-dawuud, Ibnu-maadschah, An-nasaaiy, Ahmad Bnu-hanbal, Al-haakim, Al-baihaqiy, Ad-daarimi, Ad-daaraqutni, der Sahiih– und Da’iif-Hadiithe und der Kunst der Tradentenkritik und der Geschichte) sowie die Beherrschung der Künste und Disziplinen der arabischen Sprache.
  • Die Anerkennung oder Ablehnung als ein Mudschtahid-Gelehrter bzw. eine Mudschtahid-Gelehrte erfolgt bei den Muslimen nicht durch eine Instanz oder Behörde, sondern er/sie muss sich durch seine Arbeit, seine Werke und sein Verhalten beweisen und im offenen Diskus und in öffentlicher Auseinandersetzung mit den anderen Gelehrten bestehen.

 Die historische Entwicklung der Fiqh-Wissenschaft

 1. Phase:

(Periode des Gesandten Muhammad sallal-laahu ‘alaihi wa sallam, gestorben 11 n. H.)

  • Zu Lebzeiten des Gesandten lag die Autorität zur Erläuterung und zum Erlass von Scharii’ah-Normen einzig in seiner Person. Seine Anordnungen waren verbindlich für alle Muslime, hatten Gesetzescharakter und wurden von den Muslimen beachtet, akzeptiert und umgesetzt.
  • Im Laufe der Zeit wuchs die islamische Gemeinde. Die Folge war, dass sich nicht alle Muslime ständig in unmittelbarer Nähe des Gesandten aufhalten konnten, um ihn in bestimmten Situationen des täglichen Lebens und in Zweifelsfällen nach der islam-konformen Verhaltensweise zu fragen. Dies war außerdem zwangsläufig der Fall bei Personen, die sich auf Reisen befanden oder weit entfernt von Makkah und Madiinah wohnten.
  • Da es im Alltag immer wieder Situationen gab, die ein sofortiges Handeln erforderten, begannen die Muslime bereits zu Lebzeiten des Gesandten in diesen Fällen selbstständig Idschtihaad zu praktizieren, d. h. sie bildeten sich ihr eigenes Urteil unter Berücksichtigung aller ihnen bekannten Quraan-Texte und Empfehlungen des Gesandten und handelten danach. Bei späteren Zusammentreffen mit dem Gesandten erstatteten sie ihm dann Bericht über ihre selbstständig gefällten Entscheidungen, woraufhin der Gesandte den jeweiligen Einzelfall beurteilte und die Entscheidungen der Muslime entweder bestätigte oder aber korrigierte.
  • Ein Verbot des Idschtihaad (der Selbsturteilsfindung) durch “normale” Muslime wurde vom Gesandten jedoch niemals ausgesprochen, auch nicht bei gravierenden Fehlentscheidungen.

2. Phase:

(Periode der Gefährten des Gesandten bis zum Ende des dritten Hidschri-Jahrhunderts)

  • Mit dem Tod des Gesandten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) verlor die islamische Gemeinde ihre Autorität zur Erläuterung und zum Erlass von Scharii’ah-Normen sowie ihren Ratgeber bei allen Fragen und Problemen des Alltags. Da jedoch auch weiterhin neue Probleme gelöst werden mussten, praktizierten die Gefährten des Gesandten den Idschtihaad weiterhin und entwickelten ihn systematisch weiter. Die wichtigsten Schulen unter den Gefährten des Gesandten waren die Fiqh-Schulen von ‘Aischah عائشة (gest. 58/678), von ‘Abdul-laah Bnu-mas’uud عبد الله بن مسعود (gest. 32/653), von ‘Abdul-laah Bnu-‘abbaas عبد الله بن عباس (gest. 68/687), von ‘Abdul-laah Bnu-‘umar عبد الله بن عمر (gest. 73/693) und von Zaid Bnu-thaabit زيد بن ثابت (gest. 45/665).

    Unter ihren Schülern wurden bekannt Imaam Sa’iid Bnul-musaiyib سعيد بن المسيب (gest. 94/713), Imaam Al-qaasim Bnu-muhammad Bnu-abi-bakr القاسم بن محمد بن أبي بكر (gest. 107/725), Imaam ‘Urwah Bnuz-zubair عروة بن الزبير (gest. 94/713), Imaam Chaaridschah Bnu-zaid Bnu-thabit خارجة بن زيد بن ثابت (gest. 99/718), Imaam Sulaimaan Bnu-yasaar سليمان بن يسار (gest. 107/725), Imaam ‘Ubaidul-laah Bnu-‘abdil-laahعبيد الله بن عبد الله (gest. 98/717), Imaam Abu-salamah Bnu-‘abdir-rahmaani Bnu-‘auf أبو سلمة بن عبد الرحمن بن عوف (gest. 94/713), Imaam Saalim Bnu-‘abdil-laah Bnu-‘umar سالم بن عبد الله بن عمر (gest. 106/724), Imaam Dschabir Bnu-zaid جابر بن زيد (gest. 93/711), Imaam Ibraahiim An-nach’iy إبراهيم النخعي (gest. 96/715), Imaam Al-hasan Al-basriyالحسن البصري (gest. 110/728), Imaam Zaid Bnu-‘aliy زيد بن علي (gest. 122/740), Imaam Dscha’far Assaadiq جعفر الصادق (gest. 148/765), Imaam Al-auzaa’iy الأوزاعي (gest. 157/774) und Imaam Al-laithu Bnu-sa’d الليث بن سعد (gest. 175/791), etc.

    Die Lehrmeinungen dieser Gelehrten werden bis heute bei wissenschaftlichen Arbeiten berücksichtigt.

  • Die Entscheidung zur Beibehaltung der Idschtihaad-Praxis in dieser Zeit war indirekt die Ursache für die Entstehung der Fiqh-Wissenschaft und folglich der Fiqh-Schulen. Zwei wichtige Gründe gaben den Ausschlag für diese Entscheidung:

    –     Nach dem Tod des Gesandten kam es in relativ kurzer Zeit zu einer enormen Expansion des islamischen Reiches. Dies hatte zur Folge, dass die noch junge islamische Gemeinde erstmals mit neuen Gesellschaftssystemen und fremden Wertvorstellungen konfrontiert wurde. Bei der Bewältigung des Alltags unter dem Einfluss dieses neuen Umfeldes wurden Problembereiche berührt und Fragen aufgeworfen, die zu Lebzeiten des Gesandten nicht bekannt waren und für die deshalb auch keine Lösungsansätze vorgegeben waren, für die jedoch dringender Entscheidungs- bzw. Handlungsbedarf von Seiten der Muslime bestand.

    –    Innerhalb der islamischen Gemeinde und auch unter den Gefährten des Gesandten war der Kenntnisstand über die Entscheidungen und die Sunnah des Gesandten sehr unterschiedlich, weil sich nicht alle Gefährten ständig in unmittelbarer Nähe des Gesandten aufgehalten hatten und somit nicht alle Scharii’ah-Normen oder Empfehlungen kennen konnten und die Möglichkeiten zur Behebung vorhandener Wissenslücken über die Sunnah zur damaligen Zeit eingeschränkt waren, wegen der noch nicht komplett vorhandenen schriftlichen Aufzeichnung der Sunnah und wegen fehlender Möglichkeiten anderweitiger Informationsbeschaffung.

  • Die nun folgende Entwicklung der Praxis des Idschtihaad vollzog sich in den verschiedenen Regionen des islamischen Reiches sehr unterschiedlich, da die Gefährten des Gesandten, bedingt durch die gravierenden politischen Veränderungen, nicht mehr an einem Ort (Madiinah bzw. Makkah) zusammenlebten, an dem sie sich jederzeit austauschen konnten, sondern verstreut in teilweise weit voneinander entfernten Gebieten. Wegen des individuell sehr unterschiedlichen Wissensstandes über die Sunnah, der geographischen Entfernungen und der eingeschränkten Möglichkeiten für einen Informationsaustausch sowie aufgrund der verschiedenen gesellschaftlichen Bedingungen vor Ort entwickelten sie jeweils unterschiedliche Idschtihaad-Methoden.
  • Erwähnenswert sind die beiden wichtigsten zeitgleich entstandenen Schulen, die unterschiedliche Methodologien entwickelten; die Hadiith– und die Ar-ra-i Schule:
    Die Hadiith-Schule (ahlul-hadiith أهل الحديث)
    Sie entwickelte sich auf der arabischen Halbinsel. Da die Bevölkerung in dieser Region nicht so großen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen ausgesetzt war, der Einfluss fremder Gesellschaftssysteme relativ gering und die räumliche Nähe zu den Zeitzeugen des Gesandten bzw. den Mitgliedern der ersten islamischen Gemeinde gegeben war, wurden in diesem Gebiet für die Praxis des Idschtihaad und somit für die Entwicklung des Fiqh fast ausschließlich die Hadiithe des Gesandten herangezogen.Schule der eigenständigen Meinung (ahlur-ra-i أهل الرأي)
    Sie entwickelte sich vor allem in Kufa im Irak. Die Muslime in dieser Region lebten in einer von fremden kulturellen und gesellschaftlichen Einflüssen dominierten Umgebung. Da die Anzahl der Gefährten des Gesandten dort wesentlich geringer war als auf der arabischen Halbinsel, waren die Kenntnisse über die Sunnah entsprechend geringer bzw. unsicherer. Zur Kompensation dieser Lücke wurde in diesem Gebiet für die Praxis des Idschtihaad und somit für die Entwicklung des Fiqh in größerem Maße logisches Denken und Analogieschluss (al-qiyaas) verwendet.
  • Im Laufe der Zeit verringerten sich die Unterschiede zwischen beiden Schulen, weil nach der Sammlung und schriftlichen Aufzeichnung der Hadiithe des Gesandten und deren Verbreitung im islamischen Kulturraum die Informationsdefizite, welche die Unterschiede mit verursacht hatten, größtenteils behoben waren.
  • In dieser Phase entwickelte sich der Fiqh zu einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin.
  • Unter den vielen hervorragenden islamischen Gelehrten, die als Experten in diesem Fachbereich forschten und lehrten, erlangten vor allem die im Folgenden aufgeführten Gelehrten historische Bedeutung. Die von ihnen vertretenen Lehrmeinungen zu Fiqh-Fragen konnten sich als Fiqh-Schulen in der islamischen Welt etablieren:

    Imaam An-nu’maan Bnu-thaabit (80/699 – 150/767)

    Er ist bekannt unter dem Beinamen Abu-haniifah أبو حنيفة, afghanischer Abstammung und wird auch Al-imaamul-a’dham الإمام الأعظم (der größte Imaam) genannt. Er etablierte die Ra-i-Schule. Nach ihm ist die Hanafiitische Fiqh-Schule benannt, welcher viele Muslime heute angehören: Türken, Bosnier, Albaner, Pakistani, Inder, Bengalen und viele Araber sowie Muslime in den ehemaligen Sowjetrepubliken. Zu seinen wichtigsten Schülern gehören Imaam Abu-yuusuf أبو يوسف (113/731 – 182/798) bekannt als Richter aller Richter (qaadil-qudaat قاضي القضاة) unter dem Chaliifah Haaruun Ar-raschiid, Imaam Muhammad Bnul-hasan Asch-schaibaaniy محمد بن الحسن الشيباني (132/750 – 189/805), Imaam Zufar Bnu-hudhail زُفر بن الهذيل (110/728 – 158/775) und Imaam Al-hasan Bnu-ziyaad الحسن بن زياد (gest. 204/819).

    Die Fiqh-Methodologie der Hanafiiten basiert auf dem Quraan, der Sunnah, dem Konsens der Idschtihaad-Gelehrten (al-idschmaa’ الإجماع), den Fatwas der Gefährten/innen des Gesandten und ihrer bekannten Schüler/innen (at-taabi’uun التابعون), , dem Analogieschluss (al-qiyaas القياس) und der Unterlassung des Analogieschlusses zugunsten einer begründeten Ausnahme (al-istihsaan الإستحسان).

    Imaam Maalik Bnu-anas (93/712 – 179/795)

    Genannt “Imaamul-madiinah (der Imaam von Madiinah)”. Er vertritt in seinen Werken beide o. g. Schulen aber vorrangig die Hadiith-Schule. Nach ihm ist die Maalikiitische Fiqh-Schule benannt, der vor allem die Nordafrikaner: Marokkaner, Tunesier, Algerier und ein Großteil der afrikanischen Muslime, sowie Muslime im Arabischen Golf angehören. Zu seinen wichtigsten Schülern gehören Imaam Abdur-rahmaan Bnul-qaasim عبد الرحمن بن القاسم (gest. 191/807), Imaam Abdul-laah Bnu-wahab عبد الله بن وهب (125/743 -197/813), Imaam Asch-hab Bnu-‘abdil-‘aziiz al-qaisiyiأشهب بن عبد العزيز القيسي (150/767 – 204/820), Imaam ‘Abdul-laah Bnul-hakam عبد الله بن الحكم (gest. 214/829), Imaam ‘Aliy Bnu-Ziyaad At-tuunusiy علي بن زياد التونسي (gest. 183/799), Imaam Ziyaad Bnu-‘abdir-rahmaan Al-qurtubiy bekannt als Schabtuun زياد بن عبد الرحمن القرطبي الملقب بشطبون (gest. 212/827) und Imaam Asadu Bnul-furaat أسد بن الفرات (145/762 – 213/828).

    Die Fiqh-Methodologie der Maalikiiten basiert auf dem Quraan, der Sunnah, den Fatwas der Gefährten/innen des Gesandten und ihrer bekannten Schüler/innen (at-taabi’uun التابعون), dem Konsens der Idschtihaad-Gelehrten (al-idschmaa’ الإجماع), dem Analogieschluss (al-qiyaas القياس), dem Handeln der Madiinah-Bewohner (‘amalu ah-lil-madiinah عمل أهل المدينة), der Scharii’ah der früheren Gesandten (schar’u man qablana شرع من قبلنا), der Unterlassung des Analogieschlusses zugunsten einer begründeten Ausnahme (al-istihsaan الإستحسان), der scharii’ah-konformen aber durch die Scharii’ah weder gebotenen noch verbotenen Normen (al-masaalihul-mursalah المصالح المرسلة), dem Verbot von Handlungen bzw. Normen, die formal scharii’ah-konform sind jedoch zu einem Verbot führen (baabu sadudh-dharaa-i’ باب سد الذرائع), der Berücksichtigung der scharii’ah-konformen Sitten und Gewohnheiten (al-‘urfu wal-‘aadah العرف والعادة), dem Fortbestehen einer Norm, solange ihre Annullierung nicht belegt ist (al-istis-haab
    الإستصحاب), der Berücksichtigung einer anderen Meinung bei mancher ihrer Folgen, obwohl der Gelehrte selbst in der gleichen Frage einen anderen Standpunkt vertritt, der zu einem gegenseitigen Ergebnis führen würde (muraa’aatul-chilaaf مراعاة الخلاف).

    Imaam Muhammad Bnu-idriis Asch-schaafi’iy (150/767 – 204/820)

    Seine Lehrer waren u. a. Imaam Maalik sowie ehemalige Schüler von Imaam Abu-haniifah. Er zählt mehr zur Hadiith-Schule. Nach ihm ist die Schaafi’iitische Fiqh-Schule benannt, der vor allem die Muslime in Indonesien, Malaysia, Ägypten, viele in Indien und in den arabischen Ländern und den Golfstaaten angehören. Zu seinen wichtigsten Schülern gehören Imaam Al-hasan Az-za’faraaniy الحسن الزعفراني (gest. 260/874), Imaam Al-buwaitiy البويطي (gest. 231/846), Imaam Abu-bakr Al-humaidiy أبو بكر الحميدي (gest. 219/834), Imaam Abu-thaur أبو ثور (gest. 240/854), Imaam Al-husain Bnu-‘aliy Al-karabisiyالحسين بن علي الكرابيسي (gest. 245/859) Imaam Ismaa’iil Bnu-yahya Al-muzaniy إسماعيل بن يحيى المزني (gest. 264/878), Imaam Ar-rabi’ul Bnu-sulaimaan Al-muraadiy الربيع بن سليمان المرادي (gest. 270/883), Imaam Harmalah Bnu-yahya حرملة بن يحيى (gest. 266/880) und Imaam Muhammad Bnu-‘abdil-laah Bnul-hakam محمد بن عبد الله بن الحكم (gest. 268/882).

    Die Fiqh-Methodologie der Schaafi’iiten basiert auf dem Quraan, der Sunnah, den Fatwas der Gefährten/innen des Gesandten, dem Konsens der Idschtihaad-Gelehrten (al-idschmaa’ الإجماع) und dem Analogieschluss (al-qiyaas القياس). Sie lehnen folgende Modi ab: das Handeln der Madiinah-Bewohner (‘amalu ah-lil-madiinah عمل أهل المدينة), die Scharii’ah der früheren Gesandten (schar’u man qablana شرع من قبلنا), die Unterlassung des Analogieschlusses zugunsten einer begründeten Ausnahme (al-istihsaan الإستحسان) und die scharii’ah-konformen aber durch die Scharii’ah weder gebotenen noch verbotenen Normen (al-masaalihul-mursalah المصالح المرسلة).

    Imaam Ahmad Bnu-hanbal (164/780 – 241/855)

    Einer seiner wichtigen Lehrer war Imaam Asch-schaafi’iy. Er wird eindeutig zur Hadiith-Schule gezählt. Nach ihm ist die Hanbaliitische Fiqh-Schule benannt, der vor allem Muslime in Saudi Arabien und eine Minderheit in Syrien und Palästina angehören. Zu seinen wichtigsten Schülern gehören seine Kinder Saaliصالح (gest. 266/880) und ‘Abdul-laah عبد الله (gest. 290/903), Imaam Al-athram الأثرم (gest. 273/886), Imaam ‘Abdul-malik Al-maimuuni عبد الملك الميموني (gest. 274/887), Imaam Abu-bakr Al-mar-ruudhiy المـَرُّوذي (gest. 275/888), Imaam Harb Bnu-ismaa’iil حرب بن إسماعيل (gest. 280/893) und Imaam Abu-ishaaq Al-harbiy إسحاق الحربي أبو (gest. 285/898).

    Die Fiqh-Methodologie der Hanbaliiten basiert auf dem Quraan, der Sunnah, den Fatwas der Gefährten/innen, dem Konsens der Gelehrten (al-idschmaa’الإجماع ), der Berücksichtigung von Ahaadiith Mursalah 1 الأحاديث المرسلة und der Verwendung des Analogieschlusses (al-qiyaas القياس) nur als letzte Möglichkeit.

    Imaam Zaid Bnu-‘aliy (80/699 – 122/740)

    Sein wichtigster Lehrer war sein Bruder Muhammad Al-baaqirمحمد الباقر, einer der Imaame der 12-Schi’ah. Nach ihm ist die Fiqh-Schule der Zaidiy-yah benannt, der viele Muslime in Yemen seit 288/901 bis heute angehören. Geprägt wurde diese Schule insbesondere durch Imaam Al-haadi Yahya Bnul-husain الهادي يحيى بن الحسين (220/835 – 298/ 911), der Imaam Zaid in vielen Fiqh-Meinungen nicht folgt. Viele bezeichnen diese Schule als die Fünfte Fiqh-Schule.

    Zu den wichtigsten Schülern von Imaam Zaid gehören Imaam Schu’bah Bnul-hadschaadsch شعبة بن الحجاج (85/704 – 160/777) und ‘Amru Bnu-chaalid Al-waasitiy عمرو بن خالد الواسطي. Imaam Zaid wird auch das älteste Fiqh-Buch namens “al-madschmuu’ المجموع” zugeschrieben. Er gibt Imaam ‘Aliy Bnu-abi-taalib (radial-laahu ‘anhu) den Vorrang vor allen anderen Gefährten des Gesandten, ohne Abu-bakr und ‘Umar (radial-laahu ‘anhuma) abzuerkennen.

    Die Fiqh-Methodologie der Zaidiy-yah ähnelt der Hanafiitischen Schule und unterscheidet sich von den bekannten sunnitischen Schulen nur in wenigen Fragen wie durch das Verbot der Benetzung der Schuhe, Verbot des Geschlachteten durch Nicht-Muslime, Verbot der Verehelichung mit nicht-muslimischen Frauen. Ihre Methodologie basiert auf dem Quraan, der Sunnah, dem Idschtihaad, dem Analogieschluss (al-qiyaas القياس), der Unterlassung des Analogieschlusses zugunsten einer begründeten Ausnahme (al-istihsaan الإستحسان), der scharii’ah-konformen aber durch die Scharii’ah weder gebotenen noch verbotenen Normen (al-masaalihul-mursalah المصالح المرسلة) und dem Fortbestehen einer Norm, solange ihre Annullierung nicht belegt ist (al-istis-haab الإستصحاب).

    Imaam Dscha’far As-saadiq (80/699 – 148/765)

    Sein wichtigster Lehrer war sein Vater Muhammad Al-baaqir محمد الباقر. Sein Ururgroßvater war Abu-bakr (radial-laahu ‘anhu), er hat ihn und ‘Umar (radial-laahu ‘anhu) stets gegen Kritiker und Angreifer verteidigt. Nach ihm werden die 12-Schi’ah auch als Dscha’fariy-yahالجعفرية bezeichnet, der viele Muslime in Iran, Irak, Aserbaidschan und Libanon und wenige in Syrien, Saudi Arabien, Afghanistan und Pakistan angehören.

    Die Fiqh-Methodologie der Dscha’fariy-yah steht dem schaafi’iitischen Fiqh nahe und basiert auf dem Quraan, der Sunnah (jedoch nur Überlieferungen über ihre Imaame), dem Idschtihaad, dem Konsens der Gelehrten bei der Bestätigung eines ihrer Imaame (al-idschmaa’الإجماع ) und dem durch die ‘Illah begründeten Analogieschluss (al-qiyaas القياس). Ihre Unterschiede zu sunnitischen Fiqh-Schulen sind eher im politischen Bereich begründet. Sie unterscheiden sich von den Sunniten im Fiqh in ca. 17 Fragen, insbesondere durch die Erlaubnis der Zeitehe, die Verpflichtung zur Bezeugung der Scheidung, Verbot des Geschlachteten durch Nicht-Nuslime, Verbot der Verehelichung mit nicht-muslimischen Frauen, Verbot der Benetzung der Schuhe sowie die Benetzung und nicht Waschung der Füße bei der rituellen Gebetswaschung.

    Imaam Dschabir Bnu-zaid (21/639 – 93/711)

    Zu seinen Lehrern gehören Gefährten des Gesandten wie ‘Aischah, Ibnu-‘abbaas und Ibnu-‘umar. Er gilt als Begründer der Ibaadiy-yah- Fiqh-Schule, die nach Taabi’i ‘Abdul-laah Bnu-ibaaعبد الله بن إباض (gest. 80/699) benannt ist. Ihr gehören die meisten Muslime in Oman und wenige in Nordafrika an. Sie werden fälschlicherweise als Chawaaridsch خوارج bezeichnet, was sie selbst mit aller Schärfe zurückweisen.

    Die Fiqh-Methodologie der Ibaadiy-yah basiert wie bei allen anderen Fiqh-Schulen auf dem Quraan, der Sunnah, den Fatwas der Gefährten/ innen des Gesandten und ihrer bekannten Schüler/innen (at-taabi’uun التابعون), dem Konsens der Idschtihaad-Gelehrten (al-idschmaa’ الإجماع), dem Analogieschluss (al-qiyaas القياس), der Unterlassung des Analogieschlusses zugunsten einer begründeten Ausnahme (al-istihsaan الإستحسان), der scharii’ah-konformen aber durch die Scharii’ah weder gebotenen noch verbotenen Normen (al-masaalihul-mursalah المصالح المرسلة) und dem Fortbestehen einer Norm, solange ihre Annullierung nicht belegt ist (al-istis-haab الإستصحاب). Die Anhänger der Ibaadiy-yah unterscheiden sich von den sunnitischen Schulen in wenigen Fragen wie das Verbot der Benetzung der Schuhe, Nicht-Heben der Hände bei Takbiiratul-ihraam zu Beginn des rituellen Gebets, Annullierung des rituellen Fastens desjenigen, der das Fasten im Dschanaabah-Zustand beginnt und Verbot der Verehelichung unter Kindern.

  • Die von diesen hervorragenden Gelehrten entwickelten Lehrmeinungen in der Fiqh-Disziplin stellen keineswegs die einzigen Lehrmeinungen auf diesem Gebiet dar, sondern sind das Ergebnis einer historischen Entwicklung.
  • Die Tatsache, dass sich die Fiqh-Schulen dieser Imaame (Maalik, Abu-haniifah, Asch-schaafi’iy, Ibnu-hanbal, Zaid, Dscha’far und Dschabir) gegenüber den Lehrmeinungen der anderen durchgesetzt und etabliert haben, beruht auf dem Umstand, dass diese Gelehrten über eine relativ große Anzahl Schüler und Anhänger verfügten, die ihre Lehrmeinungen und Methodologien schriftlich dokumentierten, kommentierten und weiterentwickelten und somit einer sehr breiten Öffentlichkeit zugänglich machten.
  • Da in diesen so entstandenen Werken die Scharii’ah-Normen nach einer bestimmten Methodik zu finden sind, empfindet die Allgemeinheit der Muslime dies als Erleichterung zum Verständnis dieser Normen.

3. Phase:

(Vom Ende des dritten Hidschri-Jahrhunderts bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches Mitte des 13. Hidschri-Jahrhunderts)

Etablierung der Fiqh-Schulen mit anfänglich großen, auf wissenschaftlicher Ebene geführten Auseinandersetzungen unter ihren Anhängern und Gelehrten, die jedoch nicht im ausreichenden Maße zur dringend gebotenen Weiterentwicklung bzw. Anpassung des Fiqh und seiner abgeleiteten Normen an die veränderten Verhältnisse in der islamischen Welt führten.

4. Phase:

(Zerfall des Osmanischen Reiches ab Mitte des 13. Hidschri-Jahrhunderts bis heute)

Derzeit dominieren in der islamischen und insbesondere der arabischen Welt zwei Meinungen:

  • Gelehrte, die an der Methodik der vier Fiqh-Schulen (und anderer schi’iitischer Gelehrter) festhalten und verlangen, dass alle Muslime einer der etablierten Fiqh-Schulen angehören sollen.
  • Gelehrte der so genannten Salafiy-yah-Richtung, welche die Muslime dazu auffordern, die früheren Gelehrten nicht nachzuahmen, sondern direkt die Quellen zu berücksichtigen. Tatsache ist jedoch, dass die Anhänger dieser Richtung in den meisten Fällen und Fiqh-Fragen nach der Hanbaliitischen Fiqh-Schule vorgehen und im Vergleich zu den Anhängern der ersten Meinung eigentlich eine sehr kleine Minderheit darstellen.

In diesem Buch werden insbesondere die vier Fiqh-Schulen berücksichtigt und insbesondere darunter die beiden im deutschsprachigen Raum stark vertreten Schulen, die Hanafiitische und Schaafi’iitische.

Bemerkung:

Wer nicht selbst dazu in der Lage ist, die Normen direkt aus den Scharii’ah-Belegen abzuleiten, soll sich einer bekannten Fiqh-Schule anschließen. Man darf diese Fiqh-Schule auch wechseln, wenn man eine andere Fiqh-Schule für kompetenter erachtet.

In bestimmten Einzelfragen kann man auch andere Fiqh-Schulen befolgen, mit der Bedingung, dass man nicht ausschließlich nach den Ausnahmeregelungen sucht, sonst wird man als Frevler bzw. Missetäter (Faasiq) angesehen.

Rituelle Handlungen wie die rituelle Gebetwaschung, das rituelle Gebet, das rituelle Fasten, etc., soll man komplett nach einer Fiqh-Schule vollziehen und einhalten, um nicht in Widersprüche zu geraten.

Hadiithe, bei deren Tradierungsketten der Gefährte des Gesandten fehlt.

Notes:

  1. Hadiithe, bei deren Tradierungsketten der Gefährte des Gesandten fehlt.