Die unabdingbaren Vertragsbestandteile eines Salam-Vertrags sind:
- Die Vertragsparteien (al-‘aaqidaan العاقدان)
- Die Form (as–siighah الصيغة)
- Das Kapital bzw. der Preis, d. h. die vorausgezahlte Summe (ra’su maalis-salam رأس مال السلم)
- Das Vertragsobjekt (al-muslam fiih المسلم فيه ), d. h. die Leistung zu der sich der Schuldner verpflichtet
Für diese unabdingbaren Vertragsbestandteile des Salam-Vertrags gibt es allgemeine und spezifische Bedingungen.
Da der Salam-Vertrag eine Sonderform des Bay’-Vertrags ist, gelten für seine unabdingbaren Vertragsbestandteile die gleichen allgemeinen Bedingungen des Bay’-Vertrags.
Die Vertragsparteien des Salam-Vertrags
Vertragsparteien sind die beiden Vertragspartner, der Kapitalgeber, auch als Gläubiger (Al-muslim المسلم) bezeichnet, der einen Preis für eine genau spezifizierte aber später zu liefernde Ware im Voraus entrichtet, und der Empfänger dieser Vorauszahlung, auch Schuldner (Al-muslam ilaihi المسلم إليه) genannt, der sich für den im Voraus entrichteten Preis verpflichtet, diese genau spezifizierte Ware nach einer bestimmten vereinbarten Frist auszuliefern.
Sowohl für den Gläubiger als auch für den Schuldner gelten die gleichen Bedingungen, die für die Vertragsparteien bei dem Bay’-Vertrag bestimmt wurden, jedoch mit folgender Ausnahme:
Im Gegensatz zum Bay’-Vertrag darf bei dem Salam-Vertrag nach allen Fiqh-Gelehrten auch ein Blinder als eine der Vertragsparteien fungieren. Dies wird damit begründet, dass die Ware im Moment der Vertragssitzung nicht vorhanden ist und der Salam-Vertrag ohnehin unter Berücksichtigung seiner Spezifikationen erfolgt. Bei der Entgegennahme der spezifizierten Ware beauftragt der Blinde bei Bedarf eine sehende Person, die per Augenschein feststellen kann, ob der Ist-Zustand der Ware sich mit dem zuvor bei der Vertragssitzung vereinbarten Soll-Zustand deckt.
Die Vertragsform des Salam-Vertrags
Sie besteht wie im Falle des Bay’-Vertrags im Angebot des Schuldners, eine bestimmte Ware mit einer bestimmten Qualität im Voraus zu veräußern, und in der Annahme dieses Angebotes durch den Gläubiger.
Bei der Salam-Vertragsform muss die Absicht eines Salam-Vertrags unmissverständlich hervorgehen. Man kann dafür jedoch auch andere Begriffe verwenden, welche die Bedeutung von Salam, Salaf bzw. Bay’ beinhalten.
Weiterhin gilt für den Salam-Vertrag die Option zur Aufhebung des Vertrags (al-chiyaar الخيار) nicht, da der Gläubiger sich verpflichtet, das Kapital bzw. den Preis für die spezifizierte Ware im Moment der Vertragsschließung auszuhändigen.
Die Option, noch während der Vertragssitzung den Vertrag ohne Konsequenzen aufzulösen, bleibt auch beim Salam-Vertrag erhalten.
Das Kapital des Salam-Vertrags
Der Preis oder die Summe, die im Voraus zu entrichten ist, muss zwei Bedingungen genügen:
- Bestimmbarkeit
Der Preis muss zu den Sachen gehören, die man spezifizieren kann, z. B. im Falle einer Geldleistung müssen die Preishöhe und die Währung genau festgelegt sein (z. B. 1.000 €).
Erfolgt die Zahlleistung in Form von Gewichts- bzw. Maßeinheiten, dann muss die entsprechende Gewichtsklasse und deren Gattung genau angegeben werden (z. B. 100 kg Weizen).
- Auszahlung während der Vertragssitzung
Der Gläubiger verpflichtet sich, den festgelegten Preis frei von Fehlern noch bei der Vertragssitzung auszuhändigen, und der Schuldner verpflichtet sich zur Annahme desselben.
Sollte die Besitzergreifung bzw. die Aushändigung des Kapitals nicht innerhalb der Vertragssitzung erfolgen, dann fällt dieser Handel unter den unzulässigen bay’ud-dain bid-dain بيع الدين بالدين, Verkauf einer Forderung gegen eine andere Forderung bzw. eines Schuldverhältnisses gegen ein anderes Schuldverhältnis.
Das Vertragsobjekt des Salam-Vertrags
Folgende Bedingungen müssen beim Vertragsobjekt des Salam-Vertrags berücksichtigt werden:
- Das Vertragsobjekt muss die Art einer Schuldforderung (dain دين) sein, d. h. es darf bei der Vertragssitzung nicht gegenwärtig sein, wobei dem Verkäufer die vereinbarte Lieferung desselben zu einem festgesetzten Termin obliegt.
In dem Fall, dass das Vertragsobjekt bei der Vertragssitzung zugegen ist, unterliegt seine Veräußerung nicht mehr den Bestimmungen des Salam-Vertrags.
- Die Lieferung des Vertragsobjektes kann entweder sofort nach Auflösung der Vertragssitzung (nach Imaam Asch-schaafi’iy) oder erst zu einem später vereinbarten Zeitpunkt erfolgen.
Nach Ansicht der Maalikitischen Fiqh-Schule darf der Zeitpunkt der Warenauslieferung frühestens nach dem 15. Tag liegen.
Die Hanafitische Fiqh-Schule erlaubt die Warenauslieferung nicht vor Ablauf eines ganzen Monats.
- Das Vertragsobjekt muss spezifizier- und bestimmbar, d. h. durch die Kategorien des Eigentums klassifizierbar sein.
‘Abdul-laah Bnu-abi-aufa (radial-laahu ‘anh) berichtete:
إِنَّا كُنَّا نُسْلِفُ عَلَى عَهْدِ رَسُولِ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ وَأَبِي بَكْرٍ وَعُمَرَ فِي الْحِنْطَةِ وَالشَّعِيرِ وَالزَّبِيبِ وَالتَّمْرِ.
“Wir pflegten zur Zeit des Gesandten Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sowie während der Zeit von Abu-bakr und ‘Umar Salaf-Geschäfte mit Weizen, Gerste, Rosinen und Datteln zu betreiben.” (B)
Da die Verpflichtung zur Lieferung des vereinbarten Vertragobjektes dem Schuldner, d. h. dem Verkäufer obliegt, stellt sich die Frage nach den Kaufobjekten, welche die Scharii’ah als Standardgüter betrachtet und die somit als Vertragsobjekt eines Salam-Vertrags veräußert werden dürfen. Dies ist wichtig, weil auch der Gläubiger eine bildliche Vorstellung über das Vertragsobjekt haben muss, damit bei Lieferung eine eindeutige Identifikation und Zuordnung desselben erfolgen kann.
Grundsätzlich besteht Konsens unter den Fiqh-Gelehrten, dass alle Güter als Vertragsobjekt eines Salam-Vertrags veräußert werden dürfen, wenn sie:
- als messbares Eigentum durch Umfang, Gewicht, Anzahl oder Länge bestimmbar sind und
- als ersetzbares Eigentum (mithliy مثلي) klassifiziert werden können.
Ersetzbares Eigentum umfasst alle Dinge, die ohne Probleme auf dem Markt zu einem i. A. einheitlichen Preis gekauft werden können, wie gedruckte Bücher und ähnliches.
Demgegenüber steht das nicht ersetzbare Eigentum (ghairu mithliyغير مثلي), welches nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten substituierbar ist, und welches, wenn es auf dem Markt beschaffbar ist, nur zu höchst unterschiedlichen Preisen angeboten wird, z. B. Manuskripte.
Die Unterscheidung in ersetzbares und nicht ersetzbares Eigentum ist in der Praxis sehr wichtig, einmal bei der Rückerstattung unrechtmäßig angeeigneten Eigentums und zum anderen bei der Beantwortung der Frage, inwieweit das Kaufobjekt eindeutig klassifizierbar und definierbar (s. u.) ist.
Im Falle der Rückerstattung unrechtmäßig angeeigneten Eigentums muss ersetzbares Eigentum ersetzt werden, während für nicht ersetzbares Eigentum eine Entschädigung entsprechend dem Wert des Gegenstands (qiimah
قيمة) zum Zeitpunkt der unrechtmäßigen Aneignung geleistet werden muss.
Die Beantwortung der Frage, inwieweit eine Sache einer eindeutigen Spezifikation und Klassifikation unterliegt, d. h. als ersetzbares Eigentum bezeichnet wird, liefert die Grundlage für die Veräußerung einer Sache als Vertragsobjekt des Salam-Vertrags: Nicht ersetzbares Eigentum darf nicht als Vertragsobjekt eines Salam-Vertrags veräußert werden, weil Unklarheit und ein nicht vertretbares Risiko über die Beschaffenheit der Sache besteht.
Im Folgenden werden zur Veranschaulichung zwei Güter – Vieh und rohes bzw. anderweitig verarbeitetes Fleisch – im Hinblick auf ihre Zulässigkeit als Vertragsobjekt in einem Salam-Vertrag aus der Sicht verschiedener Fiqh-Schulen dargestellt, weil diesbezüglich unter ihnen kein Konsens besteht. Dieser Dissens beruht grundsätzlich darauf, ob eine Sache als ersetzbares oder als nicht ersetzbares Eigentum eingestuft werden kann.
- Vieh wird mit Ausnahme der Hanafitischen Fiqh-Schule als zulässiges Vertragsobjekt eines Salam-Vertrags bewertet.
Die Hanafitische Fiqh-Schule betrachtet das Vieh im Rahmen des Salam-Vertrages als Speziesschuld, nicht als Gattungsschuld. Nach ihrer Auffassung gilt jedes Tier für sich als Sonderexemplar und ist nicht ohne weiteres durch ein gleiches substituierbar. Da Unklarheit über derartige Güter nicht zwingend ausgeschlossen werden kann, sind Auseinandersetzungen zwischen den Vertragsparteien unvermeidbar. Sie rechtfertigen ihre Argumentationslinie mit einem vom Sahaabiy Ibnu-‘abbaas (radial-laahu ‘anh) überlieferten Hadiith, wonach “der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) das Vieh als unzulässiges Vertragsobjekt beim Abschluss eines Salam-Vertrags erklärte”.
Dieser Meinung steht die Ansicht gegenüber, dass Vieh durchaus bestimmbar ist. Schließlich können Aussagen über das Alter, die Sorte (männlich, weiblich) und die Qualitäten (mager, fett) getroffen werden. Auch diese Gruppe beruft sich auf Aussagen des Propheten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam). Nach Abu-raafi’ (radial-laahu ‘anh):
اسْتَسْلَفَ رَسُولُ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ بَكْرًا بِمِثْلِهِ.
“Der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) vereinbarte ein Salaf-Geschäft über ein junges Kamelweibchen gegen ein ähnliches Tier.” (M)
Diese Argumentationslinie vertritt insbesondere die Schaafi’itische Fiqh-Schule.
- Bei der Zulässigkeit von rohem Fleisch als Vertragsobjekt in einem Salam-Vertrag wird ähnlich wie beim Vieh argumentiert. Solange das rohe Fleisch eindeutig bestimmbar ist, gilt der Salam-Vertrag darüber als zulässig. Schließlich kann man die Gattung (Kamel, Kalb, Huhn, Fisch, etc.), die Qualität des Fleisches (mager, fett), das Alter des geschächteten Tieres (jung, alt), die Art des Fleisches (Keule, Brust, etc.) aufzählen. Ebenso können Aussagen getroffen werden, ob das Tier zum Zeitpunkt des Schächtens sich noch in der Still- oder in der Entwöhnungsphase befand. Selbst die Frage, ob das geschächtete Tier vornehmlich in der Masttier- oder Freilandhaltung gehalten wurde, ist ohne weiteres beantwortbar.
Imaam Abu-haniifah hingegen bewertet das rohe Fleisch wie das Vieh als unzulässiges Gut in einem Salam-Vertrag.
Bei der Frage der Zulässigkeit von gekochtem oder anderweitig verarbeitetem Fleisch als Vertragsobjekt in einem Salam-Vertrag herrscht hingegen Konsens in allen Fiqh-Schulen über dessen Unzulässigkeit.
- Das Vertragsobjekt muss eindeutig definiert sein, d. h. genaue Angabe über Menge (Angabe in Hohlmaß bzw. Gewichtseinheiten), Gattung (Orange), Sorte (Blutorange) und Art (süß, sauer, biologischer Anbau, etc.) der Ware, wobei letztere die Qualität der Ware beschreibt.
Als Faustregel gilt: die Beschreibung der Ware hat derart zu erfolgen, dass jedwede Unklarheit über die Ware ausgeschlossen und bei der Lieferung derselben identifiziert wird.
Als Belegstelle hierfür dient der in der Einleitung schon aufgeführte Hadiith des Propheten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam):
مَنْ أَسْلَفَ فِي شَيْءٍ فَفِي كَيْلٍ مَعْلُومٍ وَوَزْنٍ مَعْلُومٍ إِلَى أَجَلٍ مَعْلُومٍ.
“Wer ein Salaf-Geschäft über etwas abschließt, dann soll er es über ein bestimmtes Maß bzw. ein bestimmtes Gewicht und bis zu einer bestimmten Frist abschließen.” (B, M)
- Das Vertragsobjekt darf nicht aus mehreren Gattungen bestehen, die miteinander vermengt sind, und die sich einer genauen Beschreibung und damit einer Identifizierung bei der Lieferung desselben entziehen.
Beispielsweise dürfen mittels eines Salam-Vertrags keine Bekleidungsstücke veräußert werden, die aus einem nicht definierten Anteil an Baumwolle und Polyester bestehen. Erfolgt hingegen eine genaue Angabe des jeweiligen Anteils der Gattungen eines Vertragsobjektes, beispielsweise ein Bekleidungsstück besteht aus 30% Baumwolle und 70% Polyester, so ist diese Art der Bestimmung aufgrund der eindeutigen Zuordnung zulässig. Ebenso ist ein Salam-Vertrag für Parfüm, der sich aus unbekannten Anteilen von beispielsweise Moschus und Ambra zusammensetzt, unzulässig. Wird hingegen der jeweilige Prozentteil aufgelistet, dann ist der Salam-Vertrag zulässig.
- Der Lieferungstermin des Vertragobjektes muss bekannt sein
- Das Vertragsobjekt muss so beschaffen sein, dass der Schuldner sicher darüber verfügen kann; oder anders ausgedrückt: Die vertraglichen Verpflichtungen zur Auslieferung des vereinbarten Vertragsobjektes oder zum Lieferungstermin hin müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllbar sein.
Somit gilt beispielsweise der Verkauf von bestimmten frischen Obstwaren (z. B. Wassermelonen aus einem bestimmten Land) in einer Saison, in der diese Obstwaren dort normalerweise nicht reifen (z. B. im Winter), von vornherein als unzulässig.
Wenn hingegen die Vereinbarungen bei Vertragschluss erfüllbar waren, aber nach Ablauf des Termins das Vertragsobjekt aus nicht vorhersehbaren Gründen nicht lieferbar war, kann der Gläubiger zwischen zwei Optionen entscheiden: entweder er wartet weiterhin die Zeit ab, bis das Vertragsobjekt wieder lieferbar ist, oder er fordert rechtmäßig ohne Abzüge seine schon im voraus entrichtete Summe wieder ein.
- Der Ort der Lieferung des Vertragobjektes muss ebenso bestimmt sein
Hierbei gilt grundsätzlich, dass die Lieferung am Ort des Vertragsschlusses zu erfolgen hat, solange im Vertrag nicht ausdrücklich ein anderer Ort angegeben wurde und die Lieferung mit keinen Nachteilen für den Schuldner verbunden ist.