Folgende männliche Personen sind i. A. erbberechtigt:
- Der leibliche Sohn und seine männlichen Abkömmlinge (Enkel, Urenkel, etc.) in absteigender Linie
- Der leibliche Vater und seine männlichen Vorfahren (Großvater, Urgroßvater, etc.) in aufsteigender Linie
- Der leibliche Voll- bzw. Halbbruder väterlicher- und mütterlicherseits und ihre männlichen Abkömmlinge (Neffe, Nichte, etc.) in absteigender Linie
- Der Onkel väterlicherseits und seine männlichen Abkömmlinge (Cousin, etc.) in absteigender Linie
- Der Ehemann
Folgende weibliche Personen sind i. A. erbberechtigt:
- Die leibliche Tochter
- Die leibliche Tochter des Sohnes (Enkelin) bzw. die leibliche Tochter einer männlichen absteigenden Linie des leiblichen Sohnes
- Die leibliche Mutter
- Die Großmutter väterlicher- und mütterlicherseits und ihre weiblichen Vorfahren in aufsteigender Linie
- Die leibliche Voll- und Halbschwester
- Die Ehefrau
Wenn alle männlichen und weiblichen Erbberechtigten am Leben sind, erben von ihnen nur der leibliche Sohn, die leibliche Tochter, der leibliche Vater, die leibliche Mutter und der Ehemann resp. die Ehefrau. Alle anderen Erbberechtigten werden präkludiert.
Einteilung der Erben
In Bezug auf die Verteilung der Erbschaft werden die Erben in vier Ordnungen eingeteilt:
– Die Erben festgelegter Anteile (Ashaabul-furuud أصحاب الفروض)
– Die Erben des quotenfreien Anteils (Al-‘asabah العصبة)
– Die Erben des Überschusses (Ahlur-radd أهل الرد )
– Die Erben mütterlicherseits (Dhawuul-arhaam ذوو الأرحام)
Die Erben festgelegter Anteile (Ashaabul-furuud أصحاب الفروض)
Darunter fallen alle Personen, für welche die Scharii’ah eine determinierte Quote (1/2, 1/4, 1/8, 2/3, 1/3, 1/6) festlegte.
Diese Erben sind (der Ehemann, der Vater, der Großvater väterlicherseits usw. und der Bruder mütterlicherseits) und (die Ehefrau, die Mutter, die Großmutter väterlicher- bzw. mütterlicherseits, die Tochter, die Sohnestochter, die Voll- und Halbschwester väterlicher- bzw. mütterlicherseits).
Diese Erben erhalten folgende Quoten:
(alle Verwandtschaftsbezeichnungen beziehen sich auf den/die Erblasser/in)
Die Hälfte
Folgende Erbberechtigte erhalten jeweils die Hälfte des Nachlasses:
- Der Ehemann beim Fehlen von Kindern und Sohneskindern usw. 1
Fallbeispiele:
– E 2: Ehemann und Vollbruder
Der Ehemann erhält die Hälfte als Quoten-Erbe.
Der Vollbruder erhält den Rest (die Hälfte) als ‘Asabah.
– E: Ehemann und Vater
Der Ehemann erhält die Hälfte als Quoten-Erbe.
Der Vater erhält den Rest (die Hälfte) als ‘Asabah.
- Die einzige leibliche Tochter beim Fehlen von Söhnen 3
Fallbeispiele:
– E: Tochter und Vatersvollbruder
Die Tochter erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Der Vatersvollbruder erhält den Rest (die Hälfte) als ‘Asabah.
– E: Tochter und Ehemann
Der Ehemann erhält ein Viertel als Quoten-Erbe.
Die Tochter erhält die Hälfte als Quote und den Rest als Ahlur-radd.
- Die einzige Sohnestochter beim Fehlen von Kindern und Sohnessöhnen
Fallbeispiel: E: Sohnestochter und Vatersvollbruder
Die Sohnestochter erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Der Vatersvollbruder erhält den Rest (die Hälfte) als ‘Asabah.
- Die einzige leibliche Vollschwester beim Fehlen von Kindern bzw. Sohneskindern usw., Vater bzw. Vatersvater usw. und Vollbruder 4
Fallbeispiel: E: Vollschwester und Ehemann
Die Vollschwester erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Der Ehemann erhält die Hälfte als Quoten-Erbe.
- Die einzige leibliche Halbschwester väterlicherseits beim Fehlen von Kindern bzw. Sohneskindern 5 usw., Vater bzw. Vatersvater usw. und Vollgeschwistern
Fallbeispiel: E: Mutter, Halbschwester väterlich. und Vatersvollbruder
Die Mutter erhält ein Drittel als Quoten-Erbin.
Die Halbschwester väterlicherseits erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Der Vatersvollbruder erhält den Rest als ‘Asabah.
Das Viertel
Folgende Erbberechtigte erhalten jeweils ein Viertel des Nachlasses:
- Der Ehemann beim Vorhandensein von Kindern, Sohneskindern usw.
Fallbeispiele:
– E: Ehemann, Tochter und Sohn
Der Ehemann erhält ein Viertel als Quoten-Erbe.
Tochter und Sohn erben den Rest als ‘Asabah im Verhältnis 1:2.
– E: Ehemann und Sohnessohn
Der Ehemann erhält ein Viertel als Quoten-Erbe.
Der Sohnessohn erhält den Rest als ‘Asabah.
- Die Ehefrau/en beim Fehlen von Kindern bzw. Sohneskindern usw.
Fallbeispiel: E: Ehefrau und Vater
Die Ehefrau erhält ein Viertel als Quoten-Erbin.
Der Vater erhält den Rest als ‘Asabah.
Das Achtel
Ein Achtel steht der Ehefrau (resp. den Ehefrauen) beim Vorhandensein von Kindern bzw. Sohneskindern 6 usw. zu.
Fallbeispiele:
– E: zwei Ehefrauen, Tochter und Sohn
Die Ehefrauen erhalten gemeinsam ein Achtel als Quoten-Erbinnen.
Tochter und Sohn erben den Rest als ‘Asabah im Verhältnis 1:2.
– E: Ehefrau und Sohnessohn
Die Ehefrau erhält ein Achtel als Quoten-Erbin.
Der Sohnessohn erhält den Rest als ‘Asabah.
Zwei Drittel
Folgende Erbberechtigte erhalten jeweils zwei Drittel des Nachlasses:
- Zwei und mehr leibliche Töchter beim Fehlen von Söhnen 7
Fallbeispiel: E: drei Töchter und Vater
Die drei Töchter erhalten gemeinsam zwei Drittel als Quoten-Erbinnen.
Der Vater erhält den Rest als ‘Asabah.
- Zwei und mehr Sohnestöchter beim Fehlen von Kindern bzw. Sohnessöhnen usw.
Fallbeispiel: E: zwei Sohnestöchter und Vollbruder
Die zwei Sohnestöchter erhalten zwei Drittel als Quoten-Erbinnen.
Der Vater erhält den Rest (ein Drittel) als ‘Asabah.
- Zwei und mehr leibliche Vollschwestern beim Fehlen von Kindern bzw. Sohneskindern usw., Vater bzw. Vatersvater usw. und Vollbruder 8
Fallbeispiele:
– E: drei Vollschwestern und ein Halbbruder väterlicherseits
Die drei Vollschwestern erhalten gemeinsam zwei Drittel als Quote.
Der Halbbruder väterlicherseits erhält den Rest als ‘Asabah.
– E: zwei Vollschwestern, Vollbruder und Halbbruder väterlicherseits
Die zwei Vollschwestern und der Vollbruder erben alles als ‘Asabah im Verhältnis 1:2 (jede Schwester erhält ein Viertel).
Der Halbbruder väterlicherseits erhält nichts wegen Präklusion.
- Zwei und mehr leibliche Halbschwestern väterlicherseits beim Fehlen von Kindern bzw. Sohneskindern usw., Vater bzw. Vatersvater usw., Vollgeschwistern und Halbbruder väterlicherseits
Fallbeispiele:
– E: zwei Halbschwestern väterlicherseits und Vollbruders-Sohn
Die zwei Halbschwestern väterlicherseits erhalten zwei Drittel als Quoten-Erbinnen.
Der Vollbruders-Sohn erhält den Rest als ‘Asabah.
– E: zwei Halbschwestern väterlicherseits und Vater
Die zwei Halbschwestern väterlicherseits erhalten nichts.
Der Vater erhält den gesamten Nachlass als ‘Asabah.
Das Drittel
Folgende Erbberechtigte erhalten jeweils ein Drittel des Nachlasses:
- Die Mutter beim Fehlen von Kindern und Vorhandensein von nur einem Bruder bzw. nur einer Schwester 9
Fallbeispiel: E: Mutter, Vollschwester und Vatersvollbruder
Die Mutter erhält ein Drittel als Quoten-Erbin.
Die Vollschwester erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Der Vatersvollbruder erhält den Rest (ein Sechstel) als ‘Asabah.
- Zwei und mehr Geschwister mütterlicherseits beim Fehlen von Kindern bzw. Sohneskindern usw. und Vater bzw. Großvater 10 usw.
Fallbeispiel: E: Mutter, Ehemann und drei Geschwister mütterlicherseits
Die Mutter erhält ein Sechstel als Quoten-Erbin.
Der Ehemann erhält die Hälfte als Quoten-Erbe.
Die drei Geschwister mütterlicherseits erhalten gemeinsam ein Drittel als Quoten-Erben und teilen es unter sich zu gleichen Anteilen.
Das Sechstel
Folgende Erbberechtigte erhalten jeweils ein Sechstel des Nachlasses:
- Der Vater beim Vorhandensein von Kindern
Fallbeispiel:
– E: Vater und Sohnessohn
Der Vater erhält ein Sechstel als Quoten-Erbe.
Der Sohnessohn erhält den Rest als ‘Asabah.
– E: Vater und Tochter
Die Tochter erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Der Vater erhält ein Sechstel als Quote und den Rest als ‘Asabah.
- Der Großvater beim Vorhandensein von Kindern aber Fehlen des Vaters
Fallbeispiel: E: Großvater, Tochter und Sohnessohn
Der Großvater erhält ein Sechstel als Quoten-Erbe.
Die Tochter erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Der Sohnessohn erhält den Rest (ein Drittel) als ‘Asabah.
- Die Mutter beim Vorhandensein von Kindern bzw. beim Fehlen von Kindern aber Vorhandensein von zwei und mehr Geschwistern
Fallbeispiel: E: Mutter und zwei Halbbrüder väterlicherseits
Die Mutter erhält ein Sechstel als Quoten-Erbin.
Die Halbbrüder väterlicherseits erhalten den Rest als ‘Asabah.
- Die Großmutter väterlicher- bzw. mütterlicherseits
Sie erben ihren Anteil gemeinsam, wenn beide vorhanden sind.
Fallbeispiel: E: Großmutter mütterlicherseits, Großmutter väterlicherseits, Tochter und Vollbruder.
Beide Großmütter erhalten ein Sechstel als Quoten-Erbinnen.
Die Tochter erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Der Vollbruder erhält den Rest (ein Drittel) als ‘Asabah.
- Die Sohnestochter beim Vorhandensein von nur einer einzigen leiblichen Tochter aber Fehlen von Söhnen bzw. Sohnessöhnen
Fallbeispiel: E: Tochter, Sohnestochter und Sohn des Sohnessohnes
Die Tochter erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Die Sohnestochter erhält ein Sechstel als Quoten-Erbin.
Der Sohn des Sohnessohnes erhält den Rest (ein Drittel) als ‘Asabah.
- Die Halbschwester väterlicherseits beim Vorhandensein von nur einer einzigen Vollschwester aber Fehlen von Kindern bzw. Sohneskindern usw. und Vater bzw. Vatersvater usw.
Fallbeispiel: E: Vollschwester, Halbschwester väterlicherseits und Vatersvollbruder
Die Vollschwester erhält die Hälfte als Quoten-Erbin.
Die Halbschwester väterlicherseits erhält ein Sechstel als Quoten-Erbin.
Der Vatersvollbruder erhält den Rest (ein Drittel) als ‘Asabah.
- Die Halbschwester bzw. der Halbbruder mütterlicherseits beim Fehlen von Kindern bzw. Sohneskindern usw. und Vater bzw. Vatersvater usw.
Fallbeispiel:
E: Ehemann, Mutter, Halbschwester mütterlicherseits und Vollbruder
Der Ehemann erhält die Hälfte als Quoten-Erbe.
Die Mutter erhält ein Sechstel als Quoten-Erbin.
Die Halbschwester mütterlicherseits erhält ein Sechstel als Quote.
Der Vollbruder erhält den Rest (ein Sechstel) als ‘Asabah.
Das Drittel des Restes
Diese Quote wurde erstmals von Chaliifah ‘Umar Bnul-chattaab (radial-laahu ‘anh) festgesetzt und wird deshalb Al-‘umariyyah العمرية . genannt. Sie kommt in folgenden zwei Fällen zur Anwendung:
- 1. Erbfall: E: Ehemann, Mutter und Vater
Verteilung des Nachlasses nach den einzelnen Erbschaftsregeln:
Der Ehemann erhält die Hälfte des Nachlasses als Quoten-Erbe.
Die Mutter erhält ein Drittel des Nachlasses als Quoten-Erbin.
Der Vater erhält den Rest (ein Sechstel des Nachlasses) als ‘Asabah.
Die Anwendung aller Erbschaftsregeln ergibt eine Korrektur:
Der Ehemann erhält die Hälfte des Nachlasses als Quoten-Erbe.
Mutter und Vater teilen sich den Rest im Verhältnis 1:2, da beide das gleiche Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen haben, sich aber im Geschlecht unterscheiden, erhält der Mann den zweifachen Anteil der Frau. Danach erhält die Mutter ein Drittel des Restes (ein Sechstel des Nachlasses) und der Vater den Rest (das Drittel des Nachlasses).
- 2. Erbfall: E: Ehefrau, Mutter und Vater
Verteilung des Nachlasses nach den einzelnen Erbschaftsregeln:
Die Ehefrau erhält ein Viertel (3/12) des Nachlasses als Quoten-Erbin.
Die Mutter erhält ein Drittel (4/12) des Nachlasses als Quoten-Erbin.
Der Vater erhält den Rest (5/12) des Nachlasses als ‘Asabah.
Die Anwendung aller Erbschaftsregeln ergibt eine Korrektur:
Die Ehefrau erhält ein Viertel (3/12) des Nachlasses als Quoten-Erbin.
Mutter und Vater teilen sich den Rest im Verhältnis 1:2 da beide das gleiche Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen haben, sich aber im Geschlecht unterscheiden, erhält der Mann den doppelten Anteil der Frau. So erhält die Mutter ein Drittel des Restes (ein Viertel des Nach-lasses, 3/12) und der Vater den Rest (die Hälfte des Nachlasses, 6/12).
Die Erben des quotenfreien Anteils (Al-‘asabah العصبة)
Begriffsbestimmung
Al-‘asabah leitet sich linguistisch ab von At-ta’s–sub التعصب in der Bedeutung von “Umgeben bzw. Stärken”.
Fachspezifisch ist Al-‘asabah jeder männliche Verwandte des Erblassers, dessen Verwandtschaft unmittelbar und nicht über eine Frau besteht (Sohn und Sohnessohn usw., Vater und Vatersvater usw., Vollbruder und Vollbruderssohn usw., Halbbruder und Halbbruderssohn väterlicherseits usw., Vatersvollbruder und Vatersvollbruderssohn usw., Vatershalbbruder und Vatershalbbruderssohn väterlicherseits usw.).
Für diese Erben gelten folgende besondere Bestimmungen:
– Sie verfügen über keine determinierten Quoten.
– Sie erhalten den Rest der Erbschaft nach Befriedigung der Quoten-Erben. Sollte danach nichts übrig bleiben, erben sie nichts.
– Fehlen die Quoten-Erben, dann erben sie den gesamten Nachlass.
– Der Vater und der Sohn erben immer, da der Sohn alle anderen ‘Asabah präkludiert und der Vater sowohl als Quoten-Erbe als auch als ‘Asabah erbberechtigt ist.
Einteilung der ‘Asabah
Die ‘Asabah-Erben werden in drei Gruppen eingeteilt:
- Selbständige ‘Asabah-Erben (Al-‘asabah bin-nafs العصبة بالنفس)
Darunter versteht man jedes männliche Familienmitglied, dessen Verwandtschaft zum Erblasser direkt und nicht über eine Frau besteht.
Diese ‘Asabah-Erben werden in vier Grade und unterschiedliche Ränge der Reihe nach eingeteilt:
– Die Söhne und ihre Söhne in absteigender Linie (Dschihatul-bunuw-wahجهة البنوة : Grad der leiblichen Söhne)
– Der leibliche Vater (Dschihatul-ubuw-wah جهة الأبوة: Grad des leiblichen Vaters)
– Der Großvater väterlicherseits (Dschihatul-ubuw-wah جهة الأبوة: Grad des leiblichen Vaters) mit den Vollbrüdern und Halbbrüdern väterlicherseits (Dschihatul-uchuw-wah جهة الأخوة: Grad der Brüder)
– Die Söhne der Großvaterssöhne in absteigender Linie (Dschihatul-uchuw-wah جهة الأخوة)
– Die Onkel väterlicherseits und die Onkel des Vaters und des Großvaters väterlicherseits (Dschihatul-‘umuumah جهة العمومة: Grad der Onkel väterlicherseits)
Imaam Abu-haniifah behandelt den Großvater beim Fehlen des Vaters genauso wie den Vater, d. h. er ist den Geschwistern gegenüber höherrangig und präkludiert sie.
Wenn alle o. g. Erbberechtigten vorhanden sind, dann erben sie entsprechend ihrem Grad (Dschihah جهة), ihrem Rang (Daradschahدرجة ) und der Nähe (Qaraabahقرابة ) zum Verstorbenen.
Zum Beispiel gehören die Söhne und Söhnessöhne einem höheren Grad als der Vater an. Im gleichen Grad sind die Söhne jedoch den Söhnessöhnen gegenüber höherrangig und präkludieren sie. Auch die Onkel väterlicherseits und ihre Söhne gehören dem gleichen Grad an. Diese sind höherrangig als ihre Söhne, aber unter ihnen stehen die Vollonkel dem Verstorbenen näher als die Halbonkel (Vatershalbbrüder väterlicherseits) und präkludieren sie.
- ‘Asabah-Miterbinnen (Al-‘asabah bil-ghair العصبة بالغير)
Darunter fallen weibliche Quoten-Erbinnen, die mit ihren männlichen Verwandten des gleichen Grades, des gleichen Ranges und der gleichen Nähe erben. Sie erhalten dann keine Quoten sondern erben mit diesen Männern gemeinsam als ‘Asabah im Verhältnis 1:2.
Diese weiblichen selbständige ‘Asabah-Erbinnen sind:
– die Tochter mit ihrem Vollbruder
– die Sohnestochter mit dem Sohnessohn und dem Cousin väterlicherseits (hier stehen alle diese Männer dem Verstorbenen gleich nahe).
– die Vollschwester mit ihrem Vollbruder und
– die Halbschwester väterlicherseits mit ihrem Bruder väterlicherseits.
- Partnerschaftliche ‘Asabah-Erbinnen (Al-‘asabah ma’al-ghair العصبة مع الغير)
Diese sind zwei Quoten-Erbinnen, die gemeinsam als ‘Asabah erben:
– Die Vollschwester mit der Tochter bzw. Sohnestochter
– Die Halbschwester väterlicherseits mit der Tochter bzw. Sohnestochter
Fallbeispiel:
E: Tochter, Sohnestochter, Vollschwester, Halbbruder väterlicherseits
Die Tochter erbt die Hälfte als Quoten-Erbin.
Die Sohnestochter erhält ein Sechstel (Vervollständigung der zwei Drittel).
Die Vollschwester erhält den Rest als ‘Asabah mit der Tochter und Sohnestochter.
Der Halbbruder väterlicherseits wird präkludiert und erhält nichts.
Zusammenfassung:
– Folgende Personen erben nur als Quoten-Erben bzw. -Erbinnen: Die Mutter, die Großmutter mütterlicherseits bzw. väterlicherseits, der Ehemann, die Ehefrau, der Halbbruder mütterlicherseits und die Halbschwester mütterlicherseits.
– Folgende Personen erben ausschließlich als ‘Asabah-Erben: Der Sohn und seine Söhne usw., der Vollbruder und seine Söhne usw., der Halbbruder väterlicherseits und seine Söhne usw., der Onkel väterlicherseits und seine Söhne usw.
– Folgende Personen erben entweder als Quoten- oder als ‘Asabah-Erbinnen (mit einem männlichen Erben gleichen Grades und gleichen Ranges im Verhältnis 1:2): Die Tochter, die Sohnestochter usw., die Vollschwester und die Halbschwester väterlicherseits, wobei die Vollschwestern und die Halbschwestern väterlicherseits gemeinsam mit den Töchtern als ‘Asabah erben.
– Folgende Personen erben entweder als Quoten- bzw. ‘Asabah-Erben oder als Quoten- und ‘Asabah-Erben: Der Vater und der Großvater usw., wobei der Vater alle anderen außer dem Sohn präkludiert, während der Großvater nur nach Imaam Abu-haniifah die Vollge-schwister und die Geschwister väterlicherseits präkludiert. Nach den anderen Fiqh-Schulen erben sie mit dem Großvater.
Die Erben des Überschusses (Ahlur-raddأهل الرد )
Ahlur-radd sind die Quoten-Erben mit Ausnahme des Ehemannes resp. der Ehefrau, die den Rest der Hinterlassenschaft zusätzlich zu ihren Quoten erhalten, wenn keine ‘Asabah vorhanden sind.
Fallbeispiel:
Wenn der Vater stirbt und nur zwei Töchter hinterlässt, so erhalten beide in der Eigenschaft als Quoten-Erbinnen zwei Drittel des Nachlasses. Da aber keine ‘Asabah-Erben vorhanden sind, fällt ihnen auch das letzte Drittel zu und jede von ihnen erhält jeweils die Hälfte.
Die Erben mütterlicherseits (Dhawuul-arhaam ذوو الأرحام)
“Dhawuul-arhaam” leitet sich linguistisch von “rahim رَحِمْ” in der Bedeutung von “Mutterleib”. “Dhawuul-arhaam” sind die Verwandten über die Mutter.
Fachspezifisch fallen darunter “alle Verwandten des Erblassers, die weder zu den Erben festgelegter Anteile (Ashaabul-furuud) noch zu den Erben des quotenfreien Anteils (‘Asabah)
gehören”.
Dazu zählen insbesondere die Kinder der Töchter, die Kinder der Sohnestöchter und der Großvater mütterlicherseits und seine Söhne.
Die Schaafi’iten und die Maalikiten lassen Dhawuul-arhaam nur erben, wenn keine islamische Staatskasse (Baitul-maal) existiert. Die Hanafiten und die Hanbaliten lassen sie nur erben, wenn es weder Quoten- noch ‘Asabah-Erben gibt.
Die gängige Meinung nach den Hanbaliten, den Maalikiten und den Schaafi’iten ist, dass Dhawuul-arhaam den Anteil aus der Hinterlassenschaft erben, der dem fehlenden Erbberechtigten zusteht, aus dem sie abstammen. So erben die Kinder der Tochter den Anteil der Tochter und die Tanten und Onkel mütterlicherseits den Anteil der Mutter usw. Dabei wird ihre Nähe zum fehlenden Erbberechtigten und nicht zum Erblasser berücksichtigt.
Die Hanafiten behandeln die Erben mütterlicherseits genauso wie die ‘Asabah-Erben. Sie berücksichtigen den Grad, den Rang und die Nähe zum Verstorbenen. So stellen sie die Nachkommenschaft des Verstorbenen vor seine Vorfahren
Manche andere Gelehrte lassen Männer und Frauen von Dhawuul-arhaam zu gleichen Anteilen erben. Andere berücksichtigen auch unter Dhawuul-arhaam das Verhältnis 1:2 unter Gleichrangigen Männern und Frauen.
Fallbeispiele:
– E: Tochter einer Sohnestochter und Sohn einer Tochterstochter
Die Tochter der Sohnestochter erbt die ganze Hinterlassenschaft, da sie dem Erbberechtigten – der Sohnestochter – am Nächsten steht. Denn die Sohnestochter erbt als Quoten-Erbin und als Ahlur-radd, während die Tochterstochter zu Dhawuul-arhaam zählt.
– E: Tochterstochter und Tochter eines Vollbruders
Die Tochterstochter übernimmt den Anteil der fehlenden Tochter und erbt die Hälfte als Quote.
Die Tochter des Vollbruders übernimmt den Anteil des fehlenden Vollbruders und erbt die Hälfte als ‘Asabah.
Wenn keine Erbberechtigten vorhanden sind, erbt nach Imaam Abu-haniifah der Vermächtnisnehmer, dem das Gesamtvermögen vermacht wurde, den Anteil der Erben. Nach seiner Ansicht wurde der Anteil des Vermächtnisnehmers nur aus Rücksicht auf die Erbberechtigten auf ein Drittel determiniert. Da aber keine dieser Personengruppen die Erbfolge antritt, entfällt diese Beschränkung. Nach Imaam Asch-schaafi’iy darf er auch in einem solchen Falle, nicht über das Drittel hinaus erben.
Wenn auch die Gruppe der Vermächtnisnehmer/innen nicht existiert und somit niemand die Erbfolge antreten kann, fällt der Anteil der Erben der Staatskasse (Baitul-maal) zu, so dass das Vermögen allen Muslimen zur Verfügung steht. Nach Imaam Asch-schaafi’iy
erfolgt dieser Schritt vor der Verteilung der Hinterlassenschaft an die Erben des Überschusses (Ahlur-radd)
und an die Erben mütterlicherseits (Dhul-arhaam), solange Baitul-maal eingerichtet ist. In dem Fall, dass Baitu-maal nicht existiert, wird die Hinterlassenschaft entsprechend den Anteilen unter den Quoten-Erben in ihrer zusätzlichen Eigenschaft als Erben des Überschusses (Ahlur-radd)
bzw. unter Dhawuul-arhaam verteilt.
Exkurs
- Sonderstatus des Vaters
Der Vater nimmt eine Sonderstellung ein, da er unter bestimmten Voraussetzungen als Quoten-, als ‘Asabah-Erbe oder in doppelter Eigenschaft als Quoten- und ‘Asabah-Erbe erben kann:
- Der Vater des Erblassers erbt als Quoten-Erbe, falls der Erblasser einen Sohn bzw. Sohnessöhne hinterlässt.
- Der Vater des Erblassers erbt als ‘Asabah, falls der Erblasser weder Kinder, noch Abkömmlinge seiner Söhne hinterlässt.
- Der Vater des Erblassers erbt in doppelter Eigenschaft, falls der Erblasser eine Tochter resp. weibliche Abkömmlinge des Sohnes, hinterlässt. In diesem Fall erbt der Vater als Quoten-Erbe
ein Sechstel und als ‘Asabah den Rest nach Befriedigung der erbberechtigten Quoten-Erben bzw. Erbinnen. - Sonderstatus des Großvaters väterlicherseits
Der Großvater väterlicherseits erbt wie der Vater mit folgenden drei Ausnahmen:
- Während der Vater die Brüder und die Schwestern des Erblassers präkludiert, erbt der Großvater nach allen Fiqh-Schulen (außer nach Imaam Abu-haniifah, aber nicht nach den anderen hanafiitischen Gelehrten) zu gleichen Anteilen mit diesen Geschwistern, unabhängig davon, ob sie Voll- oder Halbgeschwister väterlicherseits sind.
- Während der Vater des Erblassers seine eigene Mutter präkludiert, kann der Großvater väterlicherseits diese Großmutter des Erblassers väterlicherseits nicht präkludieren, sie erbt neben ihm.
- Während der Mutter, wenn sie mit dem Vater und dem Ehemann erbt, ein Drittel des Restes zusteht, bewirkt der Großvater bei ihr keine Reduzierung. Sie erbt weiterhin ein Drittel des Nachlasses.
- Die so genannte Stein- bzw. Eselfrage
Eine Frau hinterließ: Mutter, Ehemann, zwei Halbbrüder mütterlicherseits, einen Vollbruder und eine Vollschwester.
Nach Einteilung des Nachlasses (1/6 für die Mutter, 1/2 für den Ehe-mann, 1/3 für die Halbrüder mütterlicherseits) blieb für die Vollge-schwister als ‘Asabah nichts übrig. Diese stellten dem Chaliifah ‘Umar Bnul-chattaab (radial-laahu ‘anh) folgende Frage: “Wieso sollen wir nichts erhalten? Sollte unser Vater etwa ein Stein bzw. ein Esel sein, ist unsere Mutter nicht die Gleiche?” Daraufhin ließ ‘Umar sie das Drittel gemeinsam mit ihren Halbgeschwistern mütterlicherseits erben.
Notes: