Imaam As-suyuutiy erwähnte in seinem berühmten Werk al-itqaan zur Anzahl der Masaahif 1, die ‘Uthmaan (radial-laahu ‘anh) anfertigen ließ Folgendes: “Die bekannten unter ihnen waren fünf. Das Exemplar, das er selbst behalten hat, ist darin wahrscheinlich nicht enthalten. Die Städte Makkah, Al-madiinah, Damaskus, Al-kuufah, Al-basrah erhielten je ein Exemplar.” Diese Anfertigung der Mus–haf-Exemplare hat fünf Jahre (25/646 – 30/651) gedauert.
Al-mus–haful-imaam:
Al-mus–haful-imaam ist die Bezeichnung für das Exemplar, welches ‘Uthmaan (radial-laahu ‘anh) für sich selbst anfertigen ließ. Er wurde ermordet, während er darin las. Der Quraan-Gelehrte Al-qaasim Bnu-salaam (gest. 222/837) bestätigte, dass er diesen Mus–haf in Al-madiinah gesehen hat. Nach einigen Gelehrten haben die Umayyaden diesen Mus–haf nach Andalusien gebracht; später kam er nach Marokko. Nach Angabe des Reiseschriftstellers Ibnu-battuutah (gest. 779/1377) befand sich dieses Exemplar im achten Jahrhundert nach der Hidschrah in Marokko und man konnte darauf sogar die Blutspuren erkennen. 2 Die Historikerin Dr. Sahar Saalim vertritt nach eingehender Analyse der Fakten die Meinung, dass dieser Mus–haf gegen Ende des zweiten Jahrhunderts nach der Hidschrah aus Al-madiinah verschwand, und dass Teile von ihm im Jahre 745/1344 in Fes (Marokko) vorhanden waren.
Der Mus–haf von Al-madiinah:
Ibn-dschubair (gest. 614/1217) bestätigte diese Handschrift im Jahre 580/1184 in der Moschee von Al-madiinah gesehen zu haben. Manche Experten sind der Ansicht, dass er in Al-madiinah blieb, bis die Osmanen ihn im Jahre 1334/1915 von dort weggebracht haben. Es wird berichtet, dass dieses Exemplar durch die osmanischen Behörden nach Istanbul gebracht wurde und von dort während des Ersten Weltkrieges nach Berlin kam. Der Versailler Friedensvertrag vom 28.6.1919, der den Ersten Weltkrieg beendete, enthält diesbezüglich folgenden Absatz:
Artikel 246: “Binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat Deutschland Seiner Majestät dem König des Hedschas den Originalkoran zurückzugeben, der dem Kalifen Osman gehört hat und von den türkischen Behörden aus Medina entfernt worden ist, um dem vormaligen Kaiser Wilhelm II. als Geschenk überreicht zu werden. Binnen der gleichen Frist ist der Schädel des Sultans Makaua, der aus dem deutschen Schutzgebiet Ostafrika entfernt und nach Deutschland gebracht worden ist, von Deutschland der Regierung Seiner Britischen Majestät zu übergeben. Ort und Bedingungen der Rückgabe werden von den Regierungen bestimmt, an die dieses Gegenstände zurückzuerstatten sind.” 3
Danach kehrte diese Handschrift zwar nach Istanbul zurück, jedoch nicht nach Al-madiinah.
Der Mus–haf von Makkah
Die Existenz des Mus–haf von Makkah ist bis zum achten Jahrhundert nach der Hidschrah bestätigt. Ibnu-dschubair (gest. 614/1217) sah ihn, als er Makkah im Jahre 578/1182 besuchte und Ibnu-battuutah (gest. 779/1377) sah ihn ebenfalls noch bei seinem Besuch in Makkah.
Der Mus–haf von Asch-schaam (Damaskus) 4:
Dieser Mus–haf wurde von Al-mughiirah Bnu-abi-schihaab المغيرة بن أبي شهاب (gest. 91/709) im Auftrag von’Uthmaan Bnu-‘affaan (radial-laahu ‘anh) nach Damaskus gebracht. Die sehr berühmten Reiseschriftsteller Ibnu-dschubair (540/1145 – 614/1217) Abul-hasan Al-harawiy (gest. 611/ 1215) und Ibnu-battuutah (gest. 779/1377) bestätigen, diesen Mus–haf bei ihren Reisen gesehen zu haben.
Imaam Ibnu-kathiir (gest. 774/1372) beschrieb ihn in seinem Buch fadaailul-quraan wie folgt: “Was die Masaahif von ‘Uthmaan betrifft, so ist der Berühmteste heute derjenige, der in Asch-schaam in der Moschee von Damaskus an der Ecke östlich von Al-maqsuurah ist (..). Ich habe ihn gesehen. Er war ein sehr großes Buch mit einer deutlichen, kräftigen und schönen Schrift mit kräftiger Tinte auf einem Pergament, das – glaube ich – aus Kamelhaut hergestellt ist.” Viele Experten sind der Ansicht, dass dieser Mus–haf in der Moschee von Damaskus blieb, wo er vor dem Brand im Jahre (1310/1893) zum letzten Mal gesehen wurde. Dr. Subhi As-saalih tradierte in seinem Buch mabaahith fi ‘uluumil-quraan eine Aussage von Dr. يوسف العش Yuusuf Al-‘isch (1329/1911 – 1387/1967), dass der Richter ‘Abdul-muhsin Al-ustuwaaniy (1275/1858 – 1383/1963) diesen Mus–haf in der Moschee in Damaskus in seinem Holzbehälter vor dem Brand gesehen hat.
Der Mus–haf von Al-kuufah und Al-basrah
Der Mus–haf von Al-kuufah wurde selten erwähnt. Der Reiseschriftsteller Ibnu-battuutah berichtete, dass er den Mus–haf von Al-basrah im achten Hidschri-Jahrhundert dort gesehen hat.
Die Handschrift von Taschkent (Usbekistan):
Es handelt sich um das heute in Taschkent aufbewahrte Mus–haf, das 890/1485 durch Hoca ‘Ubaidul-laah Al-ahraar عبيد الله الأحرار nach Samarkand gebracht wurde und dort bis 1868 blieb. 1869 wurde es von den Russen nach Petersburg gebracht und blieb dort bis 1917. Der russische Orientalist Shebunin untersuchte 1891 dieses Exemplar, beschrieb es ausführlich und berichtet über fehlende Seiten. Er datierte diese Handschrift auf den Anfang des zweiten Hidschri-Jahrhunderts. Ein Faksimile dieses Mus–haf mit einer Auflage von 50 Exemplaren wurde 1905 von dem Orientalisten Pissareff angefertigt. Je ein Exemplar davon wurde dem osmanischen Sultan ‘Abdul-hamiid II., dem Schah von Iran, dem Amir von Buchara, nach Afghanistan, nach Fes und an einige wichtige muslimische Persönlichkeiten geschickt. Ein Exemplar davon befindet sich heute in der Bibliothek der Columbia University (USA).
Eine Kohlenstoff-Datierung dieses Exemplars ergab 95% Wahrscheinlichkeit, dass diese Handschrift aus der Zeit zwischen -27/595 und 241/ 855 stammt, und 68% Wahrscheinlichkeit, dass sie aus der Zeit zwischen 19/640 und 148/765 stammt.
Diese Handschrift wurde 1924 nach Taschkent gebracht, wo sie heute in der Khazrati Imam-Moschee aufbewahrt wird.
Die Handschrift von ‘Aliy (radial-laahu ‘anh):
Es wird berichtet, dass in der Bibliothek Darul-kutub Al-‘alawiyyah in An-nadschaf (Irak) ein vom vierten Chaliifah ‘Aliy (radial-laahu ‘anh) geschriebenes Mus–haf-Exemplar aufbewahrt wird. Es ist in Kuufi-Schrift geschrieben und trägt die Aufschrift: “‘Aliy Bnu-abi-taalib schrieb es im Jahre 40 nach der Hidschrah.”
Weitere wichtige Handschriften:
In der Husain-Moschee in Kairo wurde bis 22.2.2006 ein Mus–haf mit einem Gewicht von 80 kg aufbewahrt, dessen Schrift dem alten Stil der Masaahif von ‘Uthmaan (radial-laahu ‘anh) ähnelt. Heute befindet sich diese Handschrift zur Restaurierung in der Zentralbibliothek der islamischen Handschriften an der Zainab-Moschee in Kairo. Eine Faksimile-Ausgabe dieser Handschrift ist über IRCICA (Islam Tarih, Sanat ve Kültür Araştırma Merkezi) in Istanbul erhältlich.
In der Bibliothek des Topkapi Palace Museums in Istanbul gibt es ebenfalls eine alte Mus–haf-Handschrift aus der Zeit von ‘Uthmaan (radial-laahu ‘anh). Eine Faksimile-Ausgabe dieser Handschrift mit einem Gutachten von Dr. Tayyar Altıkulaç ist über IRCICA erhältlich.
Notes:
- Siehe dazu al-itqaan von Imaam As-suyuutiy, al-masaahif von Imaam Ibnu-abi-daawuud, rihlatu ibni-bat-tuutah, fadaailul-quraan von Imaam Ibnu-kathiir und rihlatu ibni-dschubair. ↩
- Siehe adwaa’ ’ala mus–hafi ’uthmaan radial-laahu ’anh, wa rihlatuhu scharqan wa gharbann, Dr. Sahar As-sayyid ’Abdul-’aziiz Saalim
سحر السيد عبد العزيز سالم. ↩ - Siehe http://www.documentarchiv.de/wr/vv08.html und http://www.versailler-vertrag.de/vv8.htm ↩
- Siehe mabaahith fi ’uluumil-quraan, Subhi As-saalih. ↩