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Übersetzung von wahy mit dem Begriff Offenbarung


Alle deutschsprachigen Quraan-Übersetzer ohne Ausnahme 1 übersetzen den Begriff wahy mit dem Begriff Offenbarung. Diese Übersetzung muss kategorisch zurückgewiesen werden, da beide Begriffe weder linguistisch noch fachspezifisch die gleiche Bedeutung wiedergeben.
Offenbarung ist die Übersetzung des lateinischen Ausdruck “revelatio” und des griechischen Ausdrucks “apokalypsis” in der Bedeutung von enthüllen, öffentlich machen, ans Licht bringen. 2Das Wort Offenbarung leitet sich vom Adjektiv “offenbar (klar ersichtlich)” ab und bedeutet in der deutschen Sprache: “jemandem bisher Geheimgehaltenes oder Unausgesprochenes entdecken, bekennen (jemandem seine Liebe offenbaren); er offenbarte mir seine Schuld, gestehen. Sich offenbaren (in Bezug auf Gott) sich dem Menschen zu erkennen geben. 3 “Offenbaren” bedeutet auch “offen zeigen, enthüllen, kundtun; “Offenbarung”: Kundgabe, Bekenntnis. 4
Insbesondere die Aussage “der Quraan ist die Offenbarung Allaahs bzw. Gottes” muss tunlichst gemieden werden, weil sie zu einem gravierenden Missverständnis führt und zu einer schwerwiegenden Kufr-Aussage verleitet. Nicht wenige christliche Theologen wie Hans Küng und sogar manche der modernistischen Muslime lesen diese Aussage als Parallele zu der christlichen Aussage “Jesus ist die Offenbarung Gottes”. Sie stellen dann folgenden Vergleich an: Gott offenbarte sich für die Christen als Jesus/Mensch und für die Muslime als Quraan/Buch, und so muss man ihrer Meinung nach zwischen Jesus (‘alaihis-salaam) und dem Quraan vergleichen, weil beide Gottes Offenbarungen seien. 5Diese Behauptung besagt, dass Allaah (ta’aala) sich in die Schöpfung inkarniert, einmal als Mensch und einmal als Buch. Diese Aussage widerspricht eindeutig den grundsätzlichen Iimaan-Inhalten in Bezug auf Allaah (ta’aala), die jegliche Art der Inkarnation in die Schöpfung vehement zurückweist.
wahy ist nach dem islamischen Verständnis kein Sich-Selbst-Zeigen Gottes. Allaah (ta’aala) ist im Islam nicht der Quraan, sondern der Schöpfer, der diesen Quraan an den Gesandten Muhammad (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) über den Engel Dschibriil (‘alaihis-salaam) übermitteln ließ (s. a. Definition des Quraan, Kapitel 1).

Notes:

  1. Siehe dazu die Übersetzungen von SKD-Verlag, Henning (Ditib- und Hofmann-Ausgabe), Paret, Rassoul, Ahmad v. Denffer, Abdullah As-samit, usw.
  2. Wörterbuch des Christentums, Orbis Verlag, 2001
  3. Duden Band 10, Bedeutungswörterbuch, 1985
  4. Duden Band 7, Herkunftswörterbuch, 1985

  5. Siehe Marco Schöller: „http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=XJT9PD“ mit ent­sprechender Literatur zum Thema. Ein Auszug davon lautet: „Parallelen bestehen zwischen der Stellung des Koran im Islam und der Figur Jesu im Christentum: Beide sind Gottes Wort, als Text (“Inlibration”) oder als Mensch (Inkarnation). Wie Jesus als “Buch des Lebens” (liber vitae) gelten mag, so “verkörpert” der Koran die Offenbarung textlich.“ 17.05.11
    Siehe auch die Ausführung von Prof. Ludwig Hagemann, Ordinarius für Systematische Theologie und Religionsgeschichte an der Universität Mannheim. Er schreibt dazu: „Zentrale Glaubens­aussage des Islam ist im Gegensatz zum Christentum: Gottes Wort ist Buch geworden, nicht Gott ist Mensch geworden. Nicht die Inkarnation steht im Mittelpunkt, sondern die Inlibration, die Buchwerdung von Gottes Wort im Koran. (..)Weil aus muslimischer Sicht Gott sich und seinen Willen in endgültiger Weise im Koran geoffenbart hat, ist der Koran das vorzügliche Medium, durch das der Mensch Gott erkennen und erfahren kann.“ 17.05.11
    „http://www.leoninum.org/wordpress/2011/01/prof-dr-ludwig-hagemann-im-handruper-forum/“
    In der Rezension für “Der Koran neu gelesen” von Jacques Berque: „Die Weltreligion Islam, heute sehr in Rückwärtsbewegung begriffen, kreist um ihr heiliges Buch, den Koran. Wissen­schaftler haben denn auch schon den Vorschlag gemacht, man solle diese Religion im Kern als eine “inlibration”, als eine Buchwerdung Gottes durch Offenbarung beschreiben – als Analogie zur “Inkarnation”, der Menschwerdung Gottes, im Christentum. Der (..) französische Orientalist Jacques Berque spricht sogar von “inverbation”: im Islam sei Gott zum Wort geworden.“ (7.5.11)
    „http://www.faz.net/s/Rub1DA1FB848C1E44858CB87A0FE6AD1B68/Doc~E379A022308944FA1BA854FD2DCB5AFA6~ATpl~Ecommon~Scontent.html“ 17.05.11