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Voraussetzungen des rituellen Gebets (schuruutus-salaah شروط الصلاة)


Voraussetzungen, die das rituelle Gebet zur Pflicht werden lassen

  • Man muss Muslim sein,
  • Man muss zurechnungsfähig sein,
  • Man muss die Geschlechtsreife erreicht haben,
  • Frauen müssen zusätzlich über den Zustand der rituellen Reinigung verfügen, d. h. frei von Menstruation und Wochenfluss sein.

Ab dem siebten Lebensjahr soll man den Kindern das rituelle Gebet beibringen und sie zu seiner Verrichtung anweisen. Ab dem zehnten Jahr sollen sie für das Unterlassen des rituellen Gebets auf geeignete Weise belangt werden.
Der Islam empfiehlt diese schrittweise Heranführung der Kinder an die Praxis des rituellen Gebets, damit sie beim Erreichen der Geschlechtsreife, wenn das rituelle Gebet zur Pflicht wird, keine Schwierigkeiten bei seiner Praxis haben. Der Gesandte Allaahs (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam) sagte:

مُرُوا أَوْلَادَكُمْ بِالصَّلَاةِ وَهُمْ أَبْنَاءُ سَبْعِ سِنِينَ وَاضْرِبُوهُمْ عَلَيْهَا وَهُمْ أَبْنَاءُ عَشْرٍ وَفَرِّقُوا بَيْنَهُمْ فِي الْمَضَاجِعِ.

“Weist euren Kindern ab sieben Jahren das rituelle Gebet an, belangt sie für sein Unterlassen, wenn sie zehn Jahre alt sind, und lasst sie in getrennten Betten schlafen.” (H, A)

Voraussetzungen zur gültigen Verrichtung des rituellen Gebets

Folgende Voraussetzungen müssen vor Beginn des rituellen Gebets unbedingt erfüllt sein. Bei deren Nicht-Berücksichtigung bzw. Unterlassung wird das rituelle Gebet ungültig und muss wiederholt werden:

  • Anbruch der festgelegten Gebetszeit
    Jedes rituelle Gebet, das vor Anbruch seiner Zeit verrichtet wird, ist ungültig und muss wiederholt werden.
    Bei Zusammenlegen von Mittags- und Nachmittagsgebet bzw. Abend- und Nachtgebet unter bestimmten Voraussetzungen (siehe dazu asch-dscham’) bleibt das vorzeitig verrichtete rituelle Gebet gültig.
  • Die rituelle Reinheit des Körpers, der Kleider und des Gebetsplatzes
    Diese müssen frei von allen rituellen Unreinheiten sein, die im Abschnitt “rituell unreine Substanzen und Tiere (Nadschaasah)” beschrieben wurden.
  • Betende müssen sich im Zustand der rituellen Ganzkörper- und Gebetswaschung befinden.
  • Einnehmen der Gebetsrichtung zur Ka’bah (Qiblah القبلة) in Makkah
    Von Deutschland und Österreich aus liegt die Ka’bah Richtung Südosten.
    Sollte man während des rituellen Gebets bemerken, dass man in die falsche Richtung betet, ändert man unverzüglich noch während des Gebets die Richtung.
    Sollte man nach der Verrichtung des rituellen Gebets feststellen, dass man in die falsche Richtung gebetet hat, obwohl man sich zuvor bemüht hatte, die genaue Richtung der Ka’bah zu ermitteln, so wiederholt man das Gebet nicht. Wer jedoch aus Fahrlässigkeit die falsche Richtung einnimmt, muss das rituelle Gebet danach wiederholen.
    Einnehmen der Gebetsrichtung zur Ka’bah ist keine Pflicht für Kranke und für denjenigen, der sein rituelles Gebet in einer Gefahrensituation (z. B. Krieg) oder in einer anderen Zwangslage verrichtet.
    Das Einnehmen der Gebetsrichtung zur Ka’bah entfällt ebenso für denjenigen, der während einer Reise im Fahrzeug oder auf einem Reittier ein Sunnah-Gebet verrichtet.
  • Die Bedeckung der ‘Aurah (al-‘aurah العورة)
    Al-‘aurah bedeutet linguistisch “der Mangel, das Schamhafte”.
    Fachspezifisch bezeichnet Al-‘aurah “die Körperteile, die bedeckt werden müssen bzw. nicht angeschaut werden dürfen”.
    Diese Definition beinhaltet sowohl die Definition der ‘Aurah im rituellen Gebet als auch allgemein.
    Die ‘Aurah wird mit Kleidern bedeckt und die Scharii’ah unterscheidet hierfür zwischen Waadschib-, Manduub– und Haraam-Kleidung:a) Die Haraam-Kleidung:
  • Spezifische Frauenkleidung, wenn diese von Männern getragen wird, und umgekehrt.
  • Reine Seidenkleidung für die Männer sowie Gold
  • Kleidung, mit der Angeberei und Wichtigtuerei bezweckt wird und Aufmerksamkeit erregt werden soll.
  • Kleidung, die den Tatbestand der Verschwendung erfüllt.b) Die Manduub-Kleidung:Es ist jede schöne Kleidung als Schmuck zu den unterschiedlichen Anlässen. Der Gesandte sagte diesbezüglich:

مَا عَلَى أَحَدِكُمْ إِنْ وَجَدَ أَنْ يَتَّخِذَ ثَوْبَيْنِ لِيَوْمِ الْجُمُعَةِ سِوَى ثَوْبَيْ مِهْنَتِهِ.

“Weshalb soll der eine von euch, wenn er dazu im Stande ist, nicht zwei Kleider für den Freitag, außer den Berufskleidern haben?” (A)

c) Die Waadschib-Kleidung

Es ist jede undurchsichtige Kleidung, mit der man die ‘Aurah bedeckt, sich vor Hitze und Kälte schützt und Schaden von sich abwendet. Der Gefährte Hizaam (radial-lahu ‘anhu) fragte den Gesandten (sallal-laahu ‘alaihi wa sallam):

يَا نَبِيَّ اللَّهِ عَوْرَاتُنَا مَا نَأْتِي مِنْهَا وَمَا نَذَرُ قَالَ‏ ‏احْفَظْ عَوْرَتَكَ إِلَّا مِنْ زَوْجَتِكَ أَوْ مَا مَلَكَتْ يَمِينُكَ قُلْتُ يَا رَسُولَ اللَّهِ إِذَا كَانَ الْقَوْمُ بَعْضُهُمْ فِي بَعْضٍ قَالَ إِنْ اسْتَطَعْتَ أَنْ لَا يَرَاهَا أَحَدٌ فَلَا يَرَاهَا قَالَ قُلْتُ يَا نَبِيَّ اللَّهِ إِذَا كَانَ أَحَدُنَا خَالِيًا قَالَ فَاللَّهُ أَحَقُّ أَنْ ‏ ‏يُسْتَحْيَا مِنْهُ مِنْ النَّاسِ.

“Gesandter Allaahs! Unsere ‘Aurah, wie sollen wir damit umgehen?” Er sagte: “Bedecke deine ‘Aurah außer vor deiner Ehefrau und vor denen, die dir gehören.” Ich sagte: “Gesandter Allaahs! Wie sollen sich die Menschen verhalten, wenn sie unter einander sind?” Er sagte: “Wenn du es kannst, dass niemand sie sieht, dann lass niemanden sie sehen.” Ich sagte: “Prophet Allaahs! Und wenn der eine von uns alleine ist?” Er sagte: “Dann hat Allaah mehr Anrecht darauf, dass die Menschen sich vor Ihm schämen.” (T, H, A, I)

Die ‘Aurah ist nach den Fiqh-Schulen geschlechts- und alterspezifisch. Man unterscheidet zwischen ‘aurah mughal-ladhah
العورة المغلظة (Zenral-‘Aurah) und ‘aurah muchaf-fafah العورة المخففة (einfache ‘Aurah).
Unter ‘aurah mughal-ladhah versteht man die Körperteile, deren Entblößung im rituellen Gebet dieses annulliert.
Die ‘aurah muchaf-fafah umfasst die übrigen Körperteile, die zu bedecken sind.

Die ‘Aurah nach der Hanafiitischen Fiqh-Schule

  • Mann: Seine ‘Aurah erstreckt sich vom Nabel bis zum Knie, wobei der Nabel nicht Teil dieser ‘Aurah ist.
  • Frau: Ihre ‘Aurah umfasst den gesamten Körper außer Gesicht und Hände. Manche Gelehrten zählen innerhalb des Gebets auch die Füße zur ‘Aurah; andere zählen die Füße nur außerhalb des Gebets dazu. Vor den Mahaarim ist die Mindest-‘Aurah: der Bereich zwischen Nabel und Knie und der Bauch mit dem gegenüberliegenden Teil des Bauchs vom Rücken. Gewöhnlich bedeckt die Frau vor den Mahaarim 1 alles außer Haaren, Armen und Unterschenkeln.
  • Kinder: Für Kinder unter vier Jahren ist keine ‘Aurah definiert; und Kinder bis zu 10 Jahren haben nur ‘aurah muchaf-fafah.

Zur ‘aurah mughal-ladhah zählen die Genitalteile und After mit den benachbarten Bereichen. Alles andere gehört zu ‘aurah muchaf-fafah.
Das Entblößen eines Viertels eines Teils der ‘Aurah (mughal-ladhah oder muchaf-fafah) im Gebet für die Zeit der Vollendung eines Pflichtteils, lässt es ungültig werden.

Die ‘Aurah nach der Schafi’iitischen Fiqh-Schule

  • Mann: Seine ‘Aurah erstreckt sich vom Nabel bis zum Knie, wobei Nabel und Knie kein Teil davon sind.
  • Frau: Ihre ‘Aurah umfasst den gesamten Körper außer Gesicht und Hände. Vor Fremden müssen Männer und Frauen den gesamten Körper bedecken. Fremde sind alle, die nicht Mahaarim oder Ehemann sind. Die Schafi’iiten begründen die Bedeckung des gesamten Körpers (auch Gesicht und Hände) vor Fremden mit der Vorbeugung von Fitnah/Versuchung.
    Dies ist eine Idschtihaad-Meinung, die als die gängige Meinung unter ihnen gilt.
    Die Mindest-‘Aurah der Frau vor ihren Mahaarim umfasst die Bereiche wie die ‘Aurah des Mannes.
  • Kinder: Die ‘Aurah für Kinder ist je nach Geschlecht wie die ‘Aurah der Erwachsenen.

Entblößen der ‘Aurah im Gebet durch den Wind lässt es bei schneller Zudeckung gültig bleiben.

Die ‘Aurah nach der Maalikiitischen Fiqh-Schule

  • Mann: Seine ‘aurah mughal-ladhah umfasst nur die Genitalteile und After. Oberschenkel stellen keine ‘Aurah dar. Seine ‘aurah muchaf-fafah sind alle anderen Körperteile zwischen Nabel und Knien.
  • Frau: Ihre ‘aurah mughal-ladhah ist der ganze Körper außer der Brust und dem ihr gegenüberliegenden Teil des Rückens, dem Kopf, der Beine und der Arme.
    Das Entblößen eines dieser Teile im Gebet erfordert dessen Wiederholung, nur wenn die Daruuri-Zeit 2 gegeben ist.
    Ihre ‘aurah muchaf-fafah sind alle anderen Körperteile außer Gesicht und Hände. Ihre ‘Aurah vor Mahaarim ist der gesamte Körper außer Kopf, Hals, Füße und Hände.
  • Knaben unter 8 Jahren haben keine ‘Aurah. Von 8 bis 12 Jahren darf man ihre ‘aurah mughal-ladhah nicht berühren. Ab 13 Jahren haben sie die gleiche ‘Aurah wie Männer.
  • Mädchen bis zwei Jahren haben keine ‘Aurah. Von zwei bis vier Jahren haben sie keine ‘Aurah den Blick betreffend; Männer dürfen die ‘aurah mughal-ladhah nicht berühren. Ab fünf Jahren dürfen Männer ihre ‘aurah mughal-ladhah weder anschauen noch berühren.

Die Definition von ‘aurah muchaf-fafah dient bei den Maalikiiten insbesondere dem Zweck, dass wenn beim Gebet die ‘aurah muchaf-fafah entblößt wird, das Gebet dadurch nicht ungültig wird.
Die Entblößung der ‘aurah muchaf-fafah ist makruuh (eine Soll-Nicht-Handlung). Man muss das rituelle Gebet nur dann wiederholen, wenn genügend Zeit vorhanden ist, sonst nicht.

 

Die ‘Aurah nach der Hanbaliitischen Fiqh-Schule

  • Mann: Seine ‘Aurah erstreckt sich vom Nabel bis zum Knie; weder Nabel noch Knie sind Teil davon.
  • Frau: Ihre ‘Aurah ist der gesamte Körper außer Gesicht und Hände. Außerhalb des rituellen Gebets ist die ‘Aurah der gesamte Körper. Bezüglich der ‘Aurah vor den Mahaarim gibt es drei Meinungen: der Mahram darf nur das Gesicht sehen; der Mahram darf nur Gesicht und Hände sehen; der Mahram darf den Kopf, die Beine und das, was üblicherweise gesehen wird sehen.
    Nach den Hanbaliiten muss die Frau im rituellen Gebet alles bedecken außer dem Gesicht. Nach manchen Gelehrten muss sie Hände und Füße nicht bedecken, es sei denn, ein Nicht-Mahram ist da. Wenn etwas anderes vom Körper sichtbar wird, wird das rituelle Gebet ungültig, da die ‘Aurah nicht bedeckt und damit ein Pflichtteil (Rukn) vom rituellen Gebet verletzt wurde.
  • Kinder bis sieben Jahre haben keine ‘Aurah.
    Mädchen bis zur ersten Menstruation haben die ‘Aurah vom Nabel bis zum Knie.
  • Jungen bis 10 Jahre haben als ‘Aurah die Genitalteile und After. Ab 10 Jahren ist ihre ‘Aurah gleich der ‘Aurah erwachsener Männer.

 

Bemerkung:

Andere Voraussetzungen und Gebets-Bedingungen, insbesondere nach Imaam Abu-haniifah, sind unter den Pflichtteilen erwähnt.


Notes:

  1. Mahaarim ist Plural von Mahram. Mahram ist der Fachbegriff für den Mann, mit dem die Frau verheiratet ist oder in einem Verwandtschafts­verhältnis steht, sodass eine Ehe mit ihm ausgeschlossen ist, wie Vater, Bruder, Sohn, Onkel väterlicher- und mütterlicherseits.
  2. Daruuri-Zeit ist die Zeit von der definierten Gebetszeitspanne, die für die Verrichtung des Gebets noch ausreicht.