Nord-Sumatra und Malaiische Halbinsel
Das erste muslimische Reich in dieser Region war das von Samud(e)ra-Pasai, wobei später der Namensteil “Samudera” zu “Sumatra” verschmolzen und für die gesamte Großinsel verwendet wurde.
Pasai war – neben Bandar Aceh (dem eigentlichen Hafen der Nordprovinz Aceh) der erste und wichtigste Anlegeort der muslimischen Händler und Reisenden, die von Indien her kamen. Zwischen dem 11. und 12. Jh. entwickelte sich Pasai zum wichtigsten Punkt auf der weiteren Reise der Schiffe, und der Islam fand – wenn auch zunächst nur bei kleinen Teilen der Bevölkerung – Annahme, seit 1267 der Herrscher von Samudra-Pasai, Merah Silu, vom Hinduismus zum Islam konvertierte und den Namen Al-malik As–saalih annahm. Durch seinen Grabstein, der 696/1297 datiert ist, erkennt man auch starke Beziehungen zu Indien hin, da dieser Stein eine Spezialanfertigung aus Sind war und mit indisch-muslimischen Händlern nach Pasai transportiert worden sein muss. In dem Bericht des Marco Polo anlässlich seiner Rückreise aus China (1292) wird bereits bestätigt, dass Pasai ein eigenständiger Stadtstaat unter einem muslimischen Herrscher war, und dass die örtliche Bevölkerung – sowohl die fremdstämmigen Händler als auch die einheimischen Malaien – korrekt und bewusst die islamische Lebensweise befolgten.
Die wichtigste Gründung im malaiischen Bewusstsein ist das Sultanat von Malakka. Die Vorgeschichte verbindet dieses Ereignis mit einem Prinzen aus dem hindu-javanischen Herrscherhaus Srivijaya namens Sang Nila Utama Parameswara, der 1324 im Süden der malaiischen Halbinsel die ursprüngliche Stadt Singhapura gründete und somit das Gebiet zwischen Bintan, Palembang und Singhapura beherrschte. Der vierte Nachfolger dieser Kleindynastie war Paduka Sri Maharaja Parameswara, der 1399 die Thronfolge antrat, aber schon 1401 von einer Invasion der Armee von Majapahit vertrieben wird und nordwärts fliehen muss. Schließlich findet er an der Nordwestküste Malaysias eine geeignete Region und gründet mit seinen Getreuen 1402 die Stadt Malakka, wobei er, sein Hofstaat und die Bevölkerung noch religiös wie auch kulturell hindu-javanisch sind. 1409 nimmt Parameswara den Islam, den Namen Iskandar Schaah und den Titel eines Sultaans von Malakka an, und eine beträchtliche Zahl von Bewohnern Malakkas wurden ebenfalls Muslime. Aufgrund der günstigen Seefahrtsbedingungen wird Malakka schon in Parameswaras Zeit der bedeutendste Zwischenhandelsplatz, der die muslimischen Seerouten von Arabien und Indien sowie die aus China und den Molukken (die offenbar schon vor 1300 teilweise islamisiert wurden) verbindet.
Mit der Gründung des Handelsstaates von Malakka jedoch verlagerte sich der gesamte Handel zunehmend auf die andere Seite der “Straße von Malakka” (wie die Seestraße zwischen der malaiischen Halbinsel und Sumatra seit jener Zeit hieß), und so wurde die Rolle von Samudra-Pasai verringert, während das vorher recht unbedeutende Bandar-Aceh – nach Ankunft des Schariif Maalik Ibraahiim – zum Sultanat aufstieg und das alte Samudra-Pasai nach und nach einnahm.
Die eigentlichen Anfänge des Sultanats von Aceh liegen im Königreich Champa, so wie auch die Hauptbevölkerung von Aceh sprachlich dieser Region zugehörte und nicht den eigentlichen Malaien. 1471 plünderten die vietnamesischen Könige die damalige Hauptstadt Champas, Vijaya, und der König von Champa, Siah Pau Kubah, sandte seinen Sohn, Siah Pau Ling, um in Aceh zu regieren, was zu dieser Zeit eine recht bescheidene Außenkolonie von Champa besaß. In den Jahren bis ca. 1490 nahm dieser Herrscher den Islam an; doch der eigentliche Begründer des Sultanats von Aceh ist ‘Ali Mughayat Schaah, der ein kleines Gebiet um Bandar Aceh und Kutaraja sowie einen schmalen Küstenstreifen bis Benkulen und den Inseln einschließlich Nias kontrollierte. Allerdings war er dem älteren Sultanat von Samudra-Pasai noch tributpflichtig.
Reichtum und Reichsausdehnung des Staates von Malakka wurden durch den Fern- und Zwischenhandel ermöglicht: Malakka kontrollierte – gewissermaßen am Nadelöhr der malaiischen Welt sitzend – den gesamten Warenfluss, der durch lokal gefördertes Zinn und Silber, durch Gold aus Sumatra und Mindanao, durch Dufthölzer aus China, Vietnam und Kambodscha, durch Gewürze von den Molukken, Java und Champa und als Handelsstation des Seiden- und Porzellanhandels für die arabisch-persische Welt interessant und unverzichtbar war.
1509 kamen die Portugiesen in Pasai an; ihr Einfluss bestand zunächst nur im Handelsbereich, weil der Sultaan von Pasai diese neuen europäischen Händler verwenden wollte, um gegenüber Malakka an Handelsvolumen zu gewinnen. Doch der Sultaan geriet immer mehr auch politisch unter ihre Kontrolle, und seine Schwäche verärgerte zunehmend Aceh, das sich den Portugiesen sperrte und ihnen auch keine Handelslizenz erteilte. 1511 eroberten die Portugiesen das reiche Malakka, vertrieben die dort ansässigen muslimischen Händler und bauten die Stadt zu einer europäischen Festung um. Die muslimischen Händler flohen nach Aceh, das sich im Gegensatz zu Pasai dem portugiesischen Einfluss vehement widersetzte, und stärkten unmittelbar Acehs Position im Fernhandel. Jetzt war Aceh, die Hauptstadt und der Haupthafen, in doppelter Weise bevorzugt, weil es immer auch der erste Hafen aller muslimischen Fernhändler war und durch den Fall Malakkas und die Diskreditierung Pasais der einzige akzeptable und mögliche muslimische Handelsplatz vor Java, den Molukken bzw. Champa wurde.
Als die Portugiesen Malakka einnahmen und zu ihrer Hauptfestung sowie als Weiterführung des indischen Goa in Asien ausbauten, wurden auch alle globalen Parameter in der Region verändert. Das Sultanat von Malakka verschwand und wurde im Süden der malaiischen Halbinsel durch das Sultanat von Johor als direktem Nachfolger abgelöst. Gleichzeitig stieg das Sultanat Aceh durch den neuen Handelsreichtum auf und wurde zum größten Gegner sowohl der Portugiesen als auch Johors. Johor konnte den Handel im Süden nicht adäquat garantieren (wegen der Gefahr durch portugiesische Kriegsschiffe). Ab 1521 übernahm Aceh endgültig diese Rolle, als die Portugiesen Pasai auch militärisch kontrollierten und den Sultaan von Pasai zu ihrer Marionette machten, ihn selbst benannten und sogar einsetzten. Das Sultanat von Aceh erweiterte seinen Einfluss zwischen 1524 und 1539 durch drei Faktoren:
a) Die Portugiesen ließen 1524 in Pasai hinduistische Händler aus Indien (wahrscheinlich aus Goa/Südindien) ansässig werden, um den muslimischen Handelseinfluss endgültig zu brechen. Daraufhin wanderten alle muslimischen Fern- und Großhändler nach Aceh aus, und das Sultanat von Aceh wurde das größte Handelszentrum des Islam in ganz Südostasien.
b) Große Gebiete wurden zwischen 1524 und 1532 eingenommen, vor allem Deli, Pasai und Pedir; dort setzte der Sultaan von Aceh, ‘Alaaud-diin Kahar, Regenten für Aceh ein, die zugleich den Pfefferhandel kontrollierten.
c) 1539 kommt als Ergebnis einer intensiven diplomatischen Vereinbarung zwischen Aceh und dem osmanischen Reich eine osmanische Schiffstruppe von 15 Schebeken (hochseetüchtige, mittelgroße Galeassen) in Aceh an. Sultaan ‘Alaaud-diin erhielt im Rahmen der osmanischen Expedition, die unter dem Kommando des Admirals Kurtoglu Reis stand, Fachleute zur modernsten Kanonengusstechnik, Gewehr- und Geschütztechnik sowie ca. 300 speziell ausgebildete Soldaten und setzte diese unmittelbar auf seinen Schiffen und den Hafenfestungen von Bandar Aceh ein. Ein Angriff der vereinigten Truppen aus Aceh gegen Malakka scheiterte jedoch 1547, während in demselben Jahr ‘Alaaud-diin Kahar große Landgebiete im Norden und Süden des befestigten Malakka den Portugiesen nehmen konnte.
Ein lokaler Markt mit Pfeffer, Muskatnuss, Betelnuss, Edel- und Hartholz sowie Gold aus Inner-Sumatra wurde als zusätzliche Standort-Attraktion den muslimischen Fernhändlern in Aceh geboten, und der Islam wurde bewusst gefördert, indem Gelehrte aus Jemen und Indien mit Bildungseinrichtungen und Stiftungen versehen wurden.
1564 reiste eine größere Gesandtschaft aus Aceh auf Befehl von ‘Alaaud-diin ins Osmanische Reich zu Selim II. nach Istanbul. Eine beiderstaatliche Zusammenarbeit wurde vereinbart, sowie technisch-logistische Unterstützung gegen die Portugiesen. Geplant war, den Portugiesen im Indischen Ozean zuzusetzen, um ihre Position zwischen Indien und Sumatra zu schwächen. Der 2. Großangriff Acehs (mit ca. 400 Mann zusätzlichen osmanischen Spezialtruppen) 1568 gegen das portugiesische Malakka scheiterte jedoch wie schon der erste sieben Jahre zuvor, da Malakka, aufgerüstet durch starke Befestigungen und Kanonenbestückung, weder von der Landseite noch vom Meer aus bezwungen werden konnte.
1595 boten sich die Holländer unter der ersten Handelsdelegation des Cornelis de Houtman bei Sultaan Buyong (1589-1596) an, für Aceh in Handel und Diplomatie tätig zu sein. Kurz darauf gestattete man den Holländern unter Aufsicht, eine Faktorei (Handelstation) zu betreiben, um den portugiesischen Einfluss zu verringern. Erst nach vier Jahren relativ ruhiger Tätigkeit akzeptierte der nachfolgende Sultaan von Aceh, ‘Alauddin Riayat Syah (1596-1604), auch die diplomatischen Dienste der holländischen Gesandtschaft, die daraufhin einen anti-portugiesischen Vertrag zwischen der holländischen Krone und dem Sultanat vermitteln. Der Höhepunkt dieser diplomatischen Phase war erreicht, als 1601 eine holländische Gesandtschaft arabische Empfehlungsbriefe aus den Komoren/Ostafrika nach Aceh brachte und im Gegenzug für Aceh Gesandtschaftsschreiben nach Indien an den Hof des Großmoguls Akbar beförderte.
Mit dem Regierungsantritt des Sultaans Iskandar Muda (1607-1636) endete jedoch das Entgegenkommen. Die holländische Eroberung des ganzen Molukkenarchipels und die brutale Unterwerfung der Sultanate von Ternate und Tidore durch die VOC (Vereinigte Ostindiengesellschaft), damit die Ersetzung der malaiischen und arabischen Händler durch holländische im Muskat- und Nelkenhandel, die Ermordung mehrerer Zehntausend Bewohner der Banda-Inseln der Molukken, war den Regierenden in Aceh nicht entgangen. Die Holländer hatten seit 1604 endgültig die Portugiesen im Osten der malaiischen Welt als Kolonialherren abgelöst. Daher beendete Mudar 1607 alle diplomatischen und Handelsbeziehungen zu den Holländern. Von 1609 an beherrschte Aceh de facto den gesamten südostasiatischen Pfefferhandel, entweder durch Gebietskontrolle oder als Zwischenhändler. Andererseits wurde die Gegnerschaft zwischen Aceh und Johor zwischen 1613 und 1629 auch militärisch ausgetragen: 1613 unternahm Aceh erfolgreich einen Angriff auf das Sultanat von Johor, nahm die Hauptstadt ein und zwang die Herrscherfamilie für mehrere Jahre, in Bandar Aceh ansässig zu sein. 1616 griff Aceh mit dem als Vasall unterworfenen Johor zusammen zweimal Malakka an, doch auch diese Großangriffe scheitern. 1629 hatte sich Johor aus der Abhängigkeit von Aceh befreit und verbündete sich gegen dieses mit dem portugiesischen Malakka. So scheiterte Iskandar Muda zum 5. und letzten Mal in einem Angriff auf Malakka, seine Flotte wurde vernichtet und ca. 19000 Menschen starben im Meer. Auf dem Land war Iskandar Muda aber erfolgreich: 1617 konnte er die Zinnminen von Pahang (Malaiische Halbinsel) einnehmen, außerdem große Gebiete in Nordsumatra, die Goldminen besaßen. 1629 – im Jahr der Seeniederlage – nahm Aceh die Sultanate von Kedah und Perak ein und deportierte eine große Anzahl von dortigen Malaien nach Aceh, weil die Einwohnerzahl Acehs mittlerweile geringer war als zur Aufrechterhaltung von Handwerk und Bautätigkeit nötig. Dadurch wurde Aceh verhasst, und Johor fand immer mehr heimliche Unterstützung bei den Malaien. Sultaan Iskander Tani (1636-1641) schaffte es zwar, verschiedene Volksgruppen im Herrschaftsgebiet von Aceh zu versöhnen und zusammenzubringen, konnte auch die internationalen Beziehungen (z. B. zu Indien, Osmanen, arabische Halbinsel) stärken, doch von 1641 an begann eine dramatische Wende. Zunächst schloß Tani ein reines militärisches Zweckbündnis auf Zeit mit Johor und den Holländern, um Malakka den Portugiesen zu nehmen. Das gelang zwar 1641, doch die Holländer besetzten die Festung und Stadt, wurden sofort zu direkten Handelskonkurrenten Acehs und schwächten seine Stellung. Kurz darauf verstarb Iskander Tani, und vier weibliche Fürstinnen folgten ihm auf den Thron (1641-1699). Diese können sich letztlich nicht erfolgreich gegen die Holländer durchsetzen, sodass 1659 Aceh von der VOC zu einem schlechten Monopolvertrag (bezüglich der Handelswaren der Molukken) gezwungen wird.
Vom 16. Jh. an entwickelten sich die malaiischen Sultanate anders als das Sultanat von Aceh: seit dem großen Herrscher Iskandar Mudah betrieb Aceh eine ausgeprägt aggressive Außenpolitik, unterhielt starke Streitkräfte, nahm auf der malaiischen Halbinsel sowohl nördlich wie südlich von Malakka Gebiete ein und es kam zur Zwangsumsiedlung einiger Volksgruppen der malaiischen Halbinsel nach Sumatra.
Malakka selbst konnte nicht eingenommen werden. Andererseits blieb Aceh bis ins 19. Jh. so stark und einflussreich, dass es eines der letzten Gebiete war, welches die holländischen Kolonialtruppen einnahmen, unter Ausnutzung bereits automatischer, neuartiger Waffen. Dennoch konnte sich Aceh bis in die 1970er Jahre einen Sonderstatus halten, der sich teils bis heute im Selbstverständnis auswirkt.
Die malaiischen Sultanate der malaiischen Halbinsel waren hingegen eher an Bünd-nissen und Seemacht interessiert. So wurden durch Heiratspolitik die meisten Sultanate bis ins 17. Jh. miteinander verbunden, mussten sich aber seit 1805 der Expansionspolitik der thailändischen Könige erwehren.
Der Einfluss Großbritanniens und unkluge Verträge führten nach und nach innerhalb der Jahre bis 1880 die malaiischen Sultanate in die Rolle eines britischen Protektorats unter einem britischen Residenten. Diese indirekte Herrschaft (engl. “indirect rule”) wurde geschickter als in Indien durchgeführt, insofern als sowohl die malaiische Lebensgrundlage als auch die traditionellen Kulturprägungen nicht angetastet wurden. Streitpunkte waren vielmehr die von den Briten erzwungene Außenpolitik einerseits und die von ihnen geförderte Einwanderungspolitik. Um nicht von den einheimischen Malaien und ihrer Plantagenarbeit abhängig zu sein und eigene loyale Kolonialtruppen zu bilden, brachten die Briten Inder aus den Tamil-Gebieten Süd-Indiens, Parsen als Großkaufleute, Sikhs und Gurkhas als Spezialtruppen und Militärpolizei, Chinesen aus Südchina als Arbeiter und später auch Finanziees. Dass dadurch das malaiische Kulturverständnis inklusive Islam in die Rolle einer Minderheit im eigenen Land gedrängt wurde, nur formal durch die entmachteten Sultaane aufrechterhalten, schuf eine bis heute kritische Situation auf der malaiischen Halbinsel, die andererseits nach 1950 auch zu einer Neuorientierung am Islam führte.
Zentralinneres Sumatra
Während die Küstenregionen Sumatras schon seit 1300 mit dem Islam bekannt wurden, blieben die Gegenden im Inneren Sumatras bis 1500 vom Einfluss der Sultanate von Aceh und Banten weitgehend abgeschnitten. Von ca. 1500 an begannen einige eingewanderte Gelehrte und einheimische Muslime, den Weg von der Südküste in das Minangkabau-Gebiet zu suchen. Die ersten Fürsten der Minangkabau bekennen sich seit ca. 1550 zum Islam, aber der Prozess der Islamisierung dauerte mindestens weitere 150 Jahre an. Seit ca. 1700 ergab sich eine einzigartige Zusammensetzung in der Minangkabau-Kultur, die sich in gesellschaftlicher Hinsicht nach mutterrechtlichen Prinzipien ausrichtete und die Scharii’ah-Normen, die damit zu tun hatten (wie das Erbrecht) entsprechend adaptierten.
Auch die Holländer konnten nur sehr langsam in den durch Dschungel bedeckten Zentralteil Sumatras vordringen, ähnlich wie die Engländer auf Borneo. Neben den bestens auf die Natur abgestimmten einheimischen Kriegern der Minangkabau und Batak fielen etliche Kolonialtruppen den endemischen Krankheiten zum Opfer, bevor es überhaupt zu Kämpfen kam. So blieben die Gebiete der Minangkabau bis 1873 weitgehend von den Auseinandersetzungen in Ost- und Nord-Sumatra abgeschnitten und verschont. Während auf Java das Inselinnere von der Nordküste her von einfachen muslimischen Gelehrten durchwandert wurde, geschah diese muslimische Durchdringung auf Sumatra von der Südküste her. Sobald seit ca. 1650 die Minangkabau-Clanführer und -fürsten Handel mit der Außenwelt treiben wollten, mussten sie an der Südküste Handelspunkte bereitstellen, aus denen bald auch muslimische Handelsviertel wuchsen, die ihrerseits auch Gelehrte anzogen. So begann eine stärkere islamische Identität bei den Minangkabau eher durch die an sich schon aufgeschlosseneren Zwischenhändler, die ihrerseits Werbung bei ihren Clans machten. Dabei mussten aber die Ausdrucksformen des Islam mit dem traditionellen Adat kombiniert werden, um akzeptabel zu sein.
So prägten die Sumatra-Gelehrten den Satz: “Wissen und Scharii’ah kommen von der Küste ins Innere, Adat kommt von Innen an die Küste, und beide treffen sich.”
Nordost-Sumatra
In diesem Gebiet bestanden zwei unabhängige Reiche, die sich seit ca. 1500 (unter malaiischem Einfluss) in zwei Sultanate umformten: Jambi und Palembang. In der Blütezeit von Demak, zur Regierungszeit von Raden Patah (gest. 1504), gehörten beide Gebiete zum Einflussbereich von Demak. Während Jambi ab ca. 1520 meist unter dem Einfluss von Aceh bzw. Johor stand, konnte Palembang sich in der politischen Ausrichtung mal zu Johore, mal zu Banten hin orientieren. Kulturell sind beide Kleinstaaten eher den malaiischen Sultanaten der malaiischen Halbinsel zuzuordnen, erhielten sich aber relativ viel Unabhängigkeit, da sie im Grenzgebiet drei großer Reiche und später auch der frühen holländischen Kolonialregion Batavia gegenüber lagen.
Süd-Sumatra
Hier hatte die ursprüngliche, gleichnamige Hauptstadt des Sultanats von Banten ihren Sitz. Ähnlich wie das ältere Sultanat Demak stand auch Banten von Anbeginn an im Konflikt mit dem Königreich von Sunda und eroberte sich einen großen Landbereich in West-Java. In Richtung Nordwesten, Richtung Jambi und Palembang, konnte sich Banten nicht ausdehnen, weil diese Reiche meist den Schutz des Sultanats von Johor suchten, gegen das sich wiederum Banten nicht stellen wollte. Diese Lage wurde nochmals verschärft, als sich die VOC 1630 einen Landstreifen in Nordjava eroberte, dann 1641 die Portugiesen aus Malakka vertrieb und sich selbst dort eine Handelsstadt einrichtete. Man erkannte also in Banten, dass nur Johor gegen die Holländer stehen konnte, und tolerierte daher Johors Gebietsansprüche in Sumatra.