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Revolution und Islamische Republik (seit 1979)


Die von der Modernisierung übergangenen Massen schlossen sich immer stärker linksradikalen und islamischen Bewegungen an. Typisch für die 70er Jahre war das Auftreten von Gruppen, welche sozialistisches Gedankengut mit islamischen Gedanken zu verbinden suchten. Einer der einflussreichsten Intellektuellen war ‘Aliy Schari’ati (1933-77), der in Paris studierte. Er konnte wie keiner die Jugend und die Intellektuellen ansprechen durch seine eigenwilligen Versuche, den Quraan unabhängig von den Lehrmeinungen der schiitischen Mollahs im Lichte moderner soziologischer Theorien zu verstehen. Die eigentliche Revolution kam nur durch dieses Zusammenwirken unterschiedlichster Kräfte zustande, welche in der Ablehnung der Pahlavi-Herrschaft ihren gemeinsamen Nenner fanden.

Als eigentliche Gewinner erwiesen sich jedoch die schiitischen Gelehrten, die sich am Anfang der Revolution noch überwiegend apolitisch und im Sinne der quietistischen Schii’ah (“Warten auf den Mahdi”) verhielten.

Großayatollah Ruhollah Musavi Khomeini (1902-1989) wurde zur Kristallisationsfigur der Revolution, die im Januar 1979 mit der Flucht des Schaah siegte. Die Breitenwirkung auf die islamische Welt war einerseits enorm, gleichzeitig wurde aber durch die folgenden Ereignisse die Kluft zwischen Schii’ah und Ahlus-sunnah weitaus größer als sie es vor der Revolution gewesen war. Eine andere, noch kaum zu überblickende Auswirkung ist der Prozess der Transformation, welcher sich innerhalb der 12er Schii’ah abzeichnet. Die unpolitischen Strömungen der Gelehrtenschaft gerieten zeitweise unter starken Druck. Auf der anderen Seite herrscht nun eine Gruppe von Gelehrten im Namen des schiitischen Islams und des verborgenen Imaams und muss in Kauf nehmen, dass alle getätigten Fehlentscheidungen, jede Form unrechtmäßiger Bereicherung und Korruption (welche sich zwangsläufig einstellt) nun der Schii’ah insgesamt angelastet werden. Wie der Antagonismus von realpolitischen Zwängen der Staatsräson und den idealistischen Erfordernissen des Gelehrtentums gelöst wird und ob es zu einem erneuten Rückzug der Gelehrten in eine freiwillige politische Abstinenz kommt, kann heute noch nicht abgesehen werden.