.
.

.

Einzelbetrachtung der wichtigsten Teildynastien:


Von As-saffaah (132/749) bis Al-mutawakkil (232/847)

a) Die Aghlabiden (Al-aghaalibah) (184-296/800-909) in Nordafrika

Diese Teildynastie wurde auf einen Armeekommandeur mit dem Namen “Al-aghlab Bnu-saalim” zurückgeführt, der aus Chorasan stammend im Jahre 184/ 800 mit Truppen nach Nordafrika gesandt wurde, um dort einen Aufstand niederzuwerfen. Erst sein Sohn Ibraahiim beendete die Rebellion und wurde von Haaruun Ar-raschiid zum Gouverneur ernannt. Da dieses Amt als erbliches Lehen definiert wurde, entstand diese spezielle Teildynastiebildung mit ausdrücklicher Billigung der Zentralmacht. Der Regierungssitz lag in Qairawaan. Zu den besonderen Leistungen unter der Führung der Aghlabiden seit der Regentschaft des Abu-muhammad Ziyaadatul-laah (202-223/817-838) gehörte die Eroberung Siziliens (216/831) mit Palermo als regionaler Hauptstadt, formell Emirat Sizilien genannt, sowie die Plünderung Roms (231/846) und die Kontrolle Maltas und Teilen von Oberitalien (255/868). Künstlerisch und technisch erlebte das Gebiet der Aghlabiden eine hohe Reife; zum ersten Mal wurden die Ribaat-Systeme (Festungen mit fester, unverheirateter Kriegerbelegschaft) zur Sicherung der Küste belegt. Nach Unzufriedenheit der Bevölkerung und blutigen Familienfehden fiel das Aghlabiden-Gebiet 296/909 an das fatimidische Ägypten.

b) Tahiriden (At-taahiriyyuun) (205-259 /820-873 ) in Ostpersien und Zentralasien

Von Al-ma’muun als verdienter Heerführer in Ostpersien und Zentralasien als Gouverneur eingesetzt, erklärte Taahir Bnul-husain bald seine Unabhängigkeit. 208/823 beerbte ihn sein Sohn Talhah, wobei dem Chaliifah kein Mitspracherecht eingeräumt wurde. Erstmals seit der Eroberung durch die arabischen Armeen ist im Iran damit wieder ein de facto autonomer Staat entstanden. Trotz einer nominellen Anerkennung der Oberhoheit des Chaliifah war so die östliche Provinz für die Abbasiden verloren. Ein militärisches Vorgehen bot sich dem Chaliifah nicht an, da die Tahiriden die Kommandeure der Schurtah in Baghdaad stellten; zu Zeiten politischer Unruhe kamen dieser Schurtah nahezu unbeschränkte Befugnisse zu. Zudem war der Chaliifah auf Rückhalt bei der Schurtah angewiesen, um nicht völlig in die Abhängigkeit seiner turkstämmigen Leibgarde zu geraten. Deshalb blieb die Stellung der Tahiriden unangefochten. Die Tahiriden wählten als Residenz die alte Kulturstadt Nischapur, welche ein Zentrum der islamischen Gelehrsamkeit war. Die Herrscher zeigten sich als großzügige Mäzene von Kunst und Wissenschaft. Von 253/867 an verloren sie ihre Ländereien, die dann 259/873 von den Saffariden annektiert wurden.

Von Al-muntasir (247/861) bis Al-mustakfi (333/944)

a) Saffariden (As-saffaariyyuun) in Ostpersien (247-287/861-900)

In den Gebirgsgegenden Ostirans, Sistans und des später Afghanistan genannten Gebiets hatte die Zentralregierung kaum Interesse; Handelsstraßen von Bedeutung gab es dort nicht. So wanderten etliche Oppositionsgruppen – insbesondere überlebende Chawaaridsch – dort ein, was zu Gegenreaktionen der Bevölkerung führte. Aufgrund der Untätigkeit der Regierung entstand eine eigene Aufstandsbewegung, an deren Spitze sich Ya’quub Bnu-laith, ein ehemaliger Anführer einer Räuberbande sowie Kupferschmied (Saffaar) stellte. Er gründete 247/861 ein Fürstentum städtischen Charakters und wurde nachträglich wegen seines Organisationsgeschicks vom Chaliifah zum “Amir” ernannt – unter der Bedingung, weiterhin zur Zufriedenheit der Bevölkerung für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Aus diesem Auftrag nahm Ya’quub sich die Berechtigung, das Tahiridenreich einzunehmen. Auch fiel in seine Periode die bewusst vorangetriebene Islamisierung des bis dato großteils buddhistischen Afghanistans. Ein Versuch, sich der Hauptstadt Baghdaad zu bemächtigen, scheiterte. Ya’quubs Bruder ‘Amr (265-287/878-900) war ein begabter Feldherr, konnte jedoch das Fürstentum nicht zusammenhalten und verlor die Herrschaft an die Samaniden (As-saamaaniyyuun), die ihn im Jahre 287/900 gefangen setzten. Damit erlosch das Saffaridenreich, ohne weitere Spuren zu hinterlassen.

b)  Samaniden (As-saamaaniyyuun) in Transoxanien (204-389/819-999)

Die Samaniden leiten ihren Namen von ihrem Stammvater Saamaan Chodat ab, dessen vier Enkel auf Anordnung des Chaliifah Al-ma’muun vom tahiridischen Statthalter in Chorasan belehnt wurden. Naasir Bnu-ahmad übernahm 259/873 das zusammengebrochene Tahiridenreich; als Statthalter von Transoxanien baute er diese Landschaft zum Kernland seiner Dynastie aus. Sein Bruder Ismaa’iil (279-288/892-901) schloss mit der Unterwerfung der Saffariden die Reichsgründung ab. Danach haben sich die Samaniden sämtliche ostiranischen Gebiete einverleibt und herrschten damit über die gesamte Osthälfte der Chilaafah bis zur Grenze der indischen Fürstentümer. An dem Fürstenhof entstand zum ersten Mal wieder eine persischsprachige Literatur; mittelpersische Texte wurden auch ins Arabische übertragen, ebenso Erzählungen aus dem indischen Fabelkreis. Hervorzuheben ist wegen seiner Bedeutung für die Literaturgeschichte auch das dort entstandene Schahname des Abul-mansuur Al-firdausiy. In seiner Spätphase durch innere Machtkämpfe und Teilungen geschwächt, drangen zentralasiatische turkstämmige Völker ein und besetzten große Gebiete. Schließlich fiel Chorasan an die Ghaznawiden, der Rest an die turkmenischen Karakhaniden.

c) Tuluniden in Ägypten und Syrien (254-292/868-905)

Namensgebend für diese Dynastie war Tuluun, ein ehemaliger turkstämmiger Militärsklave, der ursprünglich in der Leibgarde des Chaliifah Al-mu’tasim (218 -227/833-842) diente und dort in den Kommandeursrang aufstieg. Er verwandte seine Energie darauf, seinen Sohn Ahmad gründlich militärisch auszubilden, und als dieser bedeutende Qualität aufweisen konnte, wurde er zum Gouverneur von Ägypten ernannt. Zu dieser Zeit zogen die meisten Gouverneure das kulturell hochstehende und üppige Großstadtleben in Baghdaad dem Leben in den Provinzen vor, d. h. sie herrschten nur über Sachverwalter. Ahmad Bnu-tuluun blieb jedoch in Ägypten und schaffte sich eine straff organisierte Armee aus schwarzen Sklaven, byzantinischen Söldnern und stammesverwandten Türken, die allesamt nicht auf den Chaliifah, sondern auf ihn vereidigt waren.
Als Ahmad die wichtigsten Städte in Syrien und Palästina besetzte und offen als Gouverneur Syriens auftrat, kam es zum Konflikt mit dem Chaliifah. Die Probleme konnte er jedoch mit Diplomatie, Geschicklichkeit und Waffen lösen, worauf er sich auf einer stark befestigten Burg in Fustaat (später in der Fatimidenzeit: Alt-Kairo) festsetzte. Sein Sohn Chumarawaih (270-283/884-895) musste sich zunächst mit Waffengewalt behaupten, erhielt jedoch vom Chaliifah für die Frist von 30 Jahren die offizielle Bestätigung als Statthalter von Ägypten, Syrien und Nordirak. Dafür musste er einen relativ geringen regelmäßigen Tribut an den Hof entrichten. Dieses politische Arrangement wurde sogar durch die Heirat einer Tuluniden-Fürstentochter mit dem Chaliifah Al-mu’tadid (279-289/892-902) bekräftigt. Der Staat zerfiel schließlich durch Ereignisse, die er mit vielen anderen Dynastien seiner Zeit teilte: Demoralisierung der Armee, Familienfehden und Morde, Abfall der besten Heerführer, Aufstände in Syrien und Einfall der Hoftruppen aus dem Irak. Der letzte Tulunide wurde 292/905 nach Baghdaad deportiert.
An seiner Stelle wurde der aus Ferghana stammende Muhammad Bnu-tughdsch (محمد بن طغج) (327-335/935-946) als Statthalter eingesetzt, der sich genau wie seine Tuluniden-Vorgänger quasi selbständig machte und die Zwischendynastie der Ikhschiden (Al-ichschiidiyyuun) (327-358/935-969) begründete, welche von den Fatimiden abgelöst wurde.

Die Bedeutung der Tulunidenzeit lag in folgenden Punkten:

    1. Ägypten wurde wieder ein eigenständiger, starker Staat mit eigener Regierung.
    2. Erstmals seit der Pharaonenzeit bestand eine Bindung an Syrien.
    3. Verbleib der Steuer- und Geldmittel machte aus Ägypten ein reiches, hochentwickeltes Gebiet. Es gab Bewässerungssysteme und technische Erfindungen, Lebensbedingungen der Landbevölkerung wurden angehoben, und Handwerk und Handel (speziell Tuchweberei) in den Städten wurden gefördert.
    4. Trennung von Zuständigkeitsbereichen nach ethnischen Elementen: Turkstämmige als Militärführer, nicht-ägyptische Sklaven und Freie als Söldner und Soldaten, Ägypter als Intellektuelle, Handwerker, Händler und Bauern. Diese Aufteilung blieb in Ägypten bei sämtlichen Dynastien bis zu den Osmanen.

Von Al-mutii’ (334/945) bis Al-qaaim (422/1075)

a) Dominanz der Buyiden-Herrschaft im Irak und Iran (334/945-451/1058)

Ursprünglich als Heerführer im Iran kamen die Söhne des Abu-schudschaa’ Buwaih zur Macht und erklärten sich zu unabhängigen Fürsten. Obwohl sie sich der Schii’ah angeschlossen und 334/945 Baghdaad eingenommen hatten, be-schlossen sie, das formelle Chilaafah der Abbasiden bestehen zu lassen, und wurden gewissermaßen zu schiitischen Protektoren der abbasidisch-sunnitischen Herrscher. Insbesondere unter ihrer Herrschaft wurde die Ausbreitung der Schii’ah gefördert, die das Vordringen der sunnitisch ausgerichteten Seldschuken (As-salaadschiqah) überdauern konnte. Im Jahre 414/1023 beseitigten die Ghazna-widen (Al-ghaznawiyyuun) den Buyiden-Zweig im Ray. Von den Seldschuken wurden ihre Herrscherr im Jahre 447/1055 in Baghdaad und im Jahre 454/ 1062 in Kerman endgültig gestürzt.

b) Fatimiden in Ägypten (296-567/909-1171)

Seit etwa 128/745 – also nach dem Ende der Umayyadenzeit – wurden von den Vertretern der Ismaa’iiliyyah lokale Aufstände – vor allem in der nordsyrischen Region – durchgeführt. Von Anfang an bildete dabei eine systematische Propa-ganda (von den Ismaa’iiliten da’wah genannt) die Grundlage zur Rekrutierung von Sympathisanten. Doch der Druck der sunnitischen Bevölkerung und Gelehrtenschaft erzwang den Rückzug großer Teile der Ismaa’iiliyyah über Palästina und Ägypten nach Nordafrika. Dort entstand nach dem Zusammenbruch des Aghlabidenreiches ein Vakuum, welches von der nun “Faatimiyyah” genannten ismailitischen Bewegung eingenommen wurde. 296/909 wurde der erste Imaam der Fatimiden ‘Ubaidul-laah als der erwartete Mahdi ausgerufen. Seine Beanspruchung des allgemeinen Imaam-(Chaliifah) Titels führte zur geistigen, endgültigen Zerspaltung der islamischen Welt, und so nahm der Amir von Al-andalus, Abdarrahman III., im Jahre 317/929 auch den Chaliifah-Titel an.

Der vierte Fatimiden-Chaliifah Al-mu’izz verlegte 345/955 die fatimidische Herrschaft nach Ägypten und gründete dort die Stadt “Al-qaahirah” in der Nähe des alten Fustaat – wohl auch, weil der Druck anderer Kräfte in Nordafrika zu stark geworden war (insbesondere nach der Gründung des Rustamidenreiches in Al-maghrib). Seine Herrschaft endete beim äußersten Maghrib, wo er sich mit der umayyadischen bzw. rustamidischen Einflusssphäre traf. Im Norden gehörte Sizilien zum fatimidischen Reich. Ein Charakteristikum der Fatimidenherr-schaft, die sich noch unter Al-mu’izz bald auch auf den palästinensisch-syrisch-en Küstenstreifen ausdehnte, war die große Toleranz gegenüber Andersdenken-den. Das war auch geraten, da ein großer Teil der Bevölkerung nach wie vor sunnitisch geprägt war. Lediglich in der Zeit des später wahnsinnig gewordenen Fatimiden-Chaliifah Al-haakim (386/996) wurden die Christen in seinem Herrschaftsbereich verfolgt. Er ließ die Grabeskirche in Al-quds zerstören (ein Ereignis, was die Kreuzzugspropaganda viel später – nach dem Wiederaufbau der Kirche – als Pseudoargument nutzte). Nach 416/1025 wurde die Grabeskirche 1025-1028 auf Drängen des byzantinischen Kaisers Konstantin VIII. wiederaufgebaut. Im Gegenzug wurde auf byzantinischem Gebiet der Name des fatimidischen Chaliifah Adhdhaahir (412-427/1021-1036) im Freitagsgebet genannt. Adhdhaahir hinterließ seinem Sohn ein so umfangreiches Vermögen, dass dieser Herrscher als der reichste Mann seiner Zeit galt. An stehendem Heer konnten die Fatimiden nach Zeitzeugen mehr als hunderttausend Mann einsetzen.

Doch unter dem Nachfolger Al-mustansiir (427-487/1036-1094) begann die Auflösung der fatimidischen Macht. Das berberische Stammland ging 436/1045 endgültig verloren, dann Sizilien (453/1061), dann besetzen die Seldschuken Syrien. Nur in Al-quds und wenigen Gebieten des Küstenstreifens verblieben fatimidische Festungen. Nach Beginn der Kreuzzugeinfälle der Franken und dem Fall von Al-quds (492/1099 ) verblieb in mehreren Rückzugschritten dem Chaliifah Al-haafidh (525-544/1131-1149) nur noch das ägyptische Kernland.
Die letzten Fatimidenherrscher waren oft erst Knaben von 5, 9 und 16 Jahren und verstrickt in Palastintrigen. Die reale Macht hatten ihre Waziire, Eunuchen und Generale. Im Rahmen der fränkischen Vorstöße nach Ägypten und der Gegenreaktion von Salaahud-diin Al-ayyuubiy endet das Fatimidenreich mit dem Tod des letzten Fatimiden-Chaliifah Al-‘aadid Lidiinil-laah (555-567/1160 -1171), der einsam in seinem Palast starb. Ägypten wurde dem Ayyubidenreich einverleibt und nominell wieder den Abbasiden unterstellt.

Von Al-muqtadi (467/1075) bis Al-musta’sim (640-656/1242-1258)

a) Dominanz der Seldschuken-Herrschaft (421-581/1038-1186) im Iran und bis Ende des 7. Jhs./13. Jhs. in Kleinasien, Großseldschuken (447-691/1055-1292), Rum-Seldschuken (467-707/1075-1307):

Die erste Welle türkischer Kämpfer war die der Söldner und Leibgardisten des abbasidischen Hofes seit Al-ma’muun. Die zweite Etappe war gekennzeichnet durch den Aufstieg türkischer Statthalter zu Reichsfürsten (Tuluniden, Ghazna-widen). Die dritte Phase der türkischen Einwanderung begann im Jahre 421/1030, als neue Turkstämme in den vorderen Orient gelangten, ganz Iran eroberten und 428/1037 ein großes Reich unter der Führung der Seldschuken gründeten.

Großseldschuken (447-691/1055-1292)

Die Seldschukenstämme führen sich zurück auf ihren Stammvater Seldschuk Bnu-duqaaq. Seine Enkel führten einen Teil der nomadisch lebenden Stämme aus dem Gebiet des heutigen Kirgisistan nach Mittelasien (um ca. 390/1000). Chorasan wurde von ihnen 429/1038 erobert, darauf wurden die Ghaznawiden besiegt und so der Weg nach Iran und Irak für Tughril Beg (429-455/1038-1063) geöffnet. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits Muslime sunnitischer Richtung und traten als Befreier und Beschützer der sunnitischen abbasidischen Chilaafah gegen die schiitischen Buyiden auf: im Jahre 447/1055 wurden die Buyiden von den Seldschuken besiegt und der Chaliifah Al-qaaim und Baghdaad von den Buyiden frei. Die Seldschuken beherrschten in diesem Moment das gesamte Gebiet von Anatolien bis zur chinesischen Grenze (im Norden), von Armenien und Irak bis Syrien. Hauptstädte sind Merw (heute die Stadt Mary in Turkmenistan), Isfahan in Iran und Baghdaad. Kennzeichnend für die Seldschuken war ihre Feindstellung gegen die Fatimiden, die sie stets bekämpften, andererseits ihre Aufgeschlossenheit der iranischen Kultur gegenüber, sowie ihre Förderung der sunnitischen Gelehrtenschaft (hanafitischer und schafi’itischer Prägung).
Unabhängig von der Stellung der iranischen Kultur wurde zugleich die türkische Sprache als Literaturträger beibehalten. Aufgrund von Erbstreitigkeiten innerhalb des Herrscherhauses teilte sich 691/1292 die ursprüngliche Dynastie in Einzelstaaten auf. Diese blieben bis nach dem Mongoleneinfall erhalten.

Rum-Seldschuken (467-707/1075-1307)

In den Grenzkriegen mit dem byzantinischen Reich trugen die Seldschuken einen Sieg nach dem anderen davon. Nach dem Verlust von Edessa und Antiochia erlitten die Byzantiner in Ostanatolien bei Mantzikert 463/1071 eine so vernichtende Niederlage, dass sie den Seldschuken das Vordringen nach Kleinasien nicht verwehren konnten. So entstand in der alten Stadt Nikaia die Seldschukenhauptstadt Iznik. Im Gegensatz zu den Ägypten-Expeditionen war die Einwanderung nach Anatolien nicht geplante Aktion, sondern Ausdruck einer Opposition gegenüber den zentralseldschukischen Bestrebungen. Diese auf Unabhängigkeit bedachten Stämme der Seldschuken gründeten 467/1075 ihren eigenen Staat außerhalb der traditionellen islamischen Territorien – in Kleinasien. Wegen dieser Staatsgründung im oströmischen (Rum) Gebiet wurden diese Seldschuken auch Rum-Seldschuken genannt. Sie entwickelten sich im 6 -7. Jh./12.-13. Jh. zu den wichtigsten Handelspartnern der ägäischen und vorderasiatischen Welt, als die Häfen des östlichen Mittelmeeres und der Schwarzmeerküste fest in ihrer Hand waren. Durch das Vordringen der Mongolen strömten Einflüsse der ostseldschukischen Staaten in das Gebiet der Rum-Seldschuken ein, als erstere vor den Mongolen in den Westen flüchteten. 643/1243 wurde das Gebiet von den Mongolen überrannt, blieb aber noch bis 707/1307 als abhängiger Vasallenstaat des Mongolenreiches bestehen.

b) Ghaznawiden (Al-ghaznawiyyuun) in Iran/Afghanistan/Indien (388-586/998-1190)

Mahmuud von Ghaznah (388-421/998-1030), einer der turkstämmigen Heerführer des Samaniden-Heeres, die zu Statthaltern aufstiegen, begründete ein eigenständiges Fürstentum. Er ererbte gewissermaßen die Reste des Samaniden-reiches und vergrößert sein eigenes Reich durch gezielte Eroberungen in Indien (die frühesten muslimischen Heeresexpeditionen nach Indien hinter Sind; mit Mahmuud begann die islamische Geschichte Indiens). Dank seiner guten Be-ziehungen zu den Abbasiden unter Al-qaadir (381-422/991-1031) erlangte er die Reichsunmittelbarkeit und konnte seinen Nachfolgern ein wohlgeordnetes Staatswesen hinterlassen, in dem der eroberte mittlere und nördliche Panjab als Ausgangspunkt für die weiteren muslimischen Eroberungen in Nordindien diente.
Mahmuud war der erste Herrscher, der als “Sultaan” (im Sinne eines Amtstitels) bezeichnet wurde und dem der Chaliifah seine Machtfülle uneingeschränkt einräumte. Auch trat er als überzeugter Sunnit den schiitischen Bewegungen deutlich entgegen. Diese Dynastie ging nach zwei weiteren Herrschern unter dem Mongolensturm zugrunde.

c) Kreuzfahrerstaaten seit 492/1099 und die Ayyubiden (567-648/1171-1250)