Die Wahabiten sind nach dem Gelehrten Muhammad Bnu-‘abdil-wahaab At-tamiimiy (1115/1703 – 1206/1792) genannt. Ibnu-‘abdil-wahaab gehörte fiqh-mäßig der Hanbalitischen Schule an. Er übernahm jedoch auch Lehrmeinungen anderer Fiqh-Schulen, wenn seiner Meinung nach deren Belege stärker waren. Seine Anhänger propagieren zwar das Motto: “Zurück zum Quraan und zur Sunnah; Fiqh-Schulen sind unwichtig;” sie selbst jedoch folgen in Fiqh-Fragen der Schule von Gelehrten wie Imaam Ibnu-taimiyah (gest. 728/1328), Ibnu-qudaamah (gest. 620/1223) und Ibnul-qaiyyim (gest. 751/1350), die wiederum selbst der Hanbalitischen Schule folgten.
In ‘Aqiidah- und Fiqh-Angelegenheiten verfahren sie wie folgt:
- Bestätigung sämtlicher Attribute, mit denen Allaah (ta’aala) Sich Selbst beschrieben hat, und zwar nach dem Wortlaut der Texte ohne Interpretation, Verähnlichung oder Vermenschlichung.
- Einteilung von Polytheismus (schirk) in: schirk-akbar شرك أكبر (Großer schirk: Polytheismus), schirk-asghar شرك أصغر (Kleiner schirk bzw. riyaa’: Augendienerei) und schirk-chafiy شرك خفي (Verborgener schirk).
- Was weder für halaal noch für haraam erklärt wurde, wird als ‘afu عفو (wörtlich vergeben) bezeichnet und darf von niemandem weder für halaal, noch für haraam, noch für mustahab (erwünscht), noch für makruuh (verpönt) erklärt werden.
- Ablehnung des Aufsuchens von Gräbern, um dort Bittgebete vorzutragen.
- Bekämpfung des Sufismus.
Die Salafiten behaupten, als einzige dem Vorbild der Sahaabah zu folgen und das Erbe einer Gruppierung aus dieser Zeit fortzuführen. In der islamischen Geschichte gab es jedoch keine Bewegung mit diesem Namen, d. h. der Name Salafiyyah/Salafiten ist an sich eine Bid’ah (Neuerung).
Die Entstehung dieser Gruppierung hängt mit dem Aufkommen der Reformbewegung von Muhammad ‘Abduh (1265/1849 – 1323/ 1905) und Dschamaalud-diin Al-afaghaaniy (1254/1838 – 1314/1897) während der englischen Besatzung von Ägypten zusammen. Diese Reformbewegung war eine Reaktion auf viele Pseudosufigruppen mit ihren islam-widrigen Bid’ah und auf Al-azhar-Institution, die sich sowohl von der Wissenschaftlichkeit, als auch von der Gesellschaft entfernt hatten.
Ihr Motto war as-salafiyyah, d. h. zurück zu den Wurzeln, um diese Verfehlungen in Griff zu bekommen. Die Salafiyyah war also keine neue islamische Schule, sondern nur das Konzept dieser Korrekturbewegung. Ihr Programm war die Bekämpfung der islam-widrigen Bid’ah, jedoch nicht in allen Bereichen. Denn Muhammad ‘Abduh selbst hat mehrere Fatwa erlassen, in denen er islam-widrige Bid’ah erlaubte, wie seine Erlaubnis von Bankzinsen (riba) und die Interpretation von Aayaat unter Aushöhlung ihres sprachlichen Gehalts (wie z. B. seine Interpretation der Engel als Kampfmoral, und der Abaabiil-Vögel als die Leprakrankheit).
Zur Zeit der Entstehung dieser Gruppierung um ‘Abduh war die Wahabitische Bewegung in Nadschd/Saudi Arabien verbreitet. Beide Gruppen, die Salafiyyah in Ägypten und die Wahabiten, waren sich einig in der Bekämpfung der Bid’ah und der Sufigruppen. Später beanspruchten die Wahabiten die Bezeichnung der Salafiyyah für sich. So entstand eine Bewegung, die sich heute als selbsternannte Wächterin des Islam und Richterin über die Muslime und deren Iimaan versteht, und im Grunde alle “Nicht-Salafiten”, d. h. die absolute Mehrheit der Muslime, als Fehlgeleitete (daalluun ضالون) verunglimpft.
Mit diesem islam-konträren Verhalten sind die so genannten Salafiten heute, bewusst oder unbewusst, diejenigen, welche die Spaltung der Muslime verursachen und intensivieren, da sie jeden Muslim, der in den interpretierbaren mehrdeutigen Angelegenheiten nicht ihre Meinung teilt, verurteilen, anfeinden und als faasiq bzw. als jemand mit falscher ‘Aqiidah insultieren. Sie maßen sich damit an, als Einzige berufen und qualifiziert zu sein, über das Richtige und Falsche bzw. über das Wahre und Unwahre im Islam zu urteilen.