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Die Präklusion (Al-hadschb الحجب)


Begriffsbestimmung

Linguistisch bedeutet Al-hadschb “die Verhinderung”.
Fachspezifisch ist Al-hadschb “das Ausschließen eines Erbberechtigten von der Erbschaft zum Teil oder zur Gänze”.

Formen der Präklusion

Man unterscheidet zwei Formen der Präklusion:

  • Die Präklusion aufgrund einer Handlung (Al-hadschbu bil-wasf الحجب بالوصف)
  • Die Präklusion aufgrund einer Person (Al-hadschbu bisch-schachs الحجب بالشخص)

Die Präklusion aufgrund einer Handlung

Zwei Handlungen bewirken eine Erbunwürdigkeit der erbberechtigten Personen und eine totale Präklusion von der Erbschaft:

  • Die Tötung des Erblassers durch die erbberechtigte Person und
  • Der Austritt aus dem Islam bzw. die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Religionen.

Diese Personen werden in Bezug auf die Erbschaft als nicht-existent betrachtet und haben keinerlei Auswirkungen auf deren Verteilung.

Die Präklusion aufgrund einer Person

Man unterscheidet zwischen einer totalen und partiellen Präklusion.

  • Die totale Präklusion (Hadschbu hirmaan)
    Diese bewirkt, dass die erbberechtigte Person von der Erbfolge gänzlich ausgeschlossen wird; z. B. wird der Sohnessohn durch die Existenz des Sohnes des Erblassers von der Erbschaft total präkludiert.
    Der Vater, die Mutter, der Sohn, die Tochter, der Ehemann bzw. die Ehefrau können niemals in Folge des Vorhandenseins eines anderen Erben von der Erbschaft total präkludiert werden.
    Andere erbberechtigte Personen können prinzipiell aufgrund des Vorhandenseins von bestimmten Personen, die im Grad und Rang näher zum Erblasser stehen, total präkludiert werden.

Tabelle der Total-Präkludierten

Person Präkludierende Person
Sohnessohn Der leibliche Sohn bzw. höherrangiger Sohnessohn
Sohnestochter Der leibliche Sohn bzw. höherrangiger Sohnessohn, Zwei leibliche Töchter beim Fehlen eines Sohnessohns
Vatersvater Vater bzw. höherrangiger Großvater väterlicherseits
Vatersmutter Mutter, höherrangige Großmutter väter- bzw. mütterlichers.(nach manchen Gelehrten präkludiert der Vater seine Mutter)
Muttersmutter Mutter, höherrangige Großmutter mütterlicherseits, höher-rangige Großmutter väterlicherseits nach den Hanafiten und Hanbaliten. Nach den Maalikiten und Schaafi’iten werden beide Partnerinnen im Sechstel.
Vollbruder bzw. Vollschwester Sohn, Sohnessohn, Vater, Vatersvater (nur Abu-haniifah)
Halbbruder väterlicherseits Sohn, Sohnessohn, Vater, Vatersvater (nur Abu-haniifah), Vollbruder, Vollschwester als “Partnerschaftl. ‘Asabah”
Halbschwester väterlicherseits Wie beim Halbbruder väterlicherseits und zwei Vollschwestern beim Fehlen eines Halbbruders väterl.
Geschwister mütterlicherseits Sohn, Sohnessohn, Vater, Vatersvater (nach den meisten Gelehrten), Tochter, Sohnestocher
Vollbruderssohn Sohn, Sohnessohn, Vater, Vatersvater, Vollbruder, Halb-bruder väterl., Vollschwester als “Partnerschaftl. ‘Asabah”, Halbschwester väterl. als “Partnerschaftl. ‘Asabah”
Halbbruderssohn väterlicherseits Vollbruderssohn und seine Präkludierenden
Vatersvollbruder Halbbruderssohn väterl. und seine Präkludierenden
Vatershalbbruder Vatersvollbruder und seine Präkludierenden
Vollonkelssohn v. Vatershalbbruder und seine Präkludierenden
Halbonkelssohn v. Vollonkelssohn väterlicherseits und seine Präkludierenden
Der Reihe nach folgen: Onkel des Vaters, dann sein Sohn, dann Onkel des Vatersvaters, dann sein Sohn. Jeder päkludiert seinen Vorgänger.
  • Die partielle Präklusion (Hadschbu nuqsaan حجب نقصان)
    Dadurch erhält eine erbberechtigte Person als Quoten-Erbe einen geringeren Anteil als den, der ihr ohne den Präklusionsgrund zustehen würde. Folgende patielle Präklusionen können sich ereignen:
  • Reduzierung der Quote:
    Erbanteil des Ehemannes (bzw. der Ehefrau) reduziert sich von ½ auf ¼ (bzw. von ¼ auf 1/8) beim Vorhandensein der Kinder des Erblassers. Erbanteil der Mutter reduziert sich von 1/3 auf 1/6 beim Vorhandensein der Kinder resp. zwei und mehr Geschwister des Erblassers. Erbanteil der Sohnestochter bzw. der Halbschwester väterlicherseits reduziert sich von ½ auf 1/6 beim Vorhandensein der Tochter bzw. der Vollschwester des Erblassers.
  • Reduzierung der ‘Asabah-Stufe
    Die Vollschwester bzw. Halbschwester väterlicherseits als “Partnerschaftliche ‘Asabah” mit der Tochter bzw. der Sohnestochter wird als ‘Asabah mit ihrem Bruder niedriger eingestuft.
    – Reduzierung von einer Quote auf ‘Asabah
    Die Tochter mit dem Sohn erhält als ‘Asabah-Erbin weniger als in ihrem Status als Quoten-Erbin.
    – Reduzierung von ‘Asabah auf eine Quote
    Der Vater bzw. Vatersvater fallen als ‘Asabah-Erben beim Vorhandensein des Sohnes bzw. Sohnessohns weg und erhalten nur ihre Quote.
  • Reduzierung wegen Überzähligkeit
    Wenn die Summe der Quoten-Anteile die vorhandene Grundmenge übersteigt, müssen diese Anteile durch Reduzierung angepasst werden.

Bemerkungen:

  • Es gilt der Grundsatz, dass die aufgrund einer Person total präkludierte Person ihrerseits befähigt ist, andere Personen partiell zu präkludieren.
    Fallbeispiele:
    – E: Großvater, Mutter, zwei Halbbrüder mütterlicherseits.
    Die zwei Halbbrüder mütterlicherseits werden vom Großvater total präkludiert. Trotzdem reduziert sich der Erbanteil der Mutter wegen des Vorhandenseins dieser Halbbrüder mütterlicherseits von einem 1/3 auf ein 1/6. Diese Brüder bewirken alleine durch ihre Existenz (und trotz ihrer totalen Präklusion durch den Großvater) eine partielle Präklusion bei der Mutter.
    –    E: Vollbruder, Halbbruder väterlicherseits, Mutter.
    Die Mutter erhält ein 1/6, weil neben ihr zwei Brüder vorhanden sind, obwohl der Halbbruder väterlicherseits vom Vollbruder präkludiert wird und der Rest dem Vollbruder als ‘Asabah zufällt.
  • Es gilt ebenfalls der Grundsatz, dass die Existenz einer aufgrund einer Handlung (Mord bzw. Religionsunterschiedlichkeit) total präkludierte Person keinerlei Auswirkung auf der Erbfolge hat. Diese präkludierte Person ihrerseits kann eine andere Person weder total noch partiell präkludieren.
    Fallbeispiel:
    E: Sohn als Mörder des Erblassers, Mutter.
    Die Mutter erhält ein 1/3, da der Sohn nicht mitberechnet wird, weil er total präkludiert ist. Sie bekommt auch den Rest als Erbin des Überschusses (Ahlur-radd).