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Das verpflichtende Testament (Al-wasiyyatul-waadschibah)


Manche der Fiqh-Gelehrten wie die Dhaahiriten und Imaam Attabariy vertreten die Meinung, dass ein Testament eine Muss-Handlung darstellt, so dass Verwandte und Erbberechtigte, denen keine Erbanteile zustehen, dadurch einen Teil der Nachlasses erhalten. Sollte kein Testament errichtet worden sein, dann sind ihrer Meinung nach die Erben verpflichtet, einen Teil des Nachlasses an diese zu zahlen.
Heutzutage berücksichtigt das Erbschaftsrecht in vielen islamischen Ländern ebenfalls diese Ansicht, indem ein verpflichtendes Testament für die Enkelkinder vorgeschrieben wird.
Diese Gesetze bestimmen, dass Enkelkinder, deren Väter zu Lebzeiten ihrer Eltern bzw. mit ihren Eltern sterben, ihre hypothetischen Erbanteile von ihren Großeltern erben, obwohl ihnen beim Vorhandensein ihrer Onkel und Tanten väterlicherseits keine Erbanteile zustehen würden.
Sollten die Großeltern väterlicherseits diesen Enkelkindern testamentarisch nichts vermachen, dann erhalten sie durch das verpflichtende Testament einen Erbanteil, wie dies im Quraan bestimmt wird:

كُتِبَ عَلَيۡكُمۡ إِذَا حَضَرَ أَحَدَكُمُ ٱلۡمَوۡتُ إِن تَرَكَ خَيۡرًا ٱلۡوَصِيَّةُ لِلۡوَٰلِدَيۡنِ وَٱلۡأَقۡرَبِينَ بِٱلۡمَعۡرُوفِۖ حَقًّا عَلَى ٱلۡمُتَّقِينَ ١٨٠

Euch wurde geboten – wenn der Tod bei einem von euch zugegen wird, wenn er Gut hinterlässt, das Vermächtnis für die Eltern und die Nahverwandten nach dem Üblichen; es ist eine Pflicht für die Ehrfürchtigen. 1


Manche Gesetze sehen dieses verpflichtende Testament unter bestimm-ten Bedingungen nur für die Sohneskinder vor oder für die Sohnes-kinder in absteigender Linie und manche nur für die Tochterskinder.
Diese Enkelkinder erhalten dann gemeinsam nur den Erbanteil ihres verstorbenen Vaters aus dem gesamten Nachlass und nicht nur aus dem Drittel, das durch das Testament zulässig wäre.

Diese o. g. Bedingungen lauten:

– Die Enkelkinder dürfen nicht zu den Erben des Erblassers gehören und

– der Erblasser hat diese Enkelkinder nicht testamentarisch bedacht oder ihnen zu Lebzeiten keine entsprechende Schenkungen gemacht. Sollte er ihnen Schnekungen gemacht haben, die kleiner sind als der ihnen durch das verpflichtende Testament zustehende Anteil, dann erhalten sie den fehlenden Rest aus dem Nachlass.

Fallbeispiel:
E: Drei Söhne, Tochter eines verstorbenen Sohnes, Mutter, Vater
Der Mutter und der Vater erhalten jeweils 1/6.
Man berücksichtigt den verstorbenen Sohn und verteilt den Rest 2/3 des Nachlasses auf vier Söhne. Jeder Sohn erhält 1/6. So wird der Tochter der Erbanteil ihres verstorbenen Vaters gegeben.

 

Notes:

  1. Quraan (2:180)