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Wichtigste Ereignisse während der Chilaafah der Abbasiden


Der abbasidische Aufstand gegen die Umayyaden war in Chorasan geplant und von dort aus auch in Gang gesetzt worden. Dazu hatte der nach außen auftretende Propagandist Abu-muslim Al-churaasaaniy ab dem Jahr 129/747 in allen Oppositionsgruppen verbreiten lassen, ein noch nicht genannter Vertreter von Quraisch sei dabei, mit Gewalt das Regime der Umayyaden anzugreifen und vom gebeutelten Irak aus zu vernichten. So machte Abu-muslim den Anhängern der Aliden Hoffnung auf ein ihnen genehmes Oberhaupt, und zugleich versprach er der Schu’uubiyyah und den Mawaali eine Aussetzung der Bevorzugung von Arabisch-Stämmigen. Auf diese Weise sammelte er alle Unzufriedenen um sich, ohne konkrete Zusagen zu machen. Erst als der reale Anwärter, ‘Abdul-laah Bnu-muhammad Bnu-‘aliy Bnu-‘abdil-laah Bnul-‘abbaas, sich den bereits in Aufstand befindlichen Truppen zeigte, erkannten die Aliden, dass sie nur als Mittel zum Zweck benutzt worden waren, und hegten von diesem Zeitpunkt an einen nie mehr endenden Hass gegen die Chilaafah der Abbasiden.
Als die inner-umayyadischen Thronstreitigkeiten die Regierungskräfte blockierten und der Chaliifah Marwaan aus innenpolitischen Gründen seine Residenz nach Harraan verlegen und sich in den Schutz von Banu-qais begeben musste, war die Ohnmacht der Umayyaden vollkommen. Abu-muslim, der geniale Führer und Organisator des Abbasiden-Aufstande, besiegt in wenigen Monaten die Umayyaden-Feldherren der Reihe nach im Iran, und im Jahre 132/749 hissten die abbasidischen Truppen die schwarzen Fahnen über den Dächern und Kuppeln von Kufah. Darauf folgt die Entscheidungsschlacht mit der völligen Vernichtung des umayyadischen Heeres. Folgerichtig ergaben sich die syrischen Städte den abbasidischen Truppen ohne Widerstand, während Marwaan sich über Harraan und Damaskus nach Farma (Hafenstadt in Ägypten) absetzte, wo er 133/750 im Kampf gegen die nachrückenden Abbasiden fiel.
132/749 zogen 14 Oberhäupter der Abbasiden-Sippe in Kufah ein. Mit ihrer allge-meinen Bai’ah (dem noch verdeckt gelassenen Thronprätendenten gegenüber) von zwölf Anführern aus Chorasan ist ihre Macht militärisch etabliert. Die eigentliche Bai’ah nahm Abul-‘abbaas ‘Abdul-laah in der Moschee von Kufah im Rabii’uth-thaani 132/März 750 entgegen. In seiner Rede legt er sich einen Beinamen zu, der Programm wird: As-saffaah: “der Großzügige bzw. der Blutvergießer”.

Danach wurden die ranghohen Mitglieder der früheren Chilaafah getötet und die verbliebenen Mitglieder der engeren Herrscherfamilie gezielt verfolgt und teils auf der Flucht ermordet. Nur ein damals 20jähriger Jüngling, Abul-mutarrif ‘Abdur-rahmaan Bnu-mu’aawiyah konnte auf abenteuerliche Weise entkommen und wurde später als letzter Überlebender der Umayyaden zum Begründer des umayyadischen Emirates von Cordoba. Andere Oppositionsgruppen waren dagegen entweder schon unter den Umayyaden ausgetilgt worden (wie die Al-azaariqah) oder hatten eigenständige Gemeinwesen in unzugänglichen Gebieten gegründet, von denen manche zu regelrechten Reichen mit eigener Imaamah heranreiften (wie die Ibaadiyyah unter den Imaamen in Oman, die Assufriyyah unter den Rustamiden in Nordafrika, die Fatimiden in Nordafrika und später in Ägypten, oder die Zaidiyyah im Yemen). Doch die ersten Gemeinschaften dieser Art und ihr internes Imamat (Imaamah) wurden zunächst nicht als echte Bedrohung im noch starken Abbasidenreich empfunden.
Das Imamat der spanischen Umayyaden hingegen wurde von Al-mansuur als echte Herausforderung betrachtet, da hier die verhasste Vordynastie gegen seinen Willen überlebte. Andererseits hat weder er noch einer seiner Nachfolger ernsthafte Versuche unternommen, gegen die spanischen Herrscher einen Feldzug zu führen.

Die Abbasiden waren zu sehr an innerer Harmonie interessiert und Realpolitiker. Es war bereits unter As-saffaah erklärte Politik des Staates, möglichst alle aktuellen und potentiellen Regimegegner zu überzeugen und zur (formellen) Loyalität zu bewegen. Dieses Ziel versuchte man auf drei Wegen zu erreichen:

  • Respektvolle Behandlung der Gelehrtenschaft und zumindest nach außen hin strikte Observanz in Scharii’ah-Normen.
  • Achtung und rücksichtsvolle Behandlung der Nachkommen der Prophetenfamilie, seien sie Anhänger der Schii’ah oder nicht. Hierzu wurde ein penibles Geburtsregister der Schurafaa’ (Edlen der Prophetenfamilie) geführt, und die Schurafaa’ hatten ein offizielles Oberhaupt (Naqiib), das auch in ihrem Namen bei dem Chaliifah Gehör fand.
  • Unterlassen feindseliger Handlungen, solange nur der Chaliifah in der Freitags-predigt (Chutbah) genannt wurde.
  • Aussetzung der stetigen Bespitzelung aller regimekritischen Personen, wenn-gleich der staatliche Geheimdienst parallel zum Post- und Meldewesen weiterentwickelt wurde.
  • Starke militärische Präsenz gegenüber allen äußeren Angreifern, seien es Staaten wie Byzanz, Piraten im Indischen Ozean oder Straßenräuber auf den inneren Hauptstraßen des Reiches. Zugleich wurden intensive diplomatische Beziehungen gerade mit Byzanz und zentralasiatischen Reichen eingerichtet.

Besonderes Augenmerk schenkte der erste Abbasiden-Chaliifah As-saffaah den verwaltungsmäßigen und religiösen Aspekten der Herrschaft. Er setzt das Amt des “Waziir” ein, dessen Stellung jedoch in den ersten Jahren noch sehr unsicher war. Dieser Waziir leitet de facto die üblichen Staatsgeschäfte, ernennt Statthalter und Militärgouverneure und beaufsichtigt als höchste Verwaltungsinstanz die Staatsfinanzen. Dennoch war der Waziir völlig vom Wohlwollen des Chaliifah abhängig und konnte nur solange in dessen Namen handeln, wie er das Vertrauen des Chaliifah genoss. Es entstand eine eigenständige, homogene Verwaltungsschicht: die Kuttaab (Schreiber, Sekretäre). Sie gliederten sich als eigenständige Kaste mit eigenen Kleidungs- und Sittenformen in Untergruppen mit zunehmender Effektivität und Spezialisierung, was teils sogar in erbliche Ämtervergabe mündete. Dieses Rückgrat der Verwaltung bildete die Garantie der neuen Dynastie für bessere Kontrolle und Zieldurchsetzung. Bald schon – nach dem Tode von As-saffaah – bestanden mehrere Verwaltungsbereiche nebeneinander:

  • Steuer- und Finanzbehörde (diiwaanul-charaadsch)
  • Polizeiverwaltung (diiwaanusch-schurtah)
  • Post- und Nachrichtendienst (diiwaanul-bariid)
  • Verwaltungskontrolle und Rechnungshof (diiwanudh-dhimam)
  • Untersuchungsbehörde für Beschwerden gegen Verfügungen der Verwaltungsstelle (diiwanun-nadhri fil-madhaalim)

Indem sämtliche ethnische Volksgruppen in das formale Gebäude der Chilaafah integriert wurden, hatte As-saffaah sein Ziel erreicht: die Abbasidendynastie stand auf sicherem Boden, realpolitisch und geistig.

Der Chaliifah Al-mansuur (137/754) errichtete die neue Metropole der abbasidischen Chilaafah neben einem kleinen Dorf, das den Namen Baghdaad trug. Ursprünglich sollte diese neue Hauptstadt “Madiinatus-salaam: Stadt des Friedens” heißen – an sich ein gewichtiges Programm zur Einigung aller Bevölkerungsteile. Doch der Name des Dorfes setzte sich im Sprachgebrauch fest, bis die Hauptstadt schließlich auch offiziell Baghdaad geheißen wurde.

Der Grundstein für dieses gewaltige Bauprojekt wurde 144/August 762 gelegt; Al-mansuur stellte für den Bau eine Summe von 4.883.000 Dirham zu Verfügung (zum Vergleich: ein gutes Vollblutpferd kostete damals bis maximal 100 Dinar ca. 1.000 Dirham). Das Baumaterial war in dieser Summe nicht enthalten, da man es (Stein für Mauern und Representativbauten) hauptsächlich aus der alten Stadt Al-madaain herbeischaffte oder vor Ort (Lehmziegel für gewöhnliche Gebäude) selbst herstellte. Zusätzlich war jede Stadt aufgerufen, sich am Neubau zu beteiligen. Rund 100.000 Arbeiter waren vier Jahre lang mit diesem Bau beschäftigt: Architekten, Maler, Mosaikkünstler, Ziegelmacher, Bronzeschmiede und Stukkateure, sowie ein gewaltiges Heer an einfachen Arbeitern.
Diese Stadt wurde kreisrund errichtet, mit vier großen Eingangstoren; die Wohnviertel lagen in den Außenringen, dann kamen große Park- und Gartenanlagen, dann die Viertel der Offiziellen, schließlich ganz zentral die Hauptmoschee und die Residenz der Chaliifah. Diese “runde Stadt” hatte schon bald nach ihrer Gründung eine der größten Einwohnerzahlen der damaligen Welt (nach heutiger Schätzung stieg diese Zahl bis zum 4. Jh./10. Jh. auf 1,5 Millionen) und war ein Magnet für Kunst, Wissenschaft, Forschung, Platz der Bibliotheken und Fürsten.

Bis einschließlich zur Regentschaft des Haaruun Ar-raschiid (170/786) befand sich das Abbasiden-Reich innenpolitisch in einer beneidenswert stabilen Position. Die letzten ernstzunehmenden Revolten der Aliden mit dem Ziel, die Zentralgewalt zu stürzen, waren endgültig vorbei; sämtliche Staatseinnahmen – die gewaltige Aus-maße annahmen – endeten im Staatsschatz der Hauptstadt. Statthalter unterstanden strenger Kontrolle, wie auch jeder Machtträger im Staate durch das Nachrichten-wesen (per Taubenpost und Meldereitersystem) stetig Rapport zu geben hatte. Die Provinzen des islamischen Ostens waren an Errungenschaften gewöhnt, die in Europa noch Jahrhunderte auf sich warten ließen: Krankenhäuser (mit freier Ver-pflegung der Kranken), Apotheken, Bibliotheken, Arztpraxen mit staatlich geprüf-ten und zugelassenen Ärzten, Märkte mit Fernhandelsbeziehungen bis hin zu China und Indien. Auch wissenschaftliche und handwerkliche Ausbildungswege standen nun einem Großteil der Bevölkerung offen. Die Nahrung für die teils Hunderttausende umfassenden Städte konnte natürlich nicht mehr vor Ort produziert werden, sondern gelangte hauptsächlich durch Transport zu den Konsumenten. Das konnte nur durch gute Straßen- und Verkehrsnetze unter Beachtung der öffent-lichen Sicherheit geschehen und wurde durch befestigte Handelshöfe und Garniso-nen entlang der Haupthandelswege gewährleistet. Der Reichtum jeglicher Art in Haaruun Ar-raschiid’s Zeit wurde auch in der Märchensammlung von Tausend-undeiner Nacht eingearbeitet, wiewohl die besagten Märchen meist vorislamischer, indo-iranischer Herkunft sind.

Unter Al-ma’muun (198/813) begann der starke Aufschwung der Natur- und Geist-eswissenschaften klassischer Art, die sich gegen die traditionellen Wissenschaften von Tafsiir, Geschichtskunde, Hadiith und Gedichtkunst stellten. Dazu begründet dieser Chaliifah eine feste Institution namens Baitul-hikmah (Haus der Weisheit), in der die Wissenschaftsmäzene Muhammad, Ahmad und Hasan Banu-muusa die fähigsten und berühmtesten der Ärzte, Astronomen, Mathematiker, praktischen Physiker bzw. Instrumentenbauer und Techniker um sich scharten. Das üppige Gehalt und das gewaltige Finanzbudget der Abbasiden jener Zeit garantierte beste Forschungsbedingungen. Auch wurde es von da an Sitte der muslimischen Herrscher, als Tribute bzw. Freundschaftsgesten von anderen Reichen wie Byzanz Handschriften zu fordern, welche dann als Grundlage zur Wissenschaftsentwicklung im Baitul-hikmah von Spezialisten aus dem Griechischen, Syrischen und Koptischen ins Arabische übersetzt wurden. Unter diesen herausragenden Wissenschaftlern waren Persönlichkeiten wie der christliche Arzt und Galen-Übersetzer Hunain Bnu-ishaaq (gest. 260/873), die Philosophen und Astronomen Al-kindiy (gest. 260/873), Thaabit Bnu-qurrah (gest. 288/901) und viele andere. Auch spätere Lokalherrscher gingen nach dem Niedergang der effektiven Zentralmacht in Baghdaad gerne dazu über, als freigiebige Mäzene Wissenschaftler und Forscher zu fördern.
Ein gewichtiger Unterschied zur Lage unter den Umayyaden bestand darin, dass die persischen, syrischen und koptischen Intellektuellen nun eine echte Chance zu voller Anerkennung und wissenschaftlichem Aufstieg im Staatsapparat erhielten. So bestand ein großer Teil der Diiwaan-Beamten aus Iranern, während die Militär-führung schon früh in türkische Hände überging.

Im Gegensatz zur byzantinisch-griechischen Ausrichtung am umayyadischen Hof wurde nun das persische Hofzeremoniell adaptiert und mit bestimmten Modifikationen übernommen. Dadurch wurde der Chaliifah aber der Masse des Volkes entfremdet und seine Person gewissermaßen überhöht. Das war klare gesellschaftspolitische Linie der Abbasiden, um so Gegnerschaft gegen den Chaliifah nicht auf der persönlichen Ebene zuzulassen: eine offene Opposition musste so ein Aufbegehren gegen das gottgewollte Herrschertum selbst sein, was zugleich durch Konsens der muslimischen Mehrheit gestützt werden sollte. So gehört es zu den großen Erfolgen der Abbasiden, dass sie diesen Anspruch weitgehend in die Tat umsetzen konnten. Tatsächlich haben in der ganzen Geschichte der Abbasiden nur die nicht-sunnitischen Dynastien einerseits sowie die spanischen Umayyaden und späteren Dynastien in Spanien und Nordafrika andererseits den Abbasiden-Chaliifah die offizielle Gefolgschaft verweigert. Von der Regierungszeit Al-ma’muuns an begannen mehrere Entwicklungen, die den zentralen Staatsapparat der Abbasiden empfindlich schwächten:

  • Das Aufstellen einer speziellen Leibgarde aus turkmenischen Militärsklaven:
    Diese Garde wurde später unter Al-mu’tasimu Bil-laah (218/833), eine rein turkstämmige Elitetruppe, die durch gezielte Anwerbung unter den neuen muslimischen Turkstämmen zu einem stehenden Heer auswuchs, und in dem weder Araber noch Perser Platz fanden. Diese Truppe führte bald ein unkontrollierbares Eigenleben und sorgte in Baghdaad für Unruhe in der Bevölkerung, da sie aufgrund geringer Bildung und andersartigen Umgangsformen von sämtlichen Schichten der Stadt abgelehnt wurde. Daher entschloss sich der Chaliifah zum Bau einer außerhalb gelegenen Residenzstadt, 100 km von Baghdaad entfernt: so entstand Samarra, mit bis heute gigantischen Moschee- und Minarettbauten (dem berühmten gewundenen Turm, Malwiyyah). Doch dadurch wurde der Chaliifah endgültig von der eigentlichen Quelle seiner Macht, klassisches Militär, Verwaltung und Gelehrtenschaft abgeschnitten, und die turkmenischen Truppen entwickelten sich zu einer Prätorianergarde, denen der Chaliifah hilflos ausgeliefert war. Auf diese Weise musste der Chaliifah Al-waathiqu Bil-laah (227-232/ 842-847) dem General dieser Truppe den (neugeschaffenen) Titel “Sultaan” übertragen, unter Al-muqtadiru Bil-laah (295-320/908-932) besetzte der Oberbefehls-haber dieser Garde auch das Amt des Waziir. Als Gegengewicht wurde das Amt des Emir der Emire (Amiirul-umaraa’) geschaffen.
  • Ablösung einiger Provinzen dergestalt, dass formell der jeweilige Chaliifah noch als solcher anerkannt wurde, aber ein Teil der Steuern und Einkünfte von der Lokaldynastie einbehalten wurden:
    Gefördert wurde dies durch die Besoldungsänderung. Anstatt wie früher Gehälter an die Militärbeamten auszugeben, wurden sie mit Ländereien samt den darauf befindlichen Dörfern belehnt (Iqtaa’). Diese so emporstrebenden Ortsherrscher – durchweg ehemalige Gouverneure – erhielten damit finanzielle Unabhängigkeit vom Hof des Chaliifah und gingen aus eigener Kraft dazu über, eine eigenständige Politik ohne Abstimmung oder Genehmigung mit der Zentrale zu betreiben. Sie waren jedoch stets bestrebt, nicht gegen die allgemein geltenden abbasidischen Ideale zu verstoßen. Sie entrichteten eine bestimmte Steuer an den Chaliifah und beachteten alle Herrschervorrechte des Chaliifah.
    256/870 machte der Chaliifah Al-mu’tamidu ‘Alal-laah Baghdaad wieder zur Hauptstadt der Chilaafah, und Samarra blieb verlassen zurück. Trotz der verschiedenen Versuche des Hofes, wieder zur Bevölkerung Kontakt aufzunehmen, gab es Strömungen, die dem entgegengestellt waren; so war der Chaliifah Ar-raadi (322-329/934-940) der letzte Chaliifah, der selbst die Chutbah (Freitagspredigt) hielt.
    Unter der Regentschaft von Al-mutii’u Lil-laah (334-363/945-974) eroberten die Fatimiden Nordafrika und später auch Ägypten, wodurch diese Gebiete aus der abbasidischen Autorität ganz wegfielen. Während der Herrschaft von Al-qaa’im (422-467/ 1031-1075) begann der Aufstieg der Seldschuken in Kleinasien und Nordsyrien.
    In der Zeit von Al-mustadh-hiru Bil-laah (487-512/1094-1118) begannen die Kreuzzüge. Während des ersten Kreuzzuges (1098-1099) wurden u. a. durch die Franken alle Einwohner Antiochias und so gut wie alle Bewohner von Jerusalem systematisch ermordet (ca. 100.000 unbewaffnete Zivilisten); die fränkische Landnahme begann, und lateinisch-christliche Staaten etablierten sich im palästinensisch-syrischen Küstengebiet. Der berühmte Feldherr und Fürst Salaahud-diin Al-aiyuubiy (565-589/1169-1193) einigte in der Regierungszeit von Al-mustadii-u Bi-amril-laah (566-575/ 1170-1180) bzw. von An-naasiru Lidiinil-laah (575-622/1180-1225) die syrischen und irakischen Emirate, die gegeneinander paktierten und kämpften, eroberte die meisten Kreuzfahrerfestungen und fränkischen Fürstentümer zurück und befreite Al-quds (Jerusalem) endgültig von der fränkischen Herrschaft. Zugleich war die geistige Welt des Islams wieder geeinter, insofern als die umayyadische Chilaafah in Al-andalus 427/1036 erlosch, und durch Salaahud-diin die Chilaafah der Fatimiden 567/1071 verschwand. Zugleich begannen im Osten – noch außerhalb des islamischen Reiches – schon die Eroberungszüge des Dschingis Khan. Obwohl An-naasiru Lidiinil-laah ein sehr energischer und geschickter Chaliifah war und es schaffte, auch schiitische und andere Bewegungen unter seiner Leitung zu vereinen, kam dieses letzte Aufflackern der einstigen Abbasidenmacht zu spät, um der sich zusammenballenden Mongolenstreitmacht gewachsen zu sein.
    Der letzte Chaliifah, Al-mu’tasimu Bil-laah (640-656/1242-1258), erhoffte beim Herannahen der Mongolenheere unter Hülagü Khan noch Unterstützung seitens der Fürsten in Syrien und Ägypten, doch seine Hilfeersuchen kamen zu spät. Baghdaad wurde 656/1258 eingekesselt und die Stadt gestürmt. Der Chaliifah wurde hingerichtet, von den Bewohnern werden die Christen auf Drängen der Gemahlin Hülagüs (einer nestorianischen Christin) verschont, ebenso die Schiiten auf Bitte des schiitischen Hofastronomen und -Astrologen Naasirud-diin Attuusiy. Die übrigen Bewohner wurden bis auf wenige Ausnahmen ermordet, unter ihnen auch eine große Zahl von Gelehrten. Die Stadt hatte damals ca. 1,5 Mill. Einwohner, von denen maximal 10.000 überlebt haben. Die runde Stadt mit ihren Bibliotheken und Schätzen, ihren Bauwerken und Gärten wurde vollständig zerstört. Nach diesem Verlust trat Ägypten die Machtnachfolge an, wo seit 648/1250 die Mamluken eine kraftvolle Herrschaft ausübten. Von hier aus wurden die Mongolen, in der Schlacht bei ‘Ain-dschaaluut (656/1258) durch den Mamlukenfürsten Baibars geschlagen.