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Mahmuud II. (1223-1255/1808–1839)


Dieser Sultaan gilt als der letzte eigentliche Machtträger unter osmanischen Herrschern; auch wenn er mit eiserner Hand regierte (die Zahl der Hinrichtungen im osmanischen Reich wuchs damals beträchtlich) galt er jedoch durch seine Realitätsnähe und praktische Veranlagung als “adli” (der Gerechte). 1808 gelang ihm im Rahmen seiner Thronbesteigung ein “Übereinkommen” mit den wichtigsten Machtträgern des Staates, sodass er die Macht zurückgewinnen konnte. Fest entschlossen, die vielen Fehlentwicklungen aufzuhalten, tat er alles seinerzeit Mögliche: etwa indem er die entferntesten Festungen und Orte des Reiches selbst aufsuchte, seine Reisen aus eigener Tasche (d.h. dem herrscherlichen Besitz) bestritt (nicht wie üblich zu Lasten der Provinz), die Rechte der Christen und Juden im Reich ausdrücklich bestätigte und Missbrauch an ihnen bestrafte. Andererseits ging er mit brutaler Härte gegen Aufstände in der Armee und Korruption in der Verwaltung vor. Dennoch konnte all dies nicht verhindern, dass 1811 Mehmed ‘Aliy (als lokaler Gouverneur und Offizier) die verbliebene mamlukischen Aristokratie in Ägypten tötete und selbst die Macht ergriff. Der schon zuvor von ihm erneuerten Armee konnte der Sultaan die nur unzureichend modernisierten staatlichen Truppen nicht entgegenstellen. Vielmehr war Mahmuud gezwungen, die Hilfe der ägyptischen Truppen zur Niederschlagung etwa griechischer Aufstände zu erbitten und die ägyptische moderne Flotte zum Schutz vor englischen und russischen Seemanövern einzusetzen, im Gegenzug zu einer realpolitischen Anerkennung Mehmeds/ Muhammad Alis als de facto Herrscher in Ägypten.

Der Beginn des griechischen Unabhängigkeitskrieges 1821 – ausdrücklich von England, Frankreich und Russland gefördert – machte den Sultaan noch abhängiger von Mehmed Ali, ließ Mahmuud aber die Möglichkeit, sich der Janitscharen zu entledigen, die 1826 dem Sultaan und dem Staatsrat mit Absetzung und Ermordung drohten, wenn die verkündeten Militärreformen durchgeführt würden. Der Sultaan ordnete an, die Truppen der Janitscharen auf dem Hauptversammlungsplatz in Istanbul versammeln zu lassen, wo er sie nach entsprechender geheimer Vorbereitung mit Granaten beschießen und fast vollständig hinrichten ließ. Auch die Janitscharenoffiziere, die zur Zeit seines Vaters in Widersetzlichkeit gegen den Staat verwickelt gewesen waren, wurden landesweit hingerichtet. Anschließend wurde die gesamte Truppe der Janitscharen für aufgelöst erklärt. Dieses Ereignis wurde wegen der stetigen Gewalttaten der späten Janitscharen in der Bevölkerung von der osmanischen Geschichtsschreibung als “wohltuendes Ereignis” bezeichnet.

Die neuen Truppen (Nizami cedid) markierten eine Neuordnung der osmanischen Arme nach europäischem Muster, häufig beraten von preußischen Militärberatern (wie etwa der Offizier von Moltke). Parallel zu der militärischen und verwaltungsgebundenen Reform markieren die Bemühungen Mahmuuds II. den Beginn des staatlich-osmanischen Schulwesens nach abendländischem Muster.

1832 musste Mahmuud II. im Vertrag von Konya vor allem auf Druck Englands und Frankreichs hin Griechenland als unabhängiges Königreich anerkennen. Durch die Devisenknappheit und den drohenden Staatsbankrott wurde 1838 ein anglo-osmanisches Handelsabkommen geschlossen.