.
.

.

Ereignisse unter Bayezid I. (791-805/1389-1402)


Nach dem Sieg auf dem Amselfeld waren südlich der Donau nur die Walachei, Bosnien, Albanien, ein Teil Griechenlands und vor allem die große serbische Festung Belgrad außerhalb des osmanischen Einflusses; im Norden blieb Ungarn als noch unabhängiges Königreich übrig. Insbesondere die serbischen Fürsten mussten in der Zukunft größere Vasallentruppen (gepanzerte Reiter) stellen.

Exkurs: Heerestruktur unter Bayezid I.:

Folgende Truppentypen gab es z. Z. von Bayezid I.:

a.) eigene turkmenische Krieger, teils besoldet, aber meist als Panzerreiter oder mittelschwer gerüstete Reiter (sipahi), unter Stammesführern (Beys) geordnet, ca. 15.000, sämtlich Reiter;

b.) Akinci und Deli (geringer gesetzt), unbesoldet, meist Reiter;

c.) Yaya und Müsellem (Haupttruppe), besoldet, zum großen Teil Fußsoldaten;

d.) Eigene Sklaven-Leibgarde (Qapikullari, aus dem eigenen Beutefünftel), beritten und gepanzert, fest besoldet, mittlerweile ca. 1000 Mann;

e.) Janitscharen (Yeni Ceri), aus Gefangenen rekrutiert, bereits ca. 4.000 Mann stark, fest besoldet, weitgehend Fußsoldaten;

f.) Verbündete und Vasallen, speziell die serbischen Panzerreiter unter Stefan Lazareviv, ca. 2000 – 4000 Reiter.

Die eigentliche Herausforderung, die sich Bayezid stellte, war die Zweiteilung seiner Armee durch entgegengesetzte Interessen: während die turkmenischen Beys die Expansion auf dem Balkan befürworteten und nicht gegen die verbliebenen turkmenisch-muslimischen Emirate vorgehen wollten, drängten die europäischen Vasallen in die entgegengesetzte Richtung. Außerdem zeichnete sich gegen Ende der Herrschaft Bayezids ab, dass die ehemalige hervorragende Bewegungsfähigkeit des Heeres durch vermehrte Fußsoldaten eingeschränkt wurde.

Doch Bayezid musste auf weitere Feldzüge in Europa verzichten und bestätigte alle von ihm besiegten Fürsten des Balkan als Vasallen, weil im Ostteil des damaligen osmanischen Reiches – unter Federführung des starken Emirats von Qaraman – eine Revolte gegen die osmanische Herrschaft ausbrach und den Wegbruch aller Gebiete Anatoliens befürchtet werden musste und er alle verfügbaren Truppen dort brauchte.

Er setzte nach Anatolien über und bis einschließlich 793/1391 – innerhalb nur eines Jahres – besetzte er alle Gebiete der kleinasiatischen Fürstentümer, erzwang einen Frieden mit Qaraman und annektierte Qastamonu im Osten (dadurch erwarb sich Bayezid I. seinen Beinamen “Yildirim”, der Blitz). Nur das Emirat des Qadi Burhanuddin von Sivas setzte sich ihm erfolgreich entgegen. Doch bevor Bayezid eine neue Armee aufstellen und ganz Anatolien einschließlich Sivas unter seine Herrschaft bringen konnte, entstand eine neue, bedrohliche Situation.

Im europäischen Teil hatten viele Vasallen ihre Unabhängigkeit verkündet, Byzanz hatte Thessaloniki und große Teile von Makedonien (792-95/1390-1393) zurückerobert, und Ungarn und die Walachei hatten ein neues Bündnis geschlossen. Bayezid rächte sich für diesen Verrat seiner Verbündeten, verwüstete durch Beutezüge die Walachei und Südungarn, nahm ganz Bulgarien ein, tötete Zar Schischman und unterstellte 796/1394 Bulgarien direkter osmanischer Herrschaft. Darauf besiegte er ein byzantinisches Heer bei Thessaloniki, unternahm Feldzüge auf der Morea (Peloponnes) und begann eine Belagerung Konstantinopels.

Durch diese Erfolge alarmiert sammelte der ungarische König Sigismund einen neuen Kreuzzug; aus allen Ecken Europas stießen Ritter und Soldaten zu dem Kreuzheer in der Hoffnung, nicht nur die Osmanen zu besiegen, sondern auch in die islamischen Gebiete Anatoliens eindringen und sie ausplündern zu können. Neben französisch-burgundischen Rittern beteiligten sich auch die Walachei und der Johanniterorden. So belagerte das 12.000 Mann fassende Kreuzfahrerheer zwei Wochen lang vom 10. Sept. 1396 (798) an die befestigte und von osmanischen Truppen gehaltene Stadt Nikopolis, die den Schlüssel zu Bulgarien darstellte, und versuchte durch Sturmangriffe die Stadt einzunehmen; doch hob Bayezid (der Blitz) sofort bei Bekanntwerden der Sache die Belagerung Konstantinopels auf, zog mit ca. 15.000 Mann in Eilmärschen nach Norden und besiegte am 25. Sept. 1396 (798) außerhalb der Stadt Nikopolis das versammelte Kreuzfahrerheer, mit Unterstützung auch der Panzerreiter des serbischen Fürsten und Verbündeten Stefan Lazarevic. Lazarevic hätte nach damaligem Rechtsverständnis als Vasall neutral bleiben können, wählte aber die direkte Unterstützung Bayezids, weil er die Ungarn hasste und sich ihnen entgegenstellen wollte; der Einsatz der Panzerreiter war sicherlich ein wesentlicher Beitrag zum Sieg von Nikopolis.

Das Kreuzfahrerheer wurde fast völlig aufgerieben, unter hohen osmanischen Verlusten; diese Niederlage führte letztlich zum Verlust der Kreuzzugsidee in Europa. Es sollte niemals wieder gegen die Osmanen ein Heer mit Kreuzzugsanspruch aufgestellt werden, weil zu dieser Zeit der Hundertjährige Krieg zwischen Frankreich und England eine Beteiligung dieser Königreiche unterband und König Sigismund durch die Hussitenkriege und Konflikte mit Venedig beschäftigt war.

Dieser Sieg war so gewaltig, dass Bayezid einen unangefochtenen Ruf in der damaligen islamischen Welt als Verteidiger der islamischen Gebiete erhielt; auch der abbasidische Schattenchaliifah in Al-qaahirah entschied sich aufgrund dieses Sieges, übrigens entgegen dem Willen der in Ägypten herrschenden Mamluken, Bayezid 798/1396 offiziell den Titel “Sultaan” zuzuerkennen. Nach dem Sieg von Nikopolis wandte sich Bayezid nach Osten, besiegte mit Qaraman das letzte unabhängige turkmenische Emirat Anatoliens, eroberte Konya und dehnte sein Gebiet bis zum Euphrat aus (bis einschließlich 799/1397). 800/1398 besiegte er den Staat des Qadi Burhanuddin und entriss den Mamluken ihre nördlichsten syrischen Gebiete.

Nun aber kam Bayezid in Konflikt mit dem Herrscher von Samarqand, Timur Lenk. Ausgelöst wurde dieser Konflikt, weil Bayezid sich nach 791/1389 bereitfand, Qara Yusuf, das Oberhaupt der Turkmenen der Qaraqoyunlu aufzunehmen, der vor Timur Lenk geflüchtet war. (Qaraqoyunlu, die “schwarzen Schafe” waren eine turkmenische Emiratsgruppe, die in Nordanatolien beheimatet war). Dadurch wurde das Verhältnis von Timur Lenk zu Bayezid negativ beeinflusst, auch sollen sich die beiden Herrscher mit etlichen Sendschreiben beleidigt haben. 802/1400 besetzte Timur Lenk mit seinen Truppen das anatolische Sivas; als Vergeltung nahm Bayezit den mit Timur verbündeten Herrscher von Erzincan gefangen. Letzte Verhandlungsversuche seitens Gesandter von Bayezid scheiterten. Schließlich drang Timur Lenk mit 25.000 Kriegern nach Anatolien ein und begann zum Schein eine Belagerung von Ankara. Um ihn zu stellen und den Verlust der Ernte durch Timurs Brand-schatzung zu verhindern, stellte sich Bayezid – der mitsamt aller Verbündeten nur 20.000 Mann (darunter ca. 5000 Janitscharen und Qapikullari) aufbringen konnte – auf der Ebene von Ankara, bei dem Ort Cubuk, zur Schlacht. Bereits vor Schlachtbeginn hatte Timur Lenk den tatarischen und anderen turkmenischen Vasallen, die schon seit einiger Zeit weder Beute noch Sold erhalten hatten, Belohnungen versprochen; auch hatte Timur alle Brunnen der Region vergiften lassen, Bayezids Truppen kamen also vom Gewaltmarsch ermüdet und ohne ausreichende Wasservorräte bei Cubuk an. Aufgrund der inneren Entwicklung der Osmanen unter Bayezid hatte sich innerhalb von Gesellschaft und Armee eine deutliche Spaltung ergeben: die turkmenischen Ghazi waren mittlerweile den persönlichen Truppen des Sultaans gegenüber benachteiligt, und diese Entwicklung wurde durch die europäischen Verbündeten Bayezids noch verstärkt (siehe Osmanisches Heer…). Die turkmenischen Clanführer wollten Feldzüge nach Europa hin, die europäischen Vasallentruppen aber nach Osten. Dies führte zum massiven Loyalitätsverlust bei etlichen Clanführern, die darum während der Schlacht von Ankara am 20. Juli 1402 (804) die Seiten wechselten und Bayezid verrieten. Die dem Sultaan verbliebenen Reitertruppen (auch die serbischen Panzerreiter) kämpften zunächst standhaft, flohen aber nach zu hohen Verlusten vor dem Ansturm der erfahreneren Krieger Timurs; die neu gebildeten Palasttruppen (Qapikullari) Bayezids waren noch nicht gut genug ausgebildet und fielen fast sämtlich. Bayezid floh mit seiner Leibgarde, wurde aber schnell gestellt und die meisten Überlebenden seiner Truppe hingerichtet. Bayezid war der einzige Sultaan, der jemals in einer Schlacht gefangen genommen wurde; er verblieb in Samarqand in Gefangenschaft und starb in dieser Lage ein Jahr später (805/1403). Doch Timur Lenk nutzte die nach Ankara erfolgten Kleinfeldzüge durch Anatolien nicht aus, zog sich nach Samarqand zurück und starb dort 807/1405.